Kapitel 28 - Sag es einfach

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Die ganze Menschheit ist eine einzige Familie, da kann ich nicht so tun, als würden mich die gewalttätigen Mitglieder nichts angehen.
- Mahatma Gandhi

Harriet

Vermutlich habe ich überreagiert, doch sie hat mich so wütend gemacht. Wer täuscht denn seiner Adoptivtochter vor, dass ihre Schwester brutal ermordet worden ist? Es spielt keine Rolle, dass sie Probleme hat. Das ist noch lange kein Grund, den Tod von Casey vorzutäuschen. Aber, was noch viel wichtiger ist, wer war dann das Mädchen, das ermordet wurde? Hat Mareen etwas damit zu tun? Rossi und Blake wollen sich darum kümmern und mit den Eltern des Opfers sprechen. Vielleicht finden wir ja eine Verbindung zu Mareen, oder diesen Leuten, denen sie Geld schuldet.

Spencer und ich sitzen draußen vor einem kleinen Café. Jetzt bereue ich, dass ich mir nicht etwas zum Essen bestellt habe. Ich habe zwar keinen Hunger, doch dann wäre ich beschäftigt und könnte Spencer das Reden überlassen. Ich wünschte, da wäre nicht diese Anspannung zwischen uns. Jetzt ist es mir unangenehm, dass ich ihm gesagt habe, was ich für ihn empfinde. Ich würde gern so tun, als ob ich es nie gesagt hätte, doch das kann ich nicht. Und Spencer kann es auch nicht.
"Wusstest du, dass es über fünfzig verschiedene Kaffeesorten gibt? Und davon machen nur zwei Sorten fast 100% des Weltmarktes aus."
Ich lächele. "Interessant." 
Er nimmt einen Schluck von seinem Kaffee, dann sieht er plötzlich zu mir auf.
"Harriet, kannst du ...?"
Ich werde nie erfahren, was er mir sagen wollte. Seine Frage wird von dem lauten Knall einer Schusswaffe unterbrochen.
"Duck dich!"
Die Leute um uns herum fangen an zu kreischen. In dem plötzlich entstehenden Chaos ist es unmöglich auszumachen, wer geschossen hat.
"Hast du deine Waffe dabei?", frage ich.
"Ja", antwortet Spencer knapp und zieht sie hervor. "Hast du eine?"
"Nein."
"Okay. Bleib dicht hinter mir", sagt er und schleicht um den Tisch herum.
Langsam ahne ich, dass es bloß ein Warnschuss gewesen sein muss. Der Großteil der Menschen, die sich in der Nähe des Cafés aufgehalten haben, sind geflohen und es scheint niemand zu Boden gegangen zu sein. Ich erhasche einen kurzen Blick auf eine Frau mit roten Haaren. Sie hält die Waffe weit von sich geschreckt. Ein paar Menschen versperren mir die Sicht, dann ist sie verschwunden.

Ich musste vorhin das Aussehen der Frau beschreiben, damit eine Skizze von ihr erstellt werden konnte. Warum gibt man einen Warnschuss ab und verschwindet einfach wieder? Garcia versucht herauszufinden, um wen es sich bei der Frau handelt. Ich biege gerade um eine Ecke, um zurück zum Haus zu gehen, da laufe ich direkt in Spencers Arme.
"Hallo", sage ich belustigt, doch zu meiner Überraschung gibt Spencer mich nicht frei, sondern schließt seine Arme fester um mich.
"Ich hatte beim Café solche Angst um dich."
Ich lege meinen Kopf an seine Brust, atme seinen vertrauen Duft ein.
"Aber, ich will das Gefühl nicht haben. Wenn wir Einsätze haben, muss ich objektiv bleiben und ..."
"Sag mir, dass du mich nicht liebst", unterbreche ich ihn.
"Was?"
"Sag mir, dass du mich nicht liebst, dann sind wir einfach nur Freunde und du musst dir nicht solche Sorgen machen. Ich komme damit klar."
Noch im selben Moment, in dem die Worte meine Lippen verlassen, weiß ich, dass sie gelogen sind. Ich wollte dieses Thema nicht nochmal ansprechen, sondern darauf warten, dass Spencer damit auf mich zukommt, aber ich halte diese Anspannung zwischen uns nicht aus. Ich muss es einfach wissen.
Spencer schiebt mich ein kleines Stück von sich, damit er mir in die Augen sehen kann. "Das kann ich nicht sagen."

Criminal Minds - Spencer und HarrietWo Geschichten leben. Entdecke jetzt