Kapitel 25 - Familienangelegenheit

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Wir sterben alle. Das Ziel ist nicht, ewig zu leben, das Ziel ist es, etwas zu schaffen, was ewig lebt.
- Chuck Palahniuk

Spencer

Morgan und ich sitzen im Auto. Überraschenderweise hat Hotch uns erlaubt, zu Harriet zu fahren, damit wir ihr helfen können. Es war nicht schwer, ihr Adresse herauszufinden. Als Penelope erkannt hat, dass wir mit und auch ohne ihre Hilfe losfahren, hat sie sich dazu entschlossen, uns doch zu helfen.

Harriet

Wir haben dem Officer gesagt, dass wir den Fall übernehmen und nichts am Tatort verändert werden soll, bis wir ihn uns näher angeschaut haben. Doch bevor wir den Tatort untersuchen, fahren wir zu Mareen. Ich klopfe an ihre Haustür und werfe Mitch einen nervösen Blick zu. Er ist ein guter Freund von mir, aber zwischen uns könnte nie etwas laufen. Vor ein paar Jahren hatten wir mal ein Date, aber es hat einfach nicht gefunkt. Ich sehe Mitch an und ich freue mich ihn zu sehen, und dass er mir hierbei hilft. Wirklich. Doch ich sehe ihn an und denke, es wäre schön, wenn Spencer jetzt hier wäre.
Mareen öffnet uns die Tür und schließt mich wortlos in ihre Arme.
"Mareen, du musst mir sagen, was passiert ist."
Sie tritt einen Schritt zurück und blickt mich abschätzend an.
"Mareen!"
"Es tut mir leid", sagt sie, plötzlich ganz ernst. "Ich kann es dir einfach nicht sagen. Du musst zum Tatort."
Ich blicke sie mit einer Mischung aus Wut und Besorgnis an. Warum sagt sie es mir nicht einfach?
"Dürfen wir hereinkommen?"
Sie nickt. "Natürlich. Kommt."

"Sagst du mir endlich, was los ist?", frage ich.
Meine Geduld hat sich von mir verabschiedet und meine Stimme wird lauter. "Wo ist Casey?"
Sie schweigt.
Jetzt brülle ich. "Wo ist sie?"
Plötzlich steht Mareen auf, packt mich und Mitch grob am Arm und zerrt uns hinaus. Dann schlägt sie uns die Tür vor der Nase zu. Als meine Eltern gestorben sind, hat sie mich aufgezogen. Mareen ist eine Mutter für mich, Casey eine Schwester. Wie kann sie nur so abweisend zu mir sein? Mitch umarmt mich und streicht mir beruhigend über den Rücken.
"Harriet?"

Spencer

Ich sehe, wie Mitch und Harriet sich in den Armen liegen.
"Harriet?"
Verwundert dreht sie sich zu mir um.
"Spencer? Morgan?", fragt sie, während sie auf mich zukommt und sich mir in die Arme wirft. Es ist schön, dass sie sofort von Mitch ablässt, um mich zu umarmen. Es erfüllt mich mit einem Gefühl von Genugtuung. Ich bin froh, dass wir sie gefunden haben. Das Gefühl, mich jemandem so hingezogen zu fühlen, ist so schön, dass es mir Angst macht. Sie löst sich von mir und umarmt auch Morgan, wobei mir auffällt, dass diese Umarmung deutlich kürzer ausfällt.
"Wieso hast du uns denn nichts gesagt?"
"Ich wollte dich da nicht mit hineinziehen", antwortet sie kleinlaut.
Ich nicke. Was das angeht, kann ich sie auch später fragen.
"Mitch, das sind Dr. Spencer Reid und Derek Morgan. Wir arbeiten zusammen", stellt sie uns vor. "Leute, das ist Mitch Mcconery. Er ist Special Agent von meiner alten Einheit."
Wir nicken uns zu.
"Wart ihr schon beim Tatort?", fragt Morgan.
"Nein", antwortet Mitch mit überraschend tiefer Stimme. "Sollen wir dann los?"

Die Leiche wurde mit einer grünen Plastikplane abgedeckt, ansonsten scheint alles unverändert zu sein. Mit zögernden, steifen Schritten geht Harriet zur Leiche, als würde sie sich davor fürchten, was sich unter der Plane verbirgt.

Harriet

Mit zittrigen Fingern ziehe ich die Plastikplane herunter. Irgendwie weiß ich es schon, bevor ich sie sehe. Die Welt um mich herum existiert nicht mehr. Da sind nur noch ich und das blondhaarige, wunderschöne Mädchen mit den vielen Sommersprossen im Gesicht. Zuerst kann und will ich einfach nicht begreifen, was ich da sehe. Alles scheint so surreal, so unwirklich, dass ich es kaum glauben kann. Mein Blick wandert an ihr herunter und ich betrachte den leblosen Körper. Obwohl mir klar ist, dass sie tot ist, nehme ich zwei Finger und halte sie ihr an den Hals. Kein Puls.

Spencer

Als Harriet ihr Gesicht erblickt, sieht sie total entsetzt aus. Sie beginnt zu schreien. Hohe, schrille Schreie, die sich in mein Trommelfeld bohren. Sie weicht ein paar Schritte zurück und gibt erstickende, seltsam klingende Laute von sich. Dann rennt sie ein paar Meter und übergibt sich in einem Busch in der Nähe. Mitch geht zur Leiche und wirft selbst einen kurzen Blick auf sie. Plötzlich stehen ihm Tränen in den Augen und er sieht ziemlich niedergeschlagen aus.
Ich werfe ihm einen fragenden Blick zu.
"Das Opfer ist Casey."
Wer? Harriet hat sie noch nie erwähnt, daran würde ich mich erinnern.
"Harriets Tante, Mareen, hat sie aufgezogen, als ihre Eltern gestorben sind. Casey ist Harriets Cousine. Sie war wie eine Schwester für sie. Die beiden haben sich sechs Jahre lang ein Zimmer geteilt", erklärt er mit belegter Stimme.
Harriet hat sie nach der Entführung besucht, aber sie hat mir gegenüber nie den Namen ihrer Cousine erwähnt. Harriet hat aufgehört sich zu übergeben, hockt nun auf der Wiese und wiegt sich vor und zurück.
Ich gehe zu ihr.

Criminal Minds - Spencer und HarrietWo Geschichten leben. Entdecke jetzt