Kapitel 4

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Jake

Die Stimmung auf der Party ist heiter und im Laufe des Abends wird auch Cecilia viel lockerer. Sie amüsiert sich prächtig und obwohl ich Zayn absolut nicht ausstehen kann, gönne ich ihr, dass sie zumindest für ein paar Stunden abschalten kann.

Auch, wenn ich sie als verwöhnt und privilegiert empfinde, hat Cecilia in den vergangenen 24 Stunden mehr als genug durchmachen müssen. Ihr Onkel wurde ermordet, sie wurde von ihrer Familie getrennt ohne die Möglichkeit, sie zu erreichen. Zusätzlich muss sie eine neue Identität annehmen und sich erst noch zurechtfinden. Und obwohl sie die vergangenen siebzehn Jahre kaum Kontakt zur nicht-royalen Gesellschaft hatte, macht sie sich wirklich gut. Sie hat bereits erste Freundschaften geschlossen. 

Dass Zayn es allerdings eher darauf abgesehen hat, Cecilias Herz für sich zu gewinnen, steht außer Frage. Das wusste ich bereits ab der ersten Sekunde, als er uns heute morgen angesprochen hat.

Cecilia ist hübsch. Er wird nicht der einzige Junge bleiben, der Gefallen an ihr findet. Und ich werde mich nicht einmischen, solange Zayn oder sonst wer die Grenzen nicht überschreitet und Cecilias Ehre, oder die der royalen Familie, schadet.

Noch macht die Prinzessin allerdings auch nicht den Eindruck, dass sie in Zayn mehr als eine mögliche Freundschaft sieht. Sie verstehen sich prächtig. Sie lacht viel über die Dinge, die er sagt, was auch immer es ist. Ich weiche ihnen zwar nicht von der Seite, behalte dennoch einen gewissen Abstand, um ihre Privatsphäre bestmöglich zu wahren. Ihre Gespräche gehen mich nichts an.

Dennoch gibt Cecilia mir über den Abend hinweg mehrmals Signale, dass ich mehr Abstand halten soll. Einmal macht sie eine winkende Bewegung mit ihrer Hand, als wolle sie mich verscheuchen. Daraufhin sehe ich sie bloß verwirrt an, da wir beide wissen, dass ich definitiv nicht meinen Posten verlassen werde. Ich werde sie den ganzen Abend beobachten, auch, wenn ich wie der letzte Creep dabei aussehen muss. Aber ich bin hier, um meinen Job bestmöglich zu erledigen und nicht, weil es mir Freude bereitet. Cecilia interessiert mich nicht im Geringsten und es gibt genügend andere Dinge, mit denen ich meine Zeit lieber verbringen würde.

Mir fällt auf, dass Zayn ihr schon zum vierten Mal den Becher mit Punsch füllt. Und inzwischen habe ich das Gefühl, dass möglicherweise etwas nicht ganz richtig ist. Cecilia ist deutlich anders. Sie wirkt viel offener und zwischendurch bilde ich mir ein, dass sie beim Gehen ein wenig schwankt.

Deshalb schnappe ich mir nun ebenfalls einen der roten Plastikbecher und fülle mir diesen mit Punsch auf. Dabei lasse ich die Prinzessin und Zayn für einen kurzen Moment aus den Augen, da sie ohnehin gerade mit Olivia beschäftigt sind, die sich zu ihnen gesellt hat.

Ich nippe an dem Punsch, der eine süßliche Note hat. Allerdings schmecke ich den bitteren Geschmack von Alkohol deutlich heraus. „Shit", seufze ich und möchte mich zu Cecilia umdrehen. In dem Moment stellt sich mir aber Olivia in den Weg.

„Hey, amüsierst du dich?", erkundigt sie sich bei mir und versperrt mir die Sicht auf die Prinzessin und ihre Begleitung.

„Ehm.. ja", antworte ich. Es ist gelogen, aber ich möchte das Gespräch auch nicht besonders in die Länge ziehen.

„Hast du Lust zu tanzen?", fragt Olivia mich und greift nach meiner Hand. Sie zerrt mich ein Stück Richtung Tanzfläche, jedoch bleibe ich stehen und ziehe meine Hand aus ihrer, um mich nach Cecilia umzusehen. Doch sie steht nicht mehr dort, wo ich sie zuletzt gesehen habe und auch von Zayn ist keine Spur.

„Weißt du, wo die beiden hin sind?", frage ich Olivia, die schuldbewusst zur Seite blickt. Da wird mir klar, dass ihre Freundlichkeit bloß Ablenkung war, damit Cecilia sich mit Zayn davonschleichen kann. „Wo sind sie?", frage ich nun direkt.

„Sie sind in die Richtung raus", antwortet Olivia und deutet auf die Tür, die zu den Zimmern der Bewohner des Ostflügels führen.

Schnellen Schrittes eile ich aus dem Raum und finde mich in der Mitte des Flügels wieder, von dem aus es mehrere Abzweigungen gibt. Gott sei Dank begegne ich einem Schüler, der gerade aus seinem Zimmer kommt.

„Weißt du, wo Zayns Zimmer ist?", frage ich ihn. Er weist mich in eine Richtung, der ich folge und schließlich erblicke ich von weitem die geöffnete Tür, aus der ich Stimmen höre.

Als ich den Raum betrete, finde ich Cecilia vor, die mit dem Rücken zur Wand steht. Zayn lässt gerade von ihr ab und hebt unschuldig seine Hände. „Es tut mir leid, Cassie", sagt er. In dem Moment packe ich ihn an den Schultern und ziehe ihn von Cecilia weg, die überrascht die Augen weitet.

Zayn befreit sich aus meinem Griff und wirbelt herum.

„Geht es dir gut?", frage ich an Cecilia gerichtet und möchte einen Schritt auf sie zugehen. In dem Moment packt mich Zayn allerdings am Oberarm und stößt mich unsanft nach hinten. „Was ist dein verschissenes Problem?", fährt er mich an.

„Hat er etwas getan, was du nicht wolltest?", frage ich wieder an die Prinzessin gerichtet und ignoriere Zayn.

„Du hast Nerven, Alter", knurrt Zayn und packt mich am Kragen. „Du bist doch derjenige, der sich nicht von ihr fernhalten kann. Verfolgst uns den ganzen Abend und mischt dich jetzt auch in Angelegenheiten ein, die dich nichts angehen. Was hast du gehofft zu sehen? Wolltest du spannen, du Perverser?"

Ein Schnauben entweicht meinen Lippen und ich schüttele den Kopf. „Ganz bestimmt nicht", sage ich bedacht ruhig und möchte mich aus seinem Griff befreien, doch Zayn krallt sich fester in den Stoff meines Shirts.

„Hört auf damit", meldet sich Cecilia zu Wort, die ihre Stimme endlich wiedergefunden hat. Sie ist mittlerweile ein paar Schritte auf uns zugegangen und sieht verängstigt zwischen Zayn und mir hin und her.

„Zayn hat nichts falsch gemacht", nimmt sie ihn in Schutz. Ihrem Blick nach zu urteilen, als ich den Raum betreten habe, wirkt das aber eher wie eine Lüge.

„Da hast du es", sagt Zayn und lässt endlich von mir ab.

„Lass uns gehen, Cassie", sage ich nun an die Prinzessin gerichtet.

„Alter, sie entscheidet selbst, wann sie geht. Und sie muss es nicht mit dir tun", sagt Zayn und sieht mich fassungslos an.

„Ist schon gut, Zayn. Ich bin wirklich müde und mir geht es nicht so gut. Ich werde gehen", sagt Cecilia allerdings. Ohne sie wäre ich ohnehin nicht von hier weggegangen. Und wenn ich sie über meine Schulter hätte werfen müssen, dann hätte ich auch das gemacht.

***

„Du hättest ihn nicht direkt angreifen müssen", weist Cecilia mich zurecht, als wir den Westflügel erreichen und vor ihrer Zimmertür stehenbleiben.

„Ich habe getan, was in dem Moment notwendig erschien. Es sah aus, als wäret Ihr in Gefahr. Ich habe nur meinen Job gemacht", erläutere ich ihr und bin genervt davon, dass sie mein Handeln infrage stellt. „Außerdem wäre es nicht soweit gekommen, wenn Ihr Euch nicht weggeschlichen hättet, Prinzessin"

„Du hättest dennoch nicht so handgreiflich werden müssen", erwidert sie bissig. Ich ahne, dass diese Diskussion zu nichts führen wird. Dennoch fühle ich mich vor den Kopf gestoßen.

Du bist unglaublich naiv!", platzt es aus mir heraus.

Fassungslos sieht Cecilia mich an. „Du vergisst, mit wem du sprichst", sagt sie plötzlich. Und wieder einmal zeigt sie mir damit, dass meine Meinung über sie richtig ist. Sie ist nicht nur naiv, sondern hält sich verdammt nochmal für etwas Besseres nur, weil sie die Prinzessin ist.

Da ich meinen Job allerdings nicht riskieren möchte, lege ich meinen Stolz ab. „Verzeiht mir, Prinzessin", zeige ich mich reuevoll und senke meinen Blick.

Cecilia schweigt. Offenbar hat sie nicht damit gerechnet, dass ich so schnell nachgebe. „Okay", sagt sie bloß. Nervös knetet sie ihre Finger. „Ich fühle mich nicht besonders gut. Ich werde mich hinlegen und schlafen. Danke für deinen Dienst heute", fügt sie daraufhin hinzu.

Ich nicke anerkennend. „Gute Nacht, Prinzessin", erwidere ich und warte, bis sie in ihrem Zimmer verschwindet.

Die kommenden Wochen oder Monate werden ein Heidenspaß. Nicht.

The Princess's SecretWhere stories live. Discover now