Kapitel 40

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Cecilia

Es fühlt sich noch immer surreal an, wieder hier zu sein. Obwohl ich überglücklich bin, wieder mit meiner Familie vereint zu sein, vermisse ich Jake jetzt schon schrecklich.

In den vergangenen Monaten haben wir jede freie Sekunde zusammen verbracht, sodass sich die wenigen Tage, die ich nun von ihm getrennt bin, wie Jahre anfühlen.

Ich kann es kaum erwarten, wenn er entlassen wird und ich ihn endlich wiedersehen kann. Ins Krankenhaus werde ich vorerst wohl nicht fahren können. Papa lässt mich den Palast nicht verlassen, höchstens in den Hofgarten darf ich in Begleitung von Emil gehen.

Ich weiß, dass er es bloß gut meint. Es hat sich viel verändert. Ich bin nicht länger ein Schatten, der neben meiner Familie lebt. Inzwischen kennt jeder mein Gesicht und würde ich auch bloß einen Fuß vor die Tür setzen, käme ich vermutlich nicht weit, bis ich von Reportern und den Massen überrumpelt werde, welche sich vor dem Palast versammelt haben und bloß auf ein Lebenszeichen warten.

Es gab bereits unzählige Anfragen für Interviews mit mir.

Ich werde nicht drumherum kommen, früher oder später ein Statement abzugeben, um möglichen Gerüchten vorzubeugen. Doch im Moment ist alles noch sehr frisch und der Berater meines Vater riet ihm, noch ein paar Tage zu warten.

Heute bin ich bereits früh auf den Beinen und bin gerade auf dem Weg zum Büro meines Vaters, der nach mir schicken ließ. Ich weiß nicht, was mich erwartet und ehrlich gesagt bin ich ein wenig nervös. Vielleicht hat er es sich mit Jake und mir doch nochmal anders überlegt?

„Du wolltest mich sprechen?", frage ich direkt, als ich das Büro meines Vaters betrete. Doch sein Stuhl ist leer und er ist nicht da. Stattdessen steht jemand anderes vor mir. Olivia. Sofort stoße ich einen Freudenschrei aus.

„Oh mein Gott", sage ich überwältigt und zögere nicht, meine Freundin, von der ich geglaubt habe, sie sei tot, in eine feste Umarmung zu ziehen. Ich spüre die Tränen, welche in meinen Augen aufsteigen. Es sind Freudentränen. „Ich bin so froh, dass du lebst!", schluchze ich und drücke sie noch fester an mich.

„Ich auch", erwidert sie. Ihre Stimme zu hören, ist ein unbeschreiblich befreiendes Gefühl. Ich dachte wirklich, ich habe meine einzige Freundin verloren, die ich jemals besessen habe. „Doch ich würde es immer wieder tun, Cecilia", fügt sie hinzu.

Es ist seltsam, meinen richtigen Namen anstelle meines Decknamens aus ihrem Mund zu hören.

Vorsichtig löse ich mich aus der Umarmung. Wir steuern auf ein kleines, braunes Ledersofa zu, das unter dem Fenster steht. Gemeinsam lassen wir uns darauf nieder und ich sehe meine Freundin an. Ich habe so viele Fragen. „Woher wusstest du, wer ich bin?", möchte ich wissen. Ich habe es Olivia nie erzählt.

Sie lacht leise.

„Anfangs hatte ich wirklich keine Ahnung, doch irgendwann hat es einfach Klick gemacht. Es gab so viele Anhaltspunkte", beginnt sie und denkt kurz nach, ehe sie beginnt aufzuzählen: „Deine Ankunft bei Nacht und Nebel im Internat,.."

Sie umklammert ihren Zeigefinger und streckt kurz darauf auch den Mittelfinger aus, um weiter aufzuzählen.

„Jake war der einzige Junge in unserem Flügel. Außerdem musste ein Mädchen aus der Unterstufe das Zimmer räumen, damit eure Zimmer nebeneinander liegen. Zufällig kanntet ihr euch natürlich, aber es war nie ganz klar, woher. Hinzu kommt noch, dass er ständig hinter dir hergelaufen ist wie ein Schatten. Selbst auf dein Date mit.." Sie stockt und schluckt schwer „du weißt schon wem.. ist er mitgekommen"

Erstaunt sehe ich Olivia an, die mich stolz anlächelt. „Wow", sage ich und grinse, doch bald darauf werde ich wieder ernst. „Aber warum hast du das Gift getrunken, obwohl du wusstest, dass er es reingetan hat?"

Olivia seufzt. „Ich sah nicht, wie er das Gift in das Getränk mischte. Aber ich hatte ein seltsames Gefühl bei .. Alex", erklärt Olivia mir und zuckt mit den Schultern. „Er bat mich, dir die Cola zu bringen, da du angeblich danach gefragt hättest. Doch ich weiß, dass du Cola nicht magst. Also probierte ich selbst einen Schluck und kurz darauf spürte ich diese entsetzlichen Krämpfe. Ich bin froh, dass ich noch lebe, doch in dem Moment wünschte ich mir, ich wäre tot. Es waren die schrecklichsten Schmerzen, die ich jemals spürte"

Die Bilder an jenen Abend tauchen vor meinem inneren Auge auf und spielen sich ab wie ein Film. Ein schrecklicher Film, von dem ich mir wünschte, ich hätte ihn niemals gesehen. „Es war schrecklich", stimme ich Olivia zu. „Ich hatte noch nie eine richtige Freundin. Deshalb bin ich umso dankbarer, dass ich dich gefunden habe. Du bist eine so wundervolle Freundin, Olivia"

Tränen steigen ihr in die Augen. „Sei ruhig, du bringst mich zum Weinen", seufzt sie und fächert sich mit der Hand Luft zu. Daraufhin umarmt sie mich fest. „Übrigens.. endlich", fügt sie hinzu und wechselt damit das Thema.

„Endlich?", frage ich sie und löse mich von ihr, um meine Freundin anzusehen.

Olivia grinst. „Du und Jake", sagt sie.

Unwillkürlich ziehen sich meine Mundwinkel zu einem Lächeln nach oben. Doch dann erinnere ich mich daran, dass Olivia und Jake sich einst näher gekommen waren. Ich trage es keinem der beiden nach, jedoch bin ich mir unschlüssig, wie Olivia im Moment dazu steht.

Sie scheint meine Verunsicherung zu bemerken, weshalb sie sofort weiterspricht. „Die Funken haben schon lange zwischen euch gesprüht. Ich bin froh, dass ihr es endlich eingesehen habt. Und ihr seid so ein schönes Paar - ich bin glücklich für euch."

Sie zwinkert mir aufmunternd zu.

„Danke", erwidere ich und bin erleichtert.

Stundenlang unterhalten wir uns noch über alles Mögliche. Wir reden über die vielen Spekulationen in den Medien, ich erzähle Olivia von meiner gemeinsamen Zeit mit Jake und sie erzählt mir, wie es ihr in den vergangenen Monaten ergangen ist. Offenbar stand sie unter Personenschutz, da das Risiko nicht abzuschätzen war, dass sie aufgrund ihres Wissens und unserer Freundschaft zum Ziel eines weiteren Angriffs werden würde. Aus dem Grund war die offizielle Information, dass sie an der Vergiftung starb.

Ich habe es wirklich geglaubt und offenbar schien auch Jake nicht zu wissen, dass es eine geplante Fehlinformation war, die ihrem Schutz diente.

Obwohl es mir schrecklich mit den falschen Neuigkeiten ging, bin ich jetzt umso glücklicher, sie wohlauf zu sehen. Ich bin unfassbar froh, dass Olivia lebt und sie mich trotz allem, was sie meinetwegen durchmachen musste, als ihre Freundin sieht.

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Eine schöne Wiedervereinigung 🥰

The Princess's SecretWhere stories live. Discover now