Kapitel 12 - Ein Gespräch

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Nichts verankert Geschehnisse so fest im Gedächtnis, wie der Wunsch, sie zu vergessen.
- Michel de Montaigne

Spencer

Gestern hat der Abend leider kein schönes Ende genommen. Ich hatte nicht die Absicht, die Nacht bei Harriet zu verbringen, doch ich wäre gern noch ein wenig länger bei ihr geblieben. Als wir uns geküsst haben, ist ihr Oberteil ein wenig nach oben gerutscht und ich habe die Narben auf ihrer Haut gesehen. Sie zog es energisch wieder herunter und ich fühlte mich schlecht, weil es ihr so unangenehm war. Der Ausdruck von Scham zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab und in diesem kurzen Moment - als ihre Fassade Risse bekam - konnte ich sehen, wie schlecht es ihr in Wirklichkeit geht. Sie wollte sich nicht von mir trösten lassen und bat mich zu gehen. Also ging ich. Heute hat Hotch sie ins FBI-Gebäude bestellt, weil sie schildern soll, was bei Samuel passiert ist, damit wir es ihm anhängen können.
"Das kann jemand von uns machen, wenn du möchtest", sagt Hotch.
Harriet senkt den Blick und wischt ihre Hände an der Hose ab. Es tut mir leid, sie so zu sehen. Ich wünschte, ich könnte ihr den Schmerz nehmen.
Sie nickt langsam und verzieht das Gesicht. "JJ und Spencer."

Harriet

Es ist das erste Mal, dass ich in einem Verhöhrraum bin und nicht die Fragen stelle, sondern sie gestellt bekomme. Ich habe Spencer und JJ gewählt, weil sie auch schon entführt und gefoltert worden sind. Sie können nachempfinden, welchen Schmerz ich durchleben musste. Körperlich und seelisch.
"Schließe die Augen", sagt JJ.
Ich gehorche.
"Woran erinnerst du dich?"
"Ich habe Kopfschmerzen und etwas ist auf meinem Gesicht. Ein Sack, damit ich nichts sehen kann."
"Du spürst den Stoff auf deiner Haut, es ist dunkel. Was hörst du?", fragt Spencer.
"Ich höre Schritte. Es ist Samuel und er reißt mir den Sack vom Kopf."
"Und was macht er jetzt?"
"Er beugt sich zu mir und schaut mich lange Zeit an, als würde er überlegen was er mit mir anstellt", erzähle ich und sehe ihn genau vor mir. "Er zerreißt mein T-Shirt und fängt an mich zu schneiden."

"Dann zieht er sich aus und ..."
Plötzlich ist mir richtig schlecht. Ich haste zum Mülleimer und übergebe mich. Ich weine und schluchze, gebe hässlich klingende Laute von mir. Morgan kommt herein und hilft mir auf. "Wir machen eine Pause!", sagt er bestimmend und führt mich aus dem Raum.
Er schließt mich in seine kräftigen Arme und ich weine vor mich hin. Eigentlich bin ich nicht nah am Wasser gebaut, doch ich kann einfach nicht mehr. Ich fühle mich schwach und unwohl in meiner Haut.

Criminal Minds - Spencer und HarrietWo Geschichten leben. Entdecke jetzt