22 - Von alten Bekannten und Erzählungen

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Eine kräftige Hand packt mich und zerrt mich aus dem Schrank. Ich halte den Kopf gesenkt und lasse meine verfilzten Haare in mein Gesicht fallen, damit er mich bloß nicht zu schnell erkennt. Wie konnte mir das nur passieren? Von allen verlassenen Häusern auf dieser Welt musste ich unbedingt dieses auswählen. Ist das Zufall oder Schicksal?

Ich sehe sein Gesicht nicht, aber er ist ein wenig größer und kräftiger geworden. Hat zerschlissene Klamotten an, nicht mehr so gepflegte wie früher. Und er ist gröber geworden, das bekomme ich gerade zu spüren, als er mich von sich stößt und eine Hand an die Hosentasche legt, wo wahrscheinlich sein Zauberstab ist.

„Zauberer oder Muggle?", fragt er mit schneidender Stimme und ich beschließe, auf Risiko zu spielen.

„W- Was? Was ist das?", frage ich mit ein wenig verstellter Stimme und ducke mich so, dass er nur noch meine Haare sehen kann. Er atmet durch und ich sehe, wie er sich entspannt.

„Warum bist du hier?", fragt er nun etwas sanfter.

„Ich hab mich mit meinen Eltern gestritten und bin abgehauen. Dann hab ich mich verlaufen und jetzt hab ich hier übernachtet", improvisiere ich und hoffe, dass ich mit meinen 21 Jahren noch als trotziger Teenager durch gehen kann. Er seufzt.

„Und wie heißt du?"

„Lucy. Lucy Walcott."

„Ich bin Daniel. Willst du was essen? Ich weiß nicht, ob noch was hier ist, aber wenn wir Glück haben, finde ich noch irgendwo Konserven oder so." Ich muss lächeln. Er ist immer noch genauso gütig und freundlich wie früher.

„Und was machst du hier?", traue ich mich zu fragen, obwohl ich die Antwort schon längst erahne.

„Das hier ist mein Elternhaus."

*

Wir gehen hinunter in die Küche und während er in den Schränken sucht, tue ich so, als würde ich im Keller nach Eingemachten suchen, damit er mich nicht zu viel sieht. Als er ruft, er habe ein paar Dosen gefunden, gehe ich langsam die Treppe nach oben, den Kopf immer noch gesenkt. Als ich im Wohnzimmer ankomme, erstarre ich. Da liegt mein Zauberstab. Mitten auf dem Boden, sehr gut zu sehen. Gerade will ich ihn unter das Sofa kicken, da kommt Daniel rein mit zwei Dosen in der Hand.

„Es ist nicht genug, aber mehr habe ich nicht-" Er unterbricht sich, als er mich völlig erstarrt dastehen sieht und folgt meinem Blick auf den Boden. Für zwei Sekunden sehen wir beide den Zauberstab an, der da vor uns liegt, dann reagiert er als erstes, lässt die Dosen fallen und zieht seinen Zauberstab.

„Hände nach oben!" Zitternd hebe ich die Hände, während er langsam, mit auf mich gerichteten Zauberstab um mich herum geht und schließlich meinen Zauberstab aufhebt.

„Heb den Kopf", knurrt er. Als ich nicht reagiere, brüllt er schon fast.
„Heb deinen Kopf, verdammt noch mal!" Langsam richte ich meinen Blick höher, bis meine dünnen, verknoteten Haare aus meinem Gesicht fallen und es zum Vorschein geben. Der Schock ist ihm deutlich anzusehen. Seine Augen sind geweitet, sein Mund offen und für einen Moment schnappt er nach Luft.

„Joline? Du... Was..."

„Daniel, bitte hör mir zu, ich kann das alles erklären."

„Du bist Todesserin."

„Nein, bin ich nicht."

„Doch, bist du." Er weicht vor mir zurück, bis ihm einfällt, dass er derjenige mit der Waffe ist und ich ihm völlig ausgeliefert bin.

„Du verdammte Verräterin! Was ist passiert, dass du zu sowas geworden bist? Du bist kein Mensch mehr, du bist ein wahnsinniges, krankes Etwas." Die Tränen beginnen mir übers Gesichts zu laufen, als ich versuche, einen Schritt auf ihn zu zu gehen. Er hält mir seinen Zauberstab an den Hals und drängt mich zurück bis an die Wand.

Dreimal Klischee zum Mitnehmen, bitteWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu