Kapitel 30

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Wooooow, 4k Reads? Das ist einfach nur krass! Ich hab hier angefangen und dachte mir, es werden vielleicht so 500 oder so... Ich war schon bei tausend Reads geflasht... Aber bei 4 Tausend?! Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Also kommt jetzt einfach mal ein schlichtes DANKE an alle da draußen, die immer fleißig mitlesen, Liken, Kommentare schreiben... Ich bin so froh, dass es euch gibt. :) Als Dankeschön kommen heute und übermorgen insgesamt zwei etwas längere Kapitel... Ich hoffe, sie gefallen euch. :*


 

Jan

Als sich die Tür einen Spalt breit öffnet und jemand leise zu mir ins Bett steigt, weiß ich sofort, dass es Andre ist. Er beugt sich über mich drüber. Wahrscheinlich schaut er, ob ich schlafe. Ich versuche so ruhig und gleichmäßig wie möglich zu atmen, was gar nicht so leicht ist durch die Tatsache, dass er mir so nah ist wie schon seit Tagen nicht mehr. Ich bin sehr erleichtert, als er die Tür wieder schließt und sich neben mich ins Bett schiebt. Er weiß gar nicht, wie sehr ich ihn vermisst habe.

Ich höre seinen Atem hinter mir, da ich mit dem Rücken zu ihm liege. Das entspannt mich. Irgendwann spüre ich zwei kühle Arme, die sich um meinen Bauch legen. Ich kann nicht anders. Ich drehe mich in seinen Armen zu ihm hin. Schon spüre ich seinen Atem nur noch wenige Zentimeter von meinem eigenen Gesicht entfernt. Augenblicklich rücke ich noch näher an ihn heran und vergrabe meinen Kopf mit einem wohligen Seufzen in der Kuhle an seinem Hals. Tief inhaliere ich seinen vertrauten Duft. Es tut so gut. Er  tut so gut.

Andre verharrt regungslos, aber ich spüre, wie er sich unter mir anspannt. Daher verlagere ich meinen Kopf von seinem Hals weiter nach unten. Ich weiß, wie empfindlich diese Körperstelle bei ihm ist. Als meine Wange den Stoff des T-Shirts über seine Brust berührt, atmet er erleichtert aus. Wir verharren lange in dieser Position. Keiner bewegt sich. Ich merke, wie ich immer müder werde und bin kurz vor dem Einschlafen, als er meinen Namen murmelt. Ich gebe ein müdes „Hmm?" zurück, ohne den Kopf zu heben.

„Warum hast du das gesagt?"

„Was?" Ich bin schon fast weg.

„Dass du für mich nur..." Ich spüre, wie er schluckt. Dann fährt er mit erstickter Stimme fort: „...brüderlicher Gefühle hast."

Auf der Stelle bin ich hellwach und stütze mich auf meinen Ellenbogen von ihm weg. „Woher weißt du das? Hat Cengiz dir das erzählt?"

„Nein.", er zögert. „Ich stand vor der Tür, als du es gesagt hast."

„Du hast gelauscht?" Irgendwie bin ich bei dieser Feststellung nicht mal wütend auf ihn. Mir tut es nur schrecklich leid.

„Ja", gibt er kleinlaut zurück. Und als ich nichts antworte: „Ist es wahr?"

Ich lasse mich nach hinten auf mein Kissen fallen und atme zischend aus. Er wartet. Aber ich kann nichts sagen. Ich weiß die Antwort nämlich selbst nicht. Ich bin froh, dass es so dunkel ist und ich ihm nicht in die Augen sehen muss.

„Jan?"

Erneut bleibe ich still. Mit einem leisen Schluchzen erhebt er sich und geht ebenso leise wie er gekommen ist aus meinem Zimmer.

Soll ich ihm nicht hinterher? Ich habe keine Ahnung. Im Moment ist mein Kopf vollkommen leer gefegt. Ich bleibe still in meinem Bett liegen und starre ins Nichts, bis ich höre, wie die Haustür ins Schloss fällt. Jetzt ist er also weg. Schon wieder. Ich kann mich noch immer nicht bewegen. Ich fühle mich wie gelähmt.

Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist, aber dann fällt irgendwann mein Handy vom Nachtisch auf den Boden. Das Geräusch reißt mich aus meiner Starre. Wie in Zeitlupe rutsche ich zum Rand meines Bettes und taste nach dem iPhone. Endlich finde ich es zwischen Klamotten und einem leeren Glas.

Wo Andre wohl hin ist? Ohne nachzudenken öffne ich Snapchat und schaue mir seine Geschichte an. Das tue ich sonst nie. Wozu auch, wenn ich fast immer bei ihm bin? Ich betrachte die Fotos. Er ist mit seinem Skateboard unterwegs. Das letzte Bild ist von der Hohenzollernbrücke aufgenommen. Darunter der Rhein, der in der Dunkelheit glitzert.

Mir wird eiskalt. Er wird doch nicht etwa? Auf einmal gehorcht mir mein Körper wieder. Ich stemme mich vom Bett hoch und stolpere in den Flur. Wahllos reiße ich irgendeine Jacke vom Garderobenständer und renne los. Wie ein Verrückter komme ich mir vor, während ich nur in Boxershorts mitten in der Nacht durch die Straßen Kölns hetze. Hoffentlich begegne ich keinen Zuschauern. Das wäre sehr, sehr peinlich. Aber ich muss zu Andre. Es wäre furchtbar, wenn er sich wegen mir was antut. Ich sehe ihn vor meinem geistigen Augen, wie er von der Brücke springt. Ich spüre, wie die Angst in mir aufsteigt und mir die Kehle zuschnürt. Das darf nicht sein! Ich muss endlich vernünftig mit ihm reden.

Nach einer gefühlten Ewigkeit komme ich an der Hohenzollernbrücke an. Im Hintergrund sieht man den Dom und die vielen Lichter der umliegenden Gebäude, die sich auf der ruhigen Wasseroberfläche des Flusses spiegeln. Eigentlich wunderschön, doch mein Blick gilt nur Andre, der sich gerade über das Geländer weit nach unten lehnt. Ich lege noch mal an Geschwindigkeit zu. Schon bin ich weniger als fünfzig Meter von ihm entfernt.

„Tu's nicht!" Mit einem lauten Schrei erreiche ich ihn endlich und reiße ihn von der Brüstung weg. Ich habe es geschafft! Meine Erleichterung ist so groß, dass ich ihn erst mal in den Arm nehmen muss. „Mach so was nie wieder, verstanden?!" Meine Stimme überschlägt sich fast und mein Herz pocht so wild gegen meine Rippen, dass ich Angst bekomme, es könnte im nächsten Augenblick heraus springen.

„Was meinst du, Jan?" Andre löst sich aus meiner Umarmung. Ich klammere mich an ihm fest wie ein Ertrinkender an einen Rettungsring und würde ihn am liebsten nie mehr loslassen. „Was soll ich nie wieder tun?"

„Mir so einen Schrecken einjagen!" Ich bin echt kurz vor dem Losheulen. Bestimmt klinge ich vollkommen hysterisch.

„Hä? Ich versteh grade gar nichts! Warum stehst du hier in Unterhose?! Und Cengiz Jacke?!" Er wirkt leicht amüsiert. Erst jetzt merke ich, dass ich tatsächlich Cengiz Jacke trage, die mir natürlich viel zu weit und an den Ärmeln zu kurz ist. Mir dämmert, dass ich ziemlich bescheiden aussehe. Um nicht zu sagen komplett behindert.

„Also, was soll das alles?" Er zieht fragend die linke Augenbraue nach oben. Ich liebe es, wenn er das tut. Dann sieht er so lässig und verwegen aus. Richtig heiß... Bevor ich den Gedanken zu Ende gedacht habe, will ich mir am liebsten eine klatschen. Bin ich dumm oder so?

„Ich hab dein Bild auf Snapchat gesehen und da hab ich Angst bekommen, weil ich dachte du... könntest von der Brücke springen!", stottere ich und während ich so drauflos plappere, fällt mir auf, wie bescheuert sich das anhört, was ich sage. Und natürlich fängt Andre prompt laut an zu lachen. Seine verletzliche Seite ist plötzlich wie weggeblasen. Ich weiche seinem Blick aus und versuche krampfhaft, nicht rot zu werden. Warum kann ich nur meine Klappe nicht halten?




Memories never die | JandreWhere stories live. Discover now