7 - Von Arschlöchern und Vollidioten

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Hand in Hand schlendern Daniel und ich von Hogsmade nach Hogwarts. Wir sund jetzt schon mehrere Wochen zusammen und mittlerweile benehme ich mich in seiner Gegenwart nicht mehr wie ein inkompetenter, liebestoller Vollidiot.
„Das mit den spuckenden Ritterrüstungen nehme ich euch immer noch übel", sagt er und lacht,„warum musstet ihr sie auch direkt vor dem Ravenclawgemeinschaftsraum  platzieren? Ich hab ewig gebraucht, bis ich den Schleim wieder aus dem Umhang herausbekommen habe." Ich lache auch. Seit Tagen gibt es in der ganzen Schule kein anderes Gesprächsthema als unser großer Streich. Ich genieße es auf den Fluren Kommentare zu hören wie „Wisst ihr noch, der riesige Stuhl in der Eingangshalle?" oder „Habt ihr die Gesichter der Schlangen gesehen, als sie von Büchern verfolgt wurden? ".
„Ich habe vorgeschlagen euch zu verschonen, aber Sirius war so entrüstet darüber, dass es keine Diskussion gab. Er wollte euch deswegen sogar noch mal extra doll bestrafen." Daniel schüttelt lächelnd den Kopf.
„Ich mag ihn nicht." Überrascht sehe ich ihn an.
„Wen? Sirius?"
„Ja. Er ist erstens total arrogant und außerdem schaut er dich immer so komisch an."
„Wie bitte?", Frage ich verblüfft, „wie soll er mich anschauen?"
„Na ja, so begierig." Jetzt muss ich lachen.
„Begierig? Bist du etwa eifersüchtig? " Daniel wird rot.
„Kann ich ja nichts dafür, wenn du mit einem Typen befreundet bist, der alles fickt, was Brüste und Beine hat und nicht bei drei auf den Bäumen ist", murmelt er und ich muss noch mehr lachen.
„Daniel, Sirius ist der letzte mit dem ich etwas anfangen würde."
„Ach wirklich, ist das so?", höre ich plötzlich eine raue Stimme in mein Ohr flüstern. Erschrocken fahre ich herum und lasse Daniels Hand los.
„Sirius!" Daniel betrachtet ihn nur kritisch.
„Black", begrüßt er ihn nur kühl.
„McLaggen", antwortet dieser genauso kalt.
„Wieder auf Suche nach weiblichen Freiwild?", fragt Daniel spöttisch.
„Hab's schon gefunden", erwidert Sirius und sieht bedeutungsvoll zu mir. Ich merke, wie Daniel sich wütend anspannt.
„Was machst du hier?", frage ich Sirius schnell, damit die Situation nicht eskaliert.
„Wie schon gesagt", antwortet er, ohne Daniel aus den Augen zu lassen,„ ich war auf der Suche nach Freiwild." Er betont das „war" provokant und ich nehme Daniels Hand, damit er nicht auf dumme Ideen kommt. Sirius sieht auf unsere verschränkten Finger und kurz bilde ich mir ein, einen Schatten über sein Gesicht huschen zu sehen.
„Verschwinde, Black", presst Daniel zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor. Sirius besieht meinen Freund noch mit einem vernichtenden Blick, dann geht er an uns vorbei und stößt Daniel einmal mit der Schulter an.
„Pass besser gut auf sie auf. Sie könnte dir noch verloren gehen", zischt er ihm noch zu, dann verschwindet er Richtung Hogwarts. Daniel atmet tief ein und aus, um sich zu beruhigen.
„Manchmal würde ich ihn am liebsten erwürgen", murmele ich und laufe weiter zum Schloss.
„Warum tust du es nicht? Ein großer Verlust für die Menschheit wäre es jedenfalls nicht."  Ich grinse und boxe  ihm gegen den Oberarm.
„Sei nicht so böse. Er ist immer noch einer meiner besten Freunde."
„Von seiner Seite ist es auf jeden Fall keine Freundschaft mehr. Da ist eindeutig mehr."
„Ach Quatsch", widerspreche ich, doch ganz wohl ist mir bei der Sache nicht. Was, wenn es wirklich mehr als Freundschaft für Sirius ist? Wie soll ich mich ihm gegenüber verhalten?  Kann ich diese Gefühle erwidern? So sicher wie ich mir vor diesem Ausflug war, dass Daniel der einzige für mich ist, so unsicher bin ich mir jetzt. Wo endet eigentlich Freundschaft und wo fängt Liebe an? Ist das überhaupt Liebe zwischen mir und Daniel?
„Alles okay?", fragt Daniel und drückt meine Hand. Plötzlich fühlt es sich nicht mehr so richtig an seine Hand zu halten.
„Ja, ja", murmele ich abwesend.
„Willst du mit in unseren Gemeinschaftsraum kommen?" Ich schüttele den Kopf.
„Nein, ich hab Kopfschmerzen. Ich leg mich lieber mal hin."
„Hoffentlich hast du keine Erkältung. Es wird ja schon etwas kühler. Soll ich dich noch zum Portraitloch begleiten?"
„Nee, geht schon." Normalerweise hätte ich es süß gefunden, wie er sich Sorgen macht, aber im Moment stört es mich nur.
„Okay. Bis später", ruft er mir hinterher, als ich die Treppe zum Gryffindorgemeinschaftsraum hoch laufe.
Auf dem Weg höre ich schmatzende Geräusche aus einer Nische. Sirius steht mit dem Rücken zu mir an der Wand, in seinem Armen ein kleines, dummes Blondchen. Na super. Das ist ja wohl der Beweis, dass er nicht auch nur das geringste für mich empfindet. Auf gewisse Weise bin ich enttäuscht. Es war ein schönes Gefühl begehrt zu werden, sogar von demjenigen, von dem man es am wenigsten erwartet hätte.

Im Gemeinschaftsraum lasse ich mich in einen Sessel fallen. Wegen dem schlechten Wetter draußen ist er ziemlich voll und laut. Woher kommt mein plötzliche Stimmungsumschwung? Vor einer Stunde war ich mir so sicher, dass ich Daniel liebe und auf einmal stelle ich alles in Frage.
„Na, du super-Denkerin", begrüßt mich Marlene und setzt sich selig lächelnd neben mich,„ worüber denkst du so angestrengt nach?"
„Nichts wichtiges ", wimmele ich sie schnell ab,„ und warum siehst du aus, als wärst du auf Wolke sieben?" Geheimnisvoll lehnt sich Marlene vor und sieht kurz sich nach möglichen Lauschern um.
„Ich hab mich heute mit Gideon in Hogsmade getroffen. Allein", fügt sie noch viel sagend hinzu,„er ist extra hier her appariert."
„Und?" Gespannt lehne ich mich ebenfalls vor. Marlene macht eine dramatische Pause.
„Er hat mich geküsst!", flüstert sie schließlich und ich springe auf und umarme sie fest.
„Wow! Seid ihr jetzt zusammen?" Marlenes Lachen fällt in sich zusammen.
„Ich weiß nicht. Wir haben nichts dergleichen besprochen. Aber selbst wenn..." Sie seufzt und setzt sich wieder hin.
„Wir könnten uns nur an den Hogsmade Wochenenden sehen. Und er hat ja auch noch Aufträge für den Orden zu erledigen, dann kann ed auch nicht jedesmal kommen."
„Hey, das wird schon. Ihr könnt euch doch auch in den Ferien sehen." Ein schwacher Trost, doch immerhin muntert er sie ein kleines bisschen auf.
„Du hast recht." Plötzlich klopft eine Eule an das Fenster des Gemeinschaftsraums. Aufgeregt springt Marlene auf.
„Das ist Gideons!" Konzentriert liest sie den Brief und ein breites Grinsen legt sich auf ihre Gesicht.
„Er schreibt, dass wir das heute öfter machen sollten und fragt, ob er mich seine Freundin nennen darf." Wie ein kleines Mädchen quietscht sie auf und hüpft auf der Stelle.
„Er ist so süß!" ich springe auf und hole eine Flasche Sekt aus unserem Schlafsaal.
„Das müssen wir feiern", rufe ich und beschwöre zwei Sektgläser herauf. Gerade als wir angestoßen haben, spüre ich wie sich jemand auf meine Armlehne setzt.
„Was gibt's zu feiern?", fragt Sirius und sofort ziehe ich meine Augenbrauen zusammen und springe auf. Wütend knalle ich mein Glas auf den Tisch und baue mich vor ihm auf.
„Was sollte das vorhin?", rufe ich laut. Sofort verstummen alle Gespräche und alle Köpfe wenden sich zu uns.
„Ich weiß nicht, was du meinst", erwidert Sirius seelenruhig und schnappt sich mein Sektglas,„darf ich?" Ohne auf meine Antwort zu warten, trinkt er es in einem Zug aus.
„Du weißt ganz genau, was ich meine", sage ich drohend, ohne zu bemerken, dass der gesamte Gemeinschaftsraum uns zuhört. Sirius zuckt nur mit den Schultern
„Dein Freund ist ein Idiot."
„Warum kannst du ihn nicht einfach in Ruhe lassen? Warum musstest du ihn so provozieren?"
„Ist doch nicht meine Schuld wenn er so schnell eifersüchtig wird. Er tut ja gerade so, als wärst du sein Eigentum."
„Das stimmt überhaupt nicht! Und es ist auch nicht seine Schuld, dass du sich immer wie ein totales Arschloch verhalten musst."
„Ich soll also ein  Arschloch sein? Er ist doch der arrogante Vollidiot", auch Sirius wird jetzt lauter.
„Oh wirklich? Ich denke, jeder hier in diesem Raum wird mir zustimmen,dass du eindeutig der eingebildetere von euch beiden bist. Und im Gegensatz zu dir, ist er sozial und nett zu anderen. Er mobbt und beleidigt keine Schüler, nur weil ihm langweilig ist."
„Hältst du dich etwa für besser? Du machst doch auch immer mit, wenn wir Schniefelus ein wenig ärgern."
„Ja und ich habe eingesehen, dass das falsch ist. Außerdem geht es hier doch überhaupt nicht um mich! "
„Für mich geht es immer um dich, Joline."
Darauf weiß ich nichts zu erwidern. Für einen Moment herrscht Stille. Jeder scheint die Luft anzuhalten.
„Ach ja?", bringe ich schließlich heraus.
„Weißt du was? Ich finde, du hast jemand besseren verdient, als so einen Lappen", setzt Sirius noch nach.
„Jemanden wie dich?", rutscht es mir heraus. Sirius scheint kurz aus dem Konzept gebracht zu sein. Getuschel erfüllt den Gemeinschaftsraum und ich weiß schon, dass morgen die Gerüchteküche brodeln wird.
„Ja", höre ich Sirius etwas leiser sagen,„jemanden wie mich." Ein erstauntes Murmeln fährt durch den Raum und ich stehe wie vom Donner gerührt auf der Stelle und sehe Sirius nach, der die Treppe zum Jungen Schlafsaal hochstürmt. Im Gemeinschaftsraum ist es absolut still. Nur das Knistern des Feuers in Kamin ist zu hören. Alle warten gespannt auf meine Reaktion.
„Was war das gerade?", fragt Marlene irgendwann entsetzt in das Schweigen hinein. Ich antworte ihr nicht.
Als sich die Schüler langsam wieder verzogen haben, setze ich mich wieder auf den Sessel.
„Ist er wirklich... also, in mich...?", stottere ich unbeholfen und Marlene nickt.
„Ja, ist er. Seit ein paar Jahren schon."
„Seit ein paar Jahren?", frage ich entsetzt. Wieder nickt Marlene.
„Wusstest du es?" Marlene schaut betreten auf den Boden.
„Jeder von uns wusste es." Ich nicke.
„Ich glaub, ich gehe ins Bett." Verwirrt sieht Marlene mir hinterher.
„Willst du nicht darüber reden oder so?"
Ich antworte ihr nicht, sondern verschwinde in meinem Schlafsaal.

Dreimal Klischee zum Mitnehmen, bitteWhere stories live. Discover now