Criminal Minds - Spencer und Harriet

Kapitel 1 - Der erste Fall

Das Böse ist unspektakulär und stets menschlich, es teilt unser Bett und sitzt mit uns am Tisch.
- Wystan Hugh Auden

Harriet

Ich schaue mich suchend um, bis ich eine dunkelbraune Tür entdecke, auf der in goldenen Buchstaben Aaron Hotchner steht. Sie steht einen Spaltbreit offen und ich erblicke den Teamchef, der gerade an seinem Schreibtisch sitzt und Akten sortiert.
Ein letztes Mal tief durchatmen.
"Harriet Stone", sagt er, als ich zögerlich die Tür öffne und sein Büro betrete. "Setzen Sie sich."
Ich nehme auf einem Stuhl vor dem Schreibtisch Platz und mein Blick fällt auf ein Bild, das Hotchner und einen blondhaarigen Jungen zeigt.
"Ich werde Sie auf den neusten Stand bringen. Unsere technische Analystin, Penelope Garcia, hat den Fall bereits vorgestellt."
Hotchs durchdringender Blick ruht einen Moment auf mir. Weiß er, wie man lächelt?
"Das erste Mordopfer heißt Lida Harrison. Ihre Leiche wurde fünf Tage nach ihrem Verschwinden gefunden. Bei dem zweiten Opfer, Carol Brown, waren es zwei Tage. Beide wurden vor ihrem Tod gefoltert."
Ich bin hier, um die BAU bei dem Fall zu unterstützen. Ich habe schon viel von ihnen gehört und einige Artikel über Fälle gelesen, die sie gelöst haben. Vor ein paar Jahren ist es ihnen sogar gelungen, Adam Rain zu fassen, der seine Opfer in menschliche Marionetten verwandelt hat.
"Gehen Sie davon aus, dass der Täter männlich ist?", frage ich und kaue nachdenklich auf meiner Unterlippe herum.
"Aufgrund der stumpfen Gewalteinwirkung und der vielen Einstichstellen, gehen wir erstmal davon aus. Der Täter muss viel Kraft haben, um seine Opfer so übel zuzurichten."

Ich schließe zu Hotch auf, der am anderen Ende des Ganges auf mich wartet, und werfe einen Blick auf die Menschen, die in den nächsten Tagen meine Arbeitskollegen sein werden. Ich versuche selbstbewusst aufzutreten, doch mir dreht sich der Magen um, wenn ich auch nur an den bevorstehenden Tag denke. Ein paar Gesichter kommen mir bekannt vor, doch an einen Agent erinnere ich mich ganz bewusst. David Rossi. Ich habe seine Bücher gelesen und vor ein paar Jahren habe ich an einigen Vorlesungen teilgenommen, die er gegeben hat. Ich straffe die Schultern und hebe das Kinn an. Wem mache ich etwas vor? Vor mir stehen erfahrene Profiler. Sie wissen wahrscheinlich schon mehr über mich, als mir lieb ist.
"Das ist Penelope Garcia", macht Hotchner uns bekannt.
Garcia ringt sich ein Lächeln ab und nickt mir zu. Sie trägt knallroten Lippenstift, ein mit roten Blumen übersätes Kleid und dazu passende Stöckelschuhe. Als Hotch von der technischen Analystin gesprochen hat, habe ich mir eher eine Frau vorgestellt, die weiße Blusen und schwarze Blazer trägt. Ihrem Blick nach zu urteilen, ist sie von meiner Anwesenheit nicht gerade begeistert.
"Das ist Dr. Spencer Reid, unser Genie."
"Freut mich, Sie kennenzulernen", sage ich und strecke meinen Arm aus, um seine Hand zu schütteln, doch er weicht einen Schritt zurück.
"Tut mir leid, das mag ich nicht."
Hier sind wohl alle ein bisschen eigen.