Kapitel 64

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Jan

Ich liege dicht an Andre geschmiegt, der einen Arm um mich gelegt hat und mir mit einer Hand gedankenverloren durch die Haare streicht. Ich schließe die Augen und spüre seinen Körper neben mir, lausche seinem Atem, der unruhig ist.

„Andre, bist du noch wach?"

Er antwortet nicht, obwohl meine Frage vollkommen überflüssig ist. Ich weiß, dass er nicht schläft.

Seit wir gemeinsam essen waren und er mir gesagt hat, dass er etwas für mich empfindet sind zwei Wochen vergangen. So viele Stunden, in denen wir kaum ein Wort miteinander gesprochen haben, außer ein paar Absprachen beim Dreh oder wenn es um eine Videoidee ging. Cengiz scheint nichts davon bemerkt zu haben. Oder, was wahrscheinlicher ist: er will die Angelegenheit uns überlassen. Und das rechne ich ihm hoch an. Es würde alles nur noch schlimmer machen, wenn er in dieser kritischen Situation nachbohren und uns mit Fragen auf die Nerven gehen würde.

Ich hatte eigentlich vor diesem einen Abend gedacht, dass durch eine Aussprache alles besser und klarer werden würde. Und ich war so unfassbar glücklich, über das, was Andre gesagt hat. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass ich ihm so wichtig bin. Ich hätte mir das nie zu träumen gewagt. Es bedeutet mir sogar so unendlich viel, dass ich Andre die letzten Tage Zeit für sich selbst gegeben habe, um ihn nicht wieder unter Druck zu setzen und ihm zu zeigen, dass ich geduldig bin. Aber so langsam bin ich es leid. Ständig hängt er seinen Gedanken nach, kümmert sich kaum um das, was Cengiz, Sarah oder ich ihm sagen. Das passt gar nicht zu ihm. Er war immer eine realistische Person, lebt im hier und jetzt. Tut das, was getan werden muss.

Und jetzt? Das komplette Gegenteil. Seit vorgestern ist es noch schlimmer geworden. Erst war er am Morgen in der Stadt, dann hat er sich für mehrere Stunden in seinem Zimmer eingeschlossen und nicht auf Klopfen oder meine Whatsappnachrichten reagiert. Erst am Abend kam er wieder da raus, aber nur, um zum Taekwondotraining zu gehen mit Cengiz. Mich behandelt er seitdem wie Luft. Als gäbe es mich gar nicht. Nur in den Nächten lässt er mich wieder näher an sich heran. Wir haben eine Art Ritual entwickelt. Ab 2 Uhr höre ich mit Videoschneiden auf und lege mich zu ihm. Meistens nimmt er mich ohne ein Wort zu sagen in den Arm. Ich weiß, dass er viel nachdenkt. Doch worüber nur? Ich seufze. Ich würde alles dafür geben, um zu wissen, was gerade in seinem Kopf vorgeht.

„Andre, warum redest du nicht mit mir?" Im Dunkeln lege ich eine Hand auf seine Brust, die sich rasch hebt und senkt. Die Stille zwischen uns wird allmählich immer drückender und unausstehlicher. Lange halte ich es nicht aus.

„Andre?!", sage ich mit Nachdruck und er nimmt seine Finger aus meinen Haaren und rückt ein Stück von mir weg.

Fassungslos und traurig zugleich starre ich in die Dunkelheit und höre seinen unregelmäßigen Atem, der nun vom anderen Ende des Bettes her kommt. Verdammt, warum will er mir nicht endlich sagen, was los ist?

„Andre?", flüstere ich ein letztes Mal, wobei meine Stimme so leise ist, dass ich nicht sicher bin, ob er mich überhaupt gehört hat. Ist aber ohnehin egal, denn er erwidert auch diesmal nichts.

„Ich glaube, es ist besser, wenn ich gehe, oder?", frage ich und hoffe zugleich, dass er mir nun endlich widerspricht. Doch natürlich sagt er nichts, obwohl ich noch mindestens zehn Minuten einfach nur dasitze und warte. Irgendwann stehe ich langsam auf und begebe mich im Schneckentempo zur Tür. In Zeitlupe drücke ich die Klinge herunter.

„Guter Nacht, Andre" Seine letzte Chance, mich zurückzuhalten. Nichts. War ja klar.

„Schlaf g..." Das gut will mir nicht über die Lippen, so groß ist der Kloß in meinem Hals. Abrupt schließe ich seine Tür hinter mir und verdrücke mich ins Arbeitszimmer, um den Computer wieder anzuwerfen. Nichts in der Welt würde mich jetzt in mein kaltes, leeres Zimmer bringen, wo ich einsam und alleine doch nicht schlafen könnte. Um mich von meinem triefenden Selbstmitleid abzulenken, vertiefe ich mich in ein TV Video mit Cengiz, Sarah, Melina und mir. Ich möchte sein Gesicht nicht sehen. Nicht mehr an ihn denken. Daran, was für einen Kummer er mir bereitet, indem er mich ignoriert. Und ich kenne nicht einmal den Grund dafür.


So ging mal wieder ziemlich lang bis das Kapitel kam, sorry... Die Klausurenphase geht jetzt noch 2 Wochen, aber ich hoffe, ich schaffe wenigstens ein Kapitel pro Woche. Kann es aber nicht versprechen... Was denkt ihr, warum Andre sich so seltsam verhält? Kommis dazu sind sehr erwünscht... :) :*


 


Ach ja: DANKE für 26k!!! *_* <3 <3 <3


 


 


 

Memories never die | JandreWhere stories live. Discover now