Teil 2 - Kapitel 42 - Angebot

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Nichts ist so stark wie die Sanftheit, und nichts ist so sanft wie echte Stärke.
- Ralph W. Sockman

Spencer

Ich sitze in einem der Büros im Polizeirevier und reibe mir müde die Augen. Alex ist noch einmal losgefahren, um für alle Kaffee zu kaufen. Ein paar müssten schon im Besprechungsraum sein und darauf warten, dass das restliche Team eintrifft. Gleich werden wir alle, was die Ermittlungen betrifft, auf den neusten Stand bringen. Die Tür wird geöffnet und Harriet kommt herein. Sie trägt eine schwarze Hose und ein weißes Hemd und ihre Haare sind zu einem Knoten zusammengebunden.
"Wo ist Rossi?", frage ich.
Sie sind zusammen bei der Gerichtsmedizin gewesen, während Alex und ich uns bei Allison umgesehen haben, also müssen sie zusammen hergefahren sein.
"Er ist schon mal in den Besprechungsraum gegangen."
Harriet macht ein paar Schritte auf mich zu, mustert mein Gesicht und versucht ein Lächeln zu unterdrücken.
"Was ist?", frage ich.
"Deine Pupillen sind weit, deine Haltung verändert. Und du hast eben unbewusst nach meiner Hand gegriffen."
Ich senke verlegen den Blick und muss lächeln. Mir ist gar nicht aufgefallen, dass ich ihre Finger mit meinen verschränkt habe.
"Erwischt", sage ich.
Sie legt mir eine Hand an die Wange, zieht meinen Kopf zu sich und legt ihre weichen Lippen auf meine. Eine wohlige Wärme breitet sich in meinem Körper aus. Ich umschlinge mit einem Arm ihre Taille und ...
"Ich unterbreche euch ja nur ungern, aber Hotch will mit der Besprechung anfangen."
Wir lösen uns voneinander und ich werde rot. Rossi steht im Türrahmen. Er grinst und zieht eine Augenbraue hoch. Ich wünschte, Harriet und ich hätten ein bisschen mehr Zeit füreinander, wo es doch gerade so gut zwischen uns läuft. Mir ist die Arbeit sehr wichtig, doch sie soll unsere Beziehung nicht belasten. Wir folgen David in den Besprechungsraum, wo wir von den anderen bereits erwartet werden. Auch Alex ist inzwischen wieder da und hat ein paar Becher Kaffee auf den Tisch gestellt, damit sich jeder einen nehmen kann.
"Garcia, was hast du für uns?", fragt Hotch.
"Ich habe mir Allsions Computer angesehen und sie hat sich täglich auf Foren herumgetrieben, die - haltet euch fest - Vampire thematisieren."
"Vielleicht hat der Täter sie dort kennengelernt. Wenn sie sich als Vampir ausgegeben hat, könnte er es ernst genommen haben", sage ich.
"Da ist eine Seite, die sie besonders häufig besucht hat. Sie hat mit sehr vielen Usern geschrieben. Es könnte jeder von denen sein."
"Kannst du herausfinden, zu wem die Accounts gehören?"
"Ich gebe mein bestes. Oh, ich habe gerade eine Meldung bekommen."
"Was ist los?", fragt Hotch.
"Es gibt eine neue Leiche."

Ich habe gehofft, ein paar Stunden Schlaf zu bekommen, doch Harriet und ich müssen zum Tatort fahren. Irgendetwas verrät mir, dass sie etwas beschäftigt, was nicht mit dem Fall zutun hat.
"Harriet, warte mal", sage ich, bevor sie aus dem Auto steigt. "Irgendetwas bedrückt dich. Ich kann es sehen."
Sie lächelt schwach. "Wir müssen reden."
Mein Herz setzt einen Schlag aus. Habe ich etwas falsch gemacht?
"Seit ein paar Tagen tauchen immer wieder Bruchstücke von Erinnerungen auf."
"Woran erinnerst du dich?", frage ich.
Plötzlich füllen sich ihre Augen mit Tränen. "Meine Entführung. Ich muss immer wieder daran denken."
"Es ist wichtig, dass du mit jemandem darüber sprichst."
Sie starrt auf ihre Hände, die sie im Schoß zusammengefaltet hat. "Da ist noch etwas. Ich wollte dir erst nach dem Fall davon erzählen. Ich habe eine Art Jobangebot erhalten. Es wird streng vertraulich behandelt und ich würde für ein paar Wochen oder Monate weg sein."
"Hast du zugesagt?"
Sie schüttelt den Kopf. "Ich habe mich noch nicht entschieden."

Natürlich wäre es mir lieber, wenn Harriet das Jobangebot nicht annehmen würde, doch ich werde ihr nicht sagen, dass sie bleiben soll. Ich hasse Veränderungen, aber ich möchte dem Erfolg ihrer Karriere nicht im Weg stehen. Ich frage mich, um was es sich bei dem Angebot handelt. Ich bin mir sicher, sie hätte mir nicht mal davon erzählen dürfen. Vermutlich ist es eine größere Operation, sonst würde man sie nicht für so lange Zeit abkommandieren. Und sie muss von dem Außenministerium angefragt worden sein, wenn es so vertraulich behandelt werden soll. Bestimmt weiß nicht einmal Hotch etwas darüber. Wenn ich mit meinen Vermutungen richtig liege, hat Harriet ohnehin keine Wahl. Das Außenministerium würde sie nicht einweihen und ihr von einer geheimen Mission erzählen, wenn sie sich nicht absolut sicher wären, dass Harriet mit ihnen zusammenarbeitet. Entweder hat Harriet bereits zugesagt, was ich nicht glaube, da sie mich sonst angelogen hätte, oder sie haben ein Druckmittel.

Criminal Minds - Spencer und HarrietWo Geschichten leben. Entdecke jetzt