Kapitel 53

800 61 40
                                    

!Warnung vor ultra miesem Cut am Ende! (Lesen auf eigene Gefahr... :D)

*Zeitsprung*

(immer noch Jan)

Ich sitze vor dem PC und schneide das TV Video. Besser gesagt versuche ich es, aber an vernünftiges Arbeiten ist im Augenblick nicht zu denken. Dazu spucken viel zu viele Gedanken in meinem Kopf herum. Hat Cengiz recht mit dem, was er gesagt hat? Oder war das alles Blödsinn und er wollte mich nur aufbauen? Diesen Eindruck hatte ich allerdings eher nicht. Dafür war es ihm viel zu ernst, das habe ich in seinem Gesicht gesehen.

Falls Cengiz aber richtig liegt und ich Andre wirklich so viel bedeute, dann bleibt für mich trotzdem noch einige Fragen offen. Warum hat er es in Berlin mit dieser blöden Kuh getrieben, die er nicht mal kannte und auf die ich leider unveränderter Weise total eifersüchtig bin? Kann er es nicht akzeptieren, dass er in gewisser Weise wie sein Vater ist? Dass er schwul ist? Ist er es denn überhaupt, oder bleibt er letztendlich doch lieber bei Frauen, einfach, weil wir so sehr in der Öffentlichkeit stehen oder, weil für ihn das alles nur ein kleines Abenteuer ist? Bin ich eigentlich schwul?

Ich kann diese Fragen nicht beantworten. Doch besonders die letzte quält mich immer mehr. Ewig zerbreche ich mir schon den Kopf darüber. In gewisser Weise tendiere ich zu ja, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mehr von Andre will als Freundschaft. Doch auf der anderen Seite könnte ich mir nicht vorstellen, mit einem anderen Mann etwas anzufangen. Im Moment jedenfalls. Ist das normal? Oder ist das bei mir auch nur so eine Art Phase der Verwirrtheit? Muss ich Andre am Ende sogar enttäuschen, wenn er weiter gehen möchte... Mehr von mir will, als nur einen Kuss?

Mein Bauchgefühl sagt mir ganz klar nein, denn um es genau zu nehmen wünsche ich mir selbst schon lange, dass Andre mit mir zusammen diese bisherige Grenze überschreitet. Auch, wenn ich mir dabei seltsam vorkomme, da mein Kopf noch immer nicht ganz versteht, wie es überhaupt dazu kommen soll, bei dem ewigen Hin und Her zwischen ihm und mir.

Ich öffne ein neues Fenster und gebe in die Suchleiste „Bin ich schwul?" bei Google ein. Daraufhin erscheinen 363.000 Ergebnisse in nicht mal einer halben Sekunde. Ganz oben ein Quiz von Testedich.de. Na super, das wird mir sicher weiterhelfen. Mehr aus Spaß klicke ich mich tatsächlich durch einen der Tests, woraufhin mir die Auflösung beschreibt, dass ich starke Tendenzen dazu habe, bisexuell zu sein. Tendenzen? Und warum bisexuell? Das hat mich ja jetzt komplett überzeugt. Ich werde auf der Stelle zu Andre gehen und ihm das ganze erklären... NICHT!

So komme ich auf jeden Fall auch nicht weiter. Im Grunde sollte ich eh nicht im Internet herumstöbern und irgendwelche sinnlosen Tests ausfüllen, die am Ende ohnehin rein gar nichts über mich oder meine Persönlichkeit aussagen können. Ich sollte doch lieber weiter für TV schneiden. Daher lösche ich den Websitenverlauf - sicher ist sicher - und setzte wieder die Kopfhörer auf.

Kurz schließe ich die Augen und sammle mich, dann entscheide ich mich für einige vorproduzierte Dateien, die Cengiz und ich aufgenommen haben, als Andre in Berlin war. Dabei muss ich nämlich nicht ständig sein Gesicht sehen und werde nicht so abgelenkt - hoffe ich zumindest.

Mein Plan geht tatsächlich auf, ich kann mich relativ gut konzentrieren und komme schnell voran. Ich bin fast fertig, als mir plötzlich zwei große Hände auf meinen Schultern laden. Noch bevor ich das dunkle Tattoo auf der rechten sehe, weiß ich bereits, dass es Andre ist. Er steht so dicht bei mir, dass ich ihn augenblicklich am Geruch erkannt habe. Diese Mischung aus Waschmittel und seinem Deo ist unverkennbar. Ich spüre, wie er seinen Kopf dicht neben meinem platziert, um an mir vorbei einen Blick auf den Bildschirm zu erhaschen. In diesem Moment bin ich gottfroh, dass ich nicht mehr die Testedich-Seite mit dem Quiz zum Schwul-Sein geöffnet habe.

Memories never die | JandreWhere stories live. Discover now