Teil 2 - Kapitel 34 - Zweisamkeit

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Jedes Werden in der Natur, im Menschen, in der Liebe muss abwarten, geduldig sein, bis seine Zeit zum Blühen kommt.
- Dietrich Bonhoeffer

Harriet

Ein paar Wochen später ...

JJ nippt an ihrem Kaffee. "Ich bin froh, dass wir uns mal wieder außerhalb der Arbeit sehen."
Ich nicke und schenke ihr ein warmes Lächeln. Ich hatte Hotch darum gebeten mir ein bisschen frei zu geben. Ich kann nicht fassen, wie viel in den letzten Monaten passiert ist. Leider kann ich mich nur an wenig davon erinnern, doch JJ und ich haben versucht aufzuarbeiten, was vor meinem Gedächtnisverlust passiert ist, um ein wenig Ordnung in meinen Kopf zu bekommen. Sie ist mir eine wirklich gute Freundin und ich bin froh, dass sie für mich da ist. Seit einer Weile sind keine weiteren Erinnerungen zurückgekommen, doch das ist schon in Ordnung. Ich versuche mich nicht mehr darauf zu versteifen, sie zurückzugewinnen. Ich glaube, ich habe es mit der Arbeit zu schnell angehen lassen und habe mich von dem Fall vor ein paar Wochen zurückgezogen. Außerdem war ich so beschäftigt damit, der alten Harriet gerecht zu werden, dass ich nicht gemerkt habe, wie sehr mich mein Leben überfordert hat. Ich brauchte ein bisschen Zeit, um das Geschehene verarbeiten zu können und möchte nicht mehr versuchen zu einer Person zu werden, die ich einfach nicht mehr bin. Die Amnesie hat viel geändert, hat mich geändert. Ich muss mich selbst erstmal wieder kennenlernen.

JJ bleibt noch ein wenig und macht sich dann auf den Weg nach Hause, wo sie von ihrem Mann und ihrem Sohn erwartet wird. Ich begebe mich ins Schlafzimmer und werfe einen Blick in den Spiegel. Die Spuren, die die letzten Monate auf meinem Körper hinterlassen haben, sind verblasst. Vielleicht ist es auch gut so, dass ich mich an viel von dem, was mir widerfahren ist, nicht erinnern kann.
Mein Kleiderschrank gibt nicht viel her. Nach längerem Überlegen entscheide ich mich für einen kurzen Rock und eine weiße Bluse, denn ich möchte hübsch aussehen. Auch ich werde erwartet.

Spencer

Wir haben uns schon seit einer Weile nicht gesehen. Harriet hat mich darum gebeten, ihr ein wenig Zeit zu geben. Allerdings hat sie mir versichert, dass ich mir keine Sorgen machen muss. Natürlich habe ich mir trotzdem Sorgen gemacht. Vor ein paar Stunden hat sie mich gefragt, ob wir uns treffen können und ich habe selbstverständlich zugesagt. Ich bin ein wenig aufgeregt und hoffe, dass wirklich alles in Ordnung ist. Einen weiteren Rückschlag kann ich nicht verkraften, wo wir uns doch gerade erst wieder näher gekommen sind. Warum wollte sie plötzlich Abstand zu mir? Ich hoffe gleich ein paar Antworten auf die vielen Fragen zu bekommen, die mir im Kopf herumschwirren.

Ich öffne die Tür und da steht sie, meine wunderschöne Harriet. Tausend Gedanken schießen mir durch den Kopf, doch dann schließt sie mich in ihre Arme und Ruhe kehrt ein.
"Ich habe dich vermisst", sage ich und vergrabe das Gesicht in ihren Haaren.
"Ich habe dich auch vermisst."
Ein Stein fällt mir vom Herzen. Sie löst sich sanft aus der Umarmung und zieht ihren Mantel aus. Mir entgeht der kurze Rock nicht und mein Blick verharrt einen Moment auf ihren Beinen. Ganz untypisch für Harriet. Ich kann mich nicht daran erinnern, sie jemals in einem Minirock gesehen zu haben, aber es gefällt mir. Ich reiße meinen Blick von ihr los und nehme ihr den Mantel ab.
"Wie geht es dir?", fragt sie, als wir es uns im Wohnzimmer auf der Couch bequem machen.
"Ich bin einfach froh dich zu sehen", antworte ich.
Sie lächelt. "Es tut mir leid, dass ich mich nicht eher bei dir gemeldet habe. Ich habe ein bisschen Zeit gebraucht, um mir über ein paar Dinge klar zu werden."
Ich schlucke. Was bedeutet das nun für uns? Harriet hält inne und ihr Blick verharrt einen Moment auf mir.
"Du weißt, was ich für dich empfinde", sage ich schließlich.
Sie nickt. "Ich habe auch Gefühle für dich, doch du musst wissen, dass ich nicht mehr die Harriet bin, die du geheiratet hast. Vielleicht kommt der Rest meiner Erinnerungen nicht mehr wieder."
Ich nehme ihre Hand in meine. "Okay."
"Okay?", Sie runzelt die Stirn.
"Harriet, ich weiß nur, dass ich dich bei mir haben möchte. Den Rest finden wir gemeinsam heraus."
Sie schweigt. So habe ich mir unser Wiedersehen nicht vorgestellt.

Harriet

Ich finde nicht die richtigen Worte. Ich befürchte, dass er mich nicht ernst nimmt. Sollten wir uns aufeinander einlassen, wird das wirklich nicht einfach. Er hat eine ganz andere Bindung zu mir, weil er vielmehr Erinnerungen mit mir teilt. Schließlich kann ich mich an den Großteil unserer gemeinsamen Zeit nicht erinnern.
"Harriet?", fragt er schließlich. "Möchtest du bei mir sein?"
Mir wird ganz warm. "Ja."
"Ich glaube, wir zerbrechen uns gerade zu viel den Kopf darüber, was schiefgehen könnte."
Er hat recht. Wie sollen wir herausfinden, ob es mit uns funktionieren kann, wenn wir es nicht einfach versuchen?
"Kommst du zu mir?", fragt er und breitet die Arme aus.

Spencer

Einen Moment denke ich, dass ich es anders hätte angehen sollen, doch dann rückt sie näher zu mir und legt den Kopf auf meine Brust. Ich lächele und fahre mit den Fingerspitzen über ihren Oberschenkel.

Criminal Minds - Spencer und HarrietWo Geschichten leben. Entdecke jetzt