Kapitel 79

381 39 21
                                    

Andre

Ich stehe am Ufer und schaue auf den Fluss, wie er an mir vorbei schießt. Soll ich? Soll ich nicht? Mein Handy klingelt. Ok. Wenn das Jan ist, dann tue ich es nicht. Ansonsten... War's das wohl mit Andre Schiebler. Mit zitternden Fingern ziehe ich das iPhone der Hosentasche. „Cengole ruft an"

Ich überlege, dann drücke ich ihn weg. Mein Entschluss steht fest. Ich lasse das Handy am Ufer liegen und laufe schnurstracks auf das Wasser zu. Ich spüre die Kälte unter meinen Füßen. Die Strömung ist sogar am Rand schon ziemlich stark. Bald reißt sie mich fast um. Ich stehe mitten in der Flut. Schaue auf den Dom. Aber ich kann es nicht tun. Ich kann mein Leben nicht so sinnlos und plump beenden. Ich muss an Youtube denken. An alles, was wir drei uns aufgebaut haben. An Apecrime. Und an Cengiz, wie er ganz alleine wäre. Ich kann das hier nicht tun. Ich drehe mich um und laufe zurück. Es ist nicht leicht, wieder ans Ufer zu kommen. Die Strömung ist verdammt heftig. Ich verliere das Gleichgewicht und falle ins Wasser. Es reißt mich ein Stück mit sich. Prustend und strampelnd komme ich wieder hoch. Das Wasser brennt in meinen Lungen. Ich versuche vergeblich gegen die Flussrichtung zu schwimmen. Scheiße. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Wie bin ich nur auf so eine dumme Idee gekommen? Irgendwie schaffe ich es, mich mit letzter Kraft an Land zu retten. Müde und durchnässt mache ich mich auf den Heimweg. Alles zieht wie in einem Fiebertraum an mir vorbei. Ich kann nicht mehr.

Nach zwanzig Minuten habe ich es endlich geschafft und stehe vor der Haustür. Den Schlüssel habe ich natürlich mal wieder nicht eingesteckt. Also klingle ich. Schritte kommen Richtung Tür und kurz darauf geht sie auf. Und als ich sehe, wer dort steht, reiße ich Mund und Augen auf.

„Andre... Mensch, ich dachte schon dir wäre was pass..."

Ich falle ihm mit einer solchen Wucht in die Arme, dass er das Gleichgewicht verliert und erschrocken nach hinten greift, um sich irgendwo fest zu halten. Mit einem lauten Poltern landen wir beide auf dem Boden.

„Andre, alles ok?", höre ich Cengiz rufen. Ich kümmere mich nicht darum.

Ich schlinge meine Arme um ihn und drücke ihn an mich.

„Andre?" Ich drücke noch fester. Niemals mehr werde ich ihn loslassen! Nie...

„Andre, du zerquetscht mich!", ruft er lachend.

Ich lasse ein wenig lockerer.

„Warum zum Teufel bist du so nass?"

„Scheiße, Jan!" Ohne das ich es verhindern könnte, laufen mir wieder die Tränen übers Gesicht. Diesmal vor lauter Erleichterung.

Er sieht mich verdutzt an.

„Ich dachte du wärst tot!!!" Ich küsse ihn trotz seinem irritierten Gesichtsausdruck. Er erwidert nach einigen Sekunden.

„Dsche?" Ich löse mich.

„Mh?" Ich sehe in seine blauen Augen und vergesse vollkommen, was ich sagen wollte. Ich will, dass dieser Moment niemals endet. Es ist der glücklichste in meinem Leben.

„Danke, Jan!", flüstere ich.

„Wofür?"

„Dass es dich gibt."

Ich sehe in seine Augen und erinnere mich. Das Gleiche hat er vor Jahren zu mir gesagt. An dem Tag, als er das Abitur bestanden hatte. Wir verabschieden uns nach dem Fest und stehen an seiner Haustür.

„Danke, Andre!", sagt er leise.

„Wofür?", frage ich erstaunt.

„Dass es dich gibt." Er starrt auf seine Schuhe. Ich nehme ihn in den Arm. Lange bleiben wir so stehen. Dann sind wir beide verlegen. „Also dann...", sage ich mit rotem Gesicht.

„Tja...", sagt er und guckt überall hin, nur nicht zu mir. „Bis bald."

„Bis morgen?", frage ich und sofort komme ich mir wieder lächerlich vor. Doch er lächelt mich an. Meine Knie sind ganz weich.

„Ja", sagt er leise.

Ich beuge mich vor und lehne meine Wange an seine. „Bis morgen", murmle ich und genieße die Berührung. Er steht ganz still, seine Haut an meiner. Erst dann begreife ich, was ich da tue. Ich wende mich schnell ab und stolpere hastig davon. Damals konnte ich meine Gefühle nicht deuten. Ich habe mir geschworen, nie wieder so etwas verwirrendes zwischen uns zuzulassen. Heute kann ich es. Genau wie Jan. Wieder lächeln wir beide im gleichen Moment, genau wie damals.

„Jan?!" Cengiz betrachtet uns mit einem halb verwirrten, halb glücklichen Blick. „Bist du doch nicht t...?"

„Warum um alles in der Welt soll ich denn tot sein?!", schnaubt dieser. „Es war doch nur mein Handyakku leer." Dann rutscht er unter mir weg, steht auf und streckt mir eine Hand entgegen, um mir ebenfalls aufzuhelfen.

„Das Taxi. Aber es ist doch die Brücke runter gestürzt...", murmele ich und weigere mich, seine Hand loszulassen, obwohl Cengiz vor uns steht. Ich verstehe immer noch nicht, warum er am Leben ist.

„Welches Taxi?"

„Na das von heute Mittag. Mit dem sind wir zum Krankenhaus gefahren. Du wolltest mich damit abholen."

„Ach das. Was ist damit passiert?"

„Ist von einer Brücke gestürzt."

Ich erzähle ihm die ganze Geschichte und Jan macht große Augen.

„Ach. Du. Scheiße..."

„Und wieso saßt du nicht da drin?", hakt Cengiz nach.

„Ich habe mich entschieden, zum Krankenhaus zu laufen, weil ich erstens nicht weit weg war und zweitens noch was für TV gefilmt habe. Als ich ankam war da dann ein riesiger Ansturm von Krankenwagen, Feuerwehr mit Leitern und Polizei. Ich habe dich gesucht, aber du warst nirgends. Also bin ich noch ein wenig herum gelaufen mit der Kamera und dann habe ich Ju und Rob beim Dom getroffen. Natürlich von Fans umringt. Die haben mich dann auch gesehen und ab da war es vorbei. Alle wollten Fotos und Autogramme und es wurden immer mehr. Deswegen komme ich erst jetzt."

„Ich glaube ich war noch niemals so erleichtert", murmele ich und meine das genau so, wie ich es sage. „Wirklich noch nie."

„Ich auch nicht!", gibt Cengiz mir recht. Und dann umarmen wir uns alle. Es fühlt sich komisch an und eigentlich tun wird das nie. Aber jetzt ist es genau das, was ich brauche.


Soooo das wäre jetzt eigentlich ein schönes Ende für die FF oder? Ich hätte zwar noch Ideen, aber ob es noch weiter gehen soll, dürft ihr entscheiden. <3 <3 <3

Der Lesetag ist auf jeden Fall erst mal vorbei, Jan ist am Leben und alles ist gut, ihr könnt durchatmen. ;) Ob es hier dann weiter geht, gucken wir mal. Eine Art Schlusswort und Danksagungen kommen aber noch auf jeden Fall... :* Also, man schreibt sich. Ich bin in den Kommis unterwegs... :* :)

Memories never die | JandreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt