Kapitel 5

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Jan

Ich bin fertig mit duschen und schlendere in die Küche, um mir etwas zu essen zu holen. Ich habe nachgedacht. Und zwar gründlich. Ich habe mir da sicher irgendwas eingebildet. Und gestern Abend war ich einfach nur müde. Es ist auch nichts dabei, dass ich bei Andre im Bett geschlafen habe, schließlich ist er mein bester Freund. Zusammen mit Cengiz natürlich. Wobei mir der Gedanke mit dem Cengolen in einem Bett zu schlafen ziemlich seltsam vorkommt. Bei Andre ist das was anderes, irgendwie. Warum das so ist, kann ich auch nicht erklären. Ist ja auch egal. Die Sache ist irgendwie dumm gelaufen mit uns beiden, aber auch wenn die Situation seltsam ist, werde ich mir nichts anmerken lassen. Das ist die beste Lösung. Einfach so tun, als wäre nichts passiert. Einfach so tun, als...

Ein Räuspern reißt mich aus meinen Gedanken. Unvermittelt steht Andre direkt vor mir. Er sieht mich an und mein Kopf ist mit einem Mal völlig leer gefegt. Ich öffne den Mund, um was zu sagen, so was wie „Na, alles klar?", aber alles was ich herausbekomme ist „A-Andre... ich äh..." Na toll, jetzt stottere ich wie so ein vierzehnjähriger bei einem Referat in der Schule. Ich merke, wie mir das Blut in den Kopf schießt. Am liebsten würde mich umdrehen und davon rennen. Was ist nur los mit mir? Immerhin ist Andre ja mein bester Freund und kein blutrünstiger Zombie. „Reiß dich zusammen!", ermahne ich mich selbst und zwinge mich zu einem unverbindlichen Lächeln.

„Du kannst jetzt ins Bad". sage ich zu Andre und schiebe mich an ihm vorbei.


 

Andre

Als er sich an mir vorbei drängt, halte ich automatisch die Luft an. Ich weiß, dass ich mich absolut idiotisch verhalte. Schnell verschwinde ich im Bad und schließe ab, damit Jan nichts von meinem Gemütszustand mitbekommt. Drinnen lasse ich mich auf dem Klodeckel fallen und streiche mir die Haare aus dem Gesicht. Ich muss hier weg. Wenigstens für heute. Es geht nicht anders. Ich habe Angst. Angst, die Kontrolle zu verlieren. Die Kontrolle über mein Leben, mal wieder.

Ich schlüpfe in meine Schuhe, schnappe mir mein Board und schließe die Haustür hinter mir. „Wo willst du hin?", höre ich Cengiz mir hinterher rufen. Ich gebe keine Antwort und ziehe die Kapuze meines Hoodies tief in die Stirn. Ich möchte nicht erkannt werden, nicht in diesem Zustand... Den ganzen Tag fahre ich ziellos umher und ignoriere die fragenden Rufe der Zuschauer, die mich trotz meiner „Tarnung" viel zu oft erkennen. Es tut mir gut, mal ein bisschen Zeit für mich alleine zu haben und doch hasse ich es, nicht in Jans Nähe sein zu können. Es ist verrückt. Ich brauche seine Nähe, seine Zuneigung und seine Liebe. Um welche Form der Liebe es sich bei ihm mir gegenüber handelt, weiß ich selbst nicht, aber ich weiß, dass es eine andere Liebe ist, als bei Cengiz oder Viktor oder Ju...

Und gleichzeitig nimmt Jan mir die Luft zum Atmen. Irgendwann mache ich mich auf den Heimweg. Ich überlege, ob ich noch kurz zum Supermarkt fahren und mir etwas zu trinken kaufen soll. Etwas, das so richtig reinballert und mich alles vergessen lässt. Doch wenn jemand weiß, dass das nichts bringt, dann bin ich das. Ich entscheide mich dagegen und komme schließlich müde und erschöpft in der WG an. Möglichst leise schließe ich auf und stelle mein Board in die Ecke. Ich tappe im Dunklen durch die Wohnung. Aus Jans Zimmer kommen Klickgeräusche und aus Cengiz Zimmer leises Schnarchen.

Ohne es zu wollen, bleibe ich vor Jans Zimmer stehen und starre auf den Lichtschein, der unter der Tür hindurch fällt. Soll ich rein gehen und mit ihm reden? Meine Hand schwebt über der Klinke, als ich Schritte höre, die eilig zur Tür kommen. Ich weiß, dass ich mich auf der Stelle verkrümeln sollte, weil er sonst genau weiß, dass ich vor der Tür gestanden habe und ich beim besten Willen keine Erklärung habe, warum ich den ganzen Tag weg war, aber meine Beine gehorchen mir nicht. Schon reißt er die Tür auf und fährt erschrocken zurück. Er reißt die Augen auf. „Mein Gott Andre, hast du mich erschreckt!" Ich weiß nicht, was ich darauf erwidern soll, also bleibe ich still und sehe ihn an.

Er schaut zurück und ich merke, wie wir beide nervös werden. „Fast wie in dem einen Video. Zehn Arten von Nachbarn, weißt du noch? Der Seltsame: Ich hab nur etwas gesucht..." - (Nur mal am Rande bemerkt: Wer kennt das Video? :) Ist sau nice, finde ich haha) - Jetzt muss ich doch schmunzeln. Dsche hat die Situation irgendwie gerettet. Dafür bin ich ihm dankbar.

„Ich geh jetzt mal pennen, gute Nacht, Opfero..." Er legt mir seine Hand auf die Schulter und grinst mich an. „Alles klar", gebe ich zurück. Ein, zwei Sekunden verstreichen und wir stehen einfach nur da und sehen uns an, seine Hand ruht noch immer auf meiner Schulter. Dort, wo er mich berührt kribbelt meine haut wie verrückt unter dem Stoff meines Pullovers. Dann zieht er sie weg, verschwindet in seinem Zimmer und mit ihm geht das Kribbeln.


Vieeelen lieben Dank für über 130 Views und 20 Sternchen, ihr wisst gar nicht, wie unfassbar glücklich ihr mich damit macht!!!

Lasst auch weiterhin gerne Sternchen und Kommis da, wenn ihr das Kapitel nice findet... :)


Memories never die | JandreWhere stories live. Discover now