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Mein Körper wurde morgens von den Sonnenstrahlen gewärmt, die durchs Fenster fielen. Ich genoss die wärme auf meiner Haut und lächelte, als ich an den heutigen Tag dachte. Es war der 3. Dezember und somit der Jahrestag von Nate und mir. Doch statt Nate neben mir im Bett vorzufinden, war ich allein. Langsam öffneten sich meine Augen, die sich erst an das Licht gewöhnen mussten.
Als ich auf die Uhr blickte, war es bereits 10 Uhr und obwohl ich nicht allzu lange schlafen wollte, um jede Minute des Tages auszukosten, hatte mir der Schlaf gutgetan. Die letzten Tage waren anstrengend gewesen, immerhin hatte der Todestag meiner Familie mich wieder ziemlich aus der Bahn geworfen. Doch ich hatte es gut überstanden und konnte mich jetzt umso mehr auf unseren Jahrestag freuen.
Als ich aufstand, glättete ich die Falten in Nates Shirt, welches an mir aussah wie ein Kleid. Leise tapste ich die Treppen hinunter und hörte dabei Musik aus der Küche erklingen.
Vorsichtig lief ich in die Küche, um keine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Nate stand am Herd und wendete gerade einen Pfannkuchen in der Pfanne, als ich die Chance ergriff. Schnell sprang ich aus meinem Versteck und erschreckte ihn mit einem lauten Schrei, worauf er ein wenig nach hinten stolperte und seine Hand auf seiner muskulösen Brust ruhte.
"Scheiße, Lyra", murmelte er und lachte. "Da hast du mich ganz schön erschreckt."
"So war das auch geplant", erwiderte ich grinsend und schlang meine Arme um ihn. "Alles Gute zum Jahrestag."
"Alles Gute zum Jahrestag, Babe", murmelte er lächelnd und lehnte sich zu mir runter, um mich sanft zu küssen. "Hast du gut geschlafen?"
Ich grinste und fuhr sanft seine Bauchmuskeln mit meinen Fingern nach. "Als du mich dann endlich hast schlafen lassen, ja."
Er grinste ebenfalls und zuckte mit den Achseln. "Ach komm schon, besser als schlafen war das auf alle Fälle. Warte es nur ab, heute Nacht schläfst du möglicherweise garnicht."
"Ach ja?", neckte ich ihn und ließ meine Hände zu seinen Oberarmen wandern. Er grinste und wollte mich erneut küssen, doch ich drückte ihn weg. "Dein Pancake verbrennt."
"Verdammt", fluchte er und eilte sofort zur Pfanne, worauf ich lachte. "Eigentlich solltest du gar nicht aufstehen, ich wollte dich wecken!"
"Tut mir leid", sagte ich und schmollte, doch konnte mir ein Kichern nicht verkneifen.
"Setz dich doch schonmal", sagte er, worauf ich zum perfekt gedeckten Tisch lief.
"Wann bist du denn aufgestanden?"
"Tut nichts zur Sache", erwiderte er, als ich den Tisch bewunderte, auf dem Saft, Früchte und alles, was das Herz begehrte, angerichtet war.
Nate trug den Teller Pancakes zum Tisch und rannte kurz aus dem Esszimmer, um kurz darauf mit einem riesigen Strauß Rosen zurückzukommen.
"Nate", murmelte ich.
"Die sind für dich", sagte er und reichte mir das Bouquet, das ich lächelnd entgegennahm und ihn sanft küsste.
"Danke", flüsterte ich, worauf er seine Hände an meine Wangen legte.
"Alles für dich."
Als wir am Tisch saßen und ich beginnen wollte zu essen, grinste Nate mich an. "Ich weiß, eigentlich wollten wir uns nichts schenken, aber ich hab da noch eine Kleinigkeit für dich."
Er überreichte mir einen Umschlag, worauf ich ihn fragend ansah.
"Na, mach schon auf!", sagte er aufgeregt.
Ich öffnete den Umschlag und zog zwei Karten heraus. "Nein!"
"Gefällt es dir?", fragte Nate.
"Das sind Karten fürs Ballett! Und nicht nur für irgendeins, sondern für Giselle!", erwiderte ich. "Ich dachte, du hasst Ballett?"
"Ja, aber ich liebe die Frau, mit der ich ins Ballett gehe."
"Ich liebe dich auch", antwortete ich gerührt und nahm seine Hand. "Dankeschön."

"Das war das Schönste, das ich je gesehen habe!", schwärmte ich, als wir das Ballett verließen. "Wie hat es dir gefallen?"
"Überraschend gut", gab Nate zu und nahm meine Hand in seine.
"Danke, Nate", murmelte ich. "Gehen wir jetzt nach Hause?"
"Nicht ganz", murmelte er, als wir den Gehweg entlangliefen.
"Hast du noch was geplant?", fragte ich ihn, worauf er stehenblieb und auf das Restaurant neben uns deutete. "Hast du Hunger?"
"Das musst du mich nie fragen", erwiderte ich, worauf er lachte.

"Ist es möglich, von Essen schwanger zu werden?", fragte ich, sobald ich fertig war.
Nate sah mich liebevoll an und nahm meine Hände über den Tisch in seine.
"Lyra, es gibt da einiges, dass ich dir sagen will", sagte er lächelnd.
"Okay", erwiderte ich.
"Seit ich dich kennengelernt habe, weiß ich, was es bedeutet ver-"
Bevor er seinen Satz beenden konnte, fing mein Handy an zu klingeln.
Ich ließ seine Hände los und griff in meine Tasche, um es hervorzuholen. Ich sah Shawns Namen auf dem Display und legte sofort auf.
"Tut mir leid", entschuldigte ich mich und legte das Handy neben mich auf den Tisch, bevor ich seine Hand wieder nahm.
"Seit ich dich kenne, weiß ich, was es bedeutet, verliebt zu sein, Lyra. Und was es bedeutet, geliebt zu werden. Ich weiß-"
Erneut klingelte meine Handy und ich kniff die Augen zusammen, bevor ich Shawn wieder wegdrückte.
Nate räusperte sich. "Also, ich weiß garnicht, wo ich anfangen soll. Du bedeutest alles für mich. Ich habe noch nie jemanden so geliebt wie ich dich liebe, Lyra. Und wenn-"
Wieder ertönte das Klingeln meines Handys, das ich sofort verstummen ließ. "Sorry."
"Ich wollte sagen, dass du mir sehr viel bedeutest, Lyra. Niemand bedeutet mir so viel. Du verstehst mich einfach und du bist für mich-"
Wieder ertönte mein Klingelton, worauf Nate genervt meine Hand losließ. "Willst du da vielleicht rangehen?"
"Nein!", erwiderte ich und drückte Shawn weg. Was wollte er denn? "Sag bitte, was du sagen wolltest."
"Vielleicht sollten wir besser gehen", sagte Nate.

Die Autofahrt nach Hause war still und am liebsten hätte ich mich selbst geohrfeigt. Nate wollte mir einen schönen Abend bereiten und ich hatte alles zunichtegemacht.
Normalerweise hielt er im Auto meine Hand, doch jetzt starrte er nur wütend auf die Straße.
Kaum hatte er das Auto abgestellt, stieg er aus.
"Nate!", sagte ich, als ich die Autotür hinter mir schloss. "Es tut mir leid!"
Er antwortete nicht und lief stattdessen zur Haustür, während ich versuchte ihn einzuholen. Er schloss die Tür auf und stürmte wütend ins Haus, während ich die Türe schloss.
"Bleib stehen!", rief ich, worauf er sich umdrehte.
"Wieso? Willst du nochmal sagen, dass es dir leidtut? Das habe ich inzwischen verstanden, Lyra."
"Sei doch nicht wütend, Nate."
"Ich wollte, dass der Abend perfekt wird, aber offensichtlich war dein Handy ja wichtiger."
"Stell dich nicht so an!", erwiderte ich genervt. "Was wolltest du im Restaurant sagen?"
"Vergiss es einfach", zischte er. "Ich gehe nach oben. Du hast sicher wichtige Telefonate zu erledigen."
Und mit diesen Worten war er verschwunden. Und erneut wurde Shawn zum Streitpunkt in unserer Beziehung.

Tides [german] Where stories live. Discover now