Kapitel 26

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Jake

Am nächsten Morgen bin ich bereits früh wach. Allgemein habe ich in der Nacht kaum ein Auge zugetan.

Ich weiß nicht, was genau Cecilia geträumt hat. Doch ihrem Zustand nach zu schließen, muss es schrecklich gewesen sein. Ich habe sie wimmern und schreien hören. Nur deshalb bin ich in ihr Zimmer gestürmt und habe sie wachgemacht.

Es mag nicht richtig sein, im selben Bett wie die Prinzessin zu schlafen. Doch noch weniger fühlte es sich richtig an, Cecilia nach der überstandenen Panikattacke, die sie überfiel, einfach alleine zu lassen. Das konnte ich nicht übers Herz bringen.

Sie wirkte so zerstreut und erschöpft und zugleich war sie noch immer voller Angst. Ich weiß, wie sich das anfühlt. Ich weiß, wie schlimm es ist.

Und wenn es Cecilia auch nur ansatzweise ein gutes Gefühl gegeben hat, dann sind mir sämtliche Regeln an dieser Stelle egal.

Mein Blick ruht auf Cecilia, welche noch immer schläft. Sie sieht viel entspannter aus, als gestern. Ihre Lippen sind leicht geöffnet und ihr hängt eine Haarsträhne im Gesicht, welche mich ein wenig stört, da ich ihren Anblick so gar nicht in vollen Zügen genießen kann.

Bevor ich überhaupt darüber nachdenken kann, streiche ich ihr die Haarsträhne aus dem Gesicht. Dabei berühren meine Fingerspitzen ihre zarte Haut. Ich fahre mit meinen Fingern über ihre Wange und meine Mundwinkel zucken leicht nach oben.

Als ich realisiere, was ich tue, schüttele ich mit dem Kopf und möchte meine Hand wegziehen, doch in dem Moment greift Cecilia mit ihren Fingern nach meiner Hand und hält sie mit ihrer fest.

Mein Herz schlägt augenblicklich schneller. Ich spüre ein warmes Kribbeln, welches sich wie ein Schleier über mich legt.

Cecilia beginnt sich zu rühren. Blinzelnd öffnen sich ihre braunen Augen und sie sieht mich verschlafen an. Ihre Lippen zucken sofort zu einem Lächeln nach oben, welches ich gar nicht anders kann, als zu erwidern. Langsam wandert ihr Blick zu unseren Händen. Ihre Wangen färben sich rot und sie möchte die Hand wegziehen, doch ich bin schneller und greife nun nach ihrer Hand. Sanft fahre ich mit dem Daumen über ihren Handrücken.

„Wie fühlst du dich?", erkundige ich mich bei ihr.

„Gut", erwidert sie und presst ihre Lippen fest aufeinander. Zögerlich sucht sie mit ihrem Blick nach meinem und als unsere Augen sich wieder treffen, verblasst auch der letzte Hauch von Unsicherheit in ihnen. „Wie fühlst du dich?", fragt sie zurück.

„Auch gut", antworte ich ihr.

Sie lächelt. Und ich lächle zurück.

Mehr als dieses wunderschöne Lächeln brauche ich nicht, damit es mir gut geht. Ich verliere mich in ihren braunen Augen. Eine Weile sehen wir einander bloß tief in die Augen. Und obwohl wir kein Wort reden, kommunizieren wir dennoch miteinander.

Meine Augen huschen zu ihren Lippen, welche leicht geöffnet sind und ich erwische Cecilia dabei, wie auch ihre braunen Augen zu meinen Lippen wandern. Wie an jenem Abend, als wir uns den Sonnenuntergang am See angesehen haben, überkommt mich auch jetzt wieder das unstillbare Verlangen, sie zu küssen. Doch das darf ich nicht.

„Ich mache uns Frühstück", teile ich Cecilia mit und lasse ihre warme Hand los, um mich auf dem Bett aufzusetzen. „Hast du einen bestimmten Wunsch?", erkundige ich mich und werfe einen letzten Blick auf sie zurück.

Cecilia wirkt enttäuscht. Und ich fühle diese Enttäuschung ebenfalls. Doch so sehr sich mein Herz nach ihr sehnt, mein Verstand verbietet es mir. Und auch, wenn es schwer ist, es ist das einzig richtige auf meinen Verstand zu hören.

„Pfannkuchen..", murmelt Cecilia.

„Okay", erwidere ich und stehe von ihrem Bett auf. Ich werfe einen letzten Blick auf sie zurück. Wie sie so daliegt, mit ihren zerzausten Haaren und den müden Augen, wünschte ich mir, dass es jeden Morgen für den Rest meines Lebens so sein würde. Doch umso trauriger macht mich die Tatsache, dass es niemals so sein wird.

Sie ist mir zum Greifen nah, gleichzeitig liegt sie in unerreichbarer Ferne.

***

„Wir könnten heute am See spazieren gehen", schlage ich vor, als wir eine halbe Stunde später am Tisch sitzen.

Ich reiche Cecilia den Sirup, welchen sie sich über ihren Pfannkuchen gießt.

„Hm", macht Cecilia und nickt einverstanden. Ihren Blick behält sie dabei auf ihren Teller gerichtet. Oder besser gesagt meidet sie es, mir in die Augen zu sehen.

„Cecilia", sage ich, woraufhin sie den Blick von ihrem Teller löst und mir in die Augen sieht. Ich kann das Gefühl nicht ignorieren, dass ich ihr in irgendeiner Form Unrecht getan habe. „Habe ich irgendetwas falsch gemacht?", möchte ich wissen. Besorgt sehe ich sie an und widerstehe dem Drang nach ihrer Hand zu greifen, welche nur wenige Zentimeter von meiner entfernt auf dem Tisch ruht.

„Nein, du hast nichts falsch gemacht", antwortet Cecilia und schüttelt mit dem Kopf. Doch so ganz glauben kann ich ihr das irgendwie nicht. Dass ihr etwas auf dem Herzen liegt, kann ich deutlich sehen.

„Rede mit mir, Cecilia", bitte ich sie.

Cecilia seufzt und lehnt sich zurück. Ihren Blick löst sie nun von ihrem Teller und richtet ihn auf mich. In ihren braunen Augen spiegelt sich noch immer dieser traurige Ausdruck wider. „Du hast nichts falsch gemacht, in Gegenteil. Du hast alles richtig gemacht. Du machst immer alles richtig", antwortet sie mit einem bedauernden Unterton in ihrer Stimme.

„Was kann ich tun, um dich glücklich zu sehen?", möchte ich wissen.

Ein Lächeln schleicht sich auf ihre Lippen. „Geh mit mir an den See und du machst mich zur mit Abstand glücklichsten Prinzessin auf der ganzen Welt", antwortet sie.

Nun formen sich auch meine Lippen zu einem Lächeln. „Euer Wunsch sei mir Befehl, Prinzessin", erwidere ich übertrieben hochgestochen.

Daraufhin beginnen wir beide zu lachen und ich spüre, wie der Klang ihres wunderschönen Lachens mein Herz erwärmt und mich mit Glücksgefühlen erfüllt. Ich liebe es, wenn sie lacht.

Ich würde ihr so gerne sagen, wie sehr ich es liebe, sie lachen zu sehen.

Doch ich kann nicht.

Ich darf nicht.

The Princess's SecretWhere stories live. Discover now