48. Entlassung

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Wann genau ich dann doch eingeschlafen war, wusste ich nicht. Doch durchgeschlafen hatte ich nicht. Jede Stunde wurde ich geweckt um zu kontrollieren, dass ich ansprechbar war. So wenig wie diese Nacht hatte ich schon lange nicht mehr geschlafen. Ich fühlte mich schrecklich als ich um kurz nach 7 Uhr geweckt wurde. 

Nachdem sich die Krankenschwester nach meinem Wohlbefinden erkundigt hatte und mir mitteilte, dass bei der Visite entschieden werden würde ob ich vielleicht doch noch eine Nacht hier bleiben muss, gab sie mir eine Zahnbürste, Zahnpasta und ein Handtuch, so dass ich mich ein wenig frisch machen konnte. 

Mühsam quälte ich mich aus dem Bett und musste kurz innehalten als ich aufstand, da sich mein Kreislauf bemerkbar machte.

Vor dem Spiegel erschrak ich. Ich war blass, hatte rote Augen, tiefe dunkle Augenringe und die Haut auf meinem Wangenknochen hatte sich großflächig blau und lila verfärbt. Auch meine Haare waren ein einziger großer Knoten. Ich sah schrecklich aus. 

Schnell putzte ich mir die Zähne und wusch mir vorsichtig das Gesicht, bevor ich wieder zu meinem Bett schlurfte. 

Kurz darauf bekam ich mein Frühstück, aber wirklich Hunger hatte ich nicht. Nebenbei ließ ich den Fernseher laufen. Zwischendurch fielen mir immer wieder die Augen zu. 

Anscheinend war ich irgendwann wieder eingeschlafen, denn als ich die Augen wieder öffnete saß Victoria auf dem Stuhl neben mir. "Guten Morgen Schlafmütze. Du siehst ja richtig erholt aus!", begrüßte sie mich mit ironischem Unterton. "Danke, dir auch einen guten Morgen.", murrte ich vor mich hin. 

"Wie geht es Vita?", fragte ich dann sofort, nachdem ich mich vorsichtig gestreckt hatte. Victoria holte ihr Smartphone aus der Tasche und hielt mir ein Bild hin. "Ihr geht es gut. Ich war gestern noch etwas länger bei ihr. Sie stand ganz friedlich auf der Wiese und hat gefressen. Heute morgen auch. Ich habe dir auch ein paar Klamotten mitgebracht. Und kurz bevor ich gefahren bin, habe ich deinen Mitbewohner kennengelernt!", verkündet sie grinsend. 

Verwirrt sah ich sie an. "Er kam grade an, als ich die Sachen für dich zusammengesucht habe. Ich habe mich mega erschrocken als er plötzlich hinter mir den Wohnwagen betrat!", fing sie weiterhin grinsend an zu erzählen. "Er scheint ziemlich aufbrausend zu sein. Anscheinend dachte er, dass ich eingebrochen wäre und bis er mich hat alles erklären lassen, wurde er ziemlich laut!" 

Ich konnte mir bildlich vorstellen, wie er sich vor Victoria aufgebaut hat und wahrscheinlich nicht der freundlichste war. Aber das er schon so früh ankommen würde, hätte ich auch nicht gedacht. Aber ohne Handy konnte ich ihm auch nicht erzählen das Victoria Sachen von mir holen sollte. 

"Sorry. Eigentlich ist er ganz nett!", entschuldigte ich mich bei ihr für sein Verhalten. "Schon gut. Nachdem er mich hat alles erklären lassen, war er eigentlich auch ganz nett und hat mir geholfen deine Sachen zusammen zu suchen.", winkte sie ab. 

"War er alleine?", fragte ich, da mich interessierte wer von seinen Freunden mitgekommen war. "Nein, vor dem Wohnwagen stand ein blonder Kerl. Ähnlich alt wie dein Mitbewohner, groß und sportlich. Warum? ", antwortete sie. "Nur so. Ich war nur neugierig wem ich so unter die Augen treten muss.", und deutete auf mein Gesicht und das Vogelnest auf meinem Kopf. 

Ihrer Beschreibung nach, war Leon dabei und auf ihn hätte ich gut verzichten können. 

"Dann sehen wir mal zu, dass wir dich etwas auf Vordermann bringen.", sagte Victoria und zog meine Bürste aus der Tasche. Ich griff danach, doch bei dem Versuch mich aufzusetzen durchfuhr ein schmerzhafter Stich meine rechte Seite der mich nach Luft schnappen ließ. 

"Warte... Setzt dich einfach auf die Bettkante und ich mache dir die Haare.", bat sie an. Vorsichtig rutschte ich aus dem Bett. Victoria kniete sich hinter mich auf die Matratze und begann vorsichtig meine Haare zu kämmen.

Nachdem Victoria meine Haare zu einem französischen Zopf geflochten hat und ich mir meine Klamotten angezogen hatte, fühle ich mich schon besser. Sie hatte mir eine Jogginghose und ein Top mitgebracht, ebenso wie einen frischen BH, Slip und Socken. 

Nun warteten wir auf die Visite, damit ich hier endlich raus kam. Wir unterhielten uns über alles mögliche, angefangen bei unserer Kindheit. 

Dabei stellten wir fest, dass diese bei uns beiden relativ ähnlich verlaufen ist. Rubi ist Victoria's zweites Pferd. Als Kind hatte sie ein Reitpony bekommen, welches jetzt sein Rentner-Leben auf der Wiese verbrachte. 

Ich erzählte über meine Kader-Aufnahme und von Prime. Allerdings ließ ich meinen Unfall und alles was danach passierte aus. Zum Glück hakte Victoria auch nicht weiter nach.

Es klopfte an der Tür und der Arzt kam herein. "Würden sie das Zimmer kurz verlassen?", bat er Victoria welche nickte und vom Stuhl aufstand. 

"Wie geht es ihnen heute? Haben sie Schmerzen?", fragte mich der Arzt, nachdem Victoria das Zimmer verlassen hatte. "Solange ich mich nicht bewege, halten sich die Schmerzen in Grenzen. Ansonsten geht es mir ganz gut.", beantwortet ich brav seine Fragen. "Das ist gut. Ihr Blutbild ist weitestgehend unauffällig. Nur ihr HCG-Wert ist leicht erhöht. Der erhöhte Wert kann allerdings verschiedene Ursachen haben. Deshalb bitte ich sie, in den nächsten Tagen ihren Gynäkologen aufzusuchen.", informierte er mich. 

Diese Information verwirrte mich. War ich krank? War es was schlimmes? Doch ich äußerte meine Fragen nicht. Ich wollte einfach nur noch hier raus. "Dann werde ich gleich direkt einen Termin für Montag machen!", versicherte ich ihm und hoffte, dass ich jetzt endlich das Krankenhaus verlassen konnte. 

"Das ist gut. Dann werde ich gleich ihre Entlassungspapiere fertig machen und dann dürfen Sie gehen.", erfüllte er meine Hoffnung und verließ das Zimmer. Das waren doch mal gute Neuigkeiten. Hoffentlich muss ich nicht noch all zu lange auf die Papiere warten.

Kurz nachdem der Arzt weg war, kam Victoria mit zwei Kaffeebechern zurück ins Zimmer. "Ich wusste leider nicht wie du deinen Kaffee trinkst, deswegen habe ich dir einen Milchkaffee mitgebracht.", sagte sie lächelnd und hielt mir einen der beiden Becher entgegen. Ebenfalls lächelnd nahm ich den Becher entgegen.

"Danke, der Kaffee hier auf der Station schmeckt echt widerlich!", merkte ich an. "Was hat der Arzt gesagt?", erkundigte sie sich, nachdem sie sich wieder auf den Stuhl gesetzt hatte. 

"Das ich heute entlassen werde. Ich soll mich schonen, nicht schwer heben, keine ruckartigen Bewegungen machen und wenn ich mich schlechter fühlen sollte, den nächsten Arzt oder die nächste Klinik aufsuchen.", erzählte ich ihr in Kurzfassung. "Das hört sich aber doch gut an. Wann bekommst du die Entlassungspapiere?", fragte sie neugierig. "Ich hoffe das es nicht zu lange dauert.", antwortete ich ihr und zuckte mit den Schultern. 

Da wir uns danach eine Weile anschwiegen, griff ich nach meinem Smartphone und öffnete Max Chatverlauf. 

Hey Max, ich werde heute aus der Klinik entlassen. Victoria ist bei mir und wartet mit mir auf die Entlassungspapiere, um mich danach zum Wohnwagen zu bringen. Du brauchst die also keine Sorgen um mich zu machen😘. Marius ist wohl schon da und ist alles am abbauen. Ich hoffe du hast eine schöne und erfolgreiche in Monza. Ich vermisse dich❤️ Kathi 

schrieb ich ihm schnell eine Nachricht. Anschließend schrieb ich Marius, dass ich nur noch auf die Papiere wartete, um entlassen zu werden.

"Hast du eigentlich einen Freund?", fragte ich Victoria. Ich hatte mich die ganze Zeit über schon gefragt, warum sie bei Sophie wohnte wenn sie doch schwanger war. 

Traurig schüttelte sie den Kopf. "Nein, leider nicht mehr. Mein Ex hat mich vor ein paar Wochen vor die Tür gesetzt, da er schon länger eine neue hatte. Ich bin bei meiner Mutter untergekommen, bis ich was neues habe.", erklärte sie bedrückt. 

Ob ihr Ex wusste das sie schwanger ist? Sie tat mir auf jeden Fall unglaublich leid. Niemand sollte betrogen und anschließend vor die Türe gesetzt werden. Das hatte keiner verdient. 

"Das tut mir leid!", sagte ich aufrichtig. "Ich werde es schon überstehen. Ich habe eine tolle Familie die hinter mir steht.", sagte sie jetzt schon wieder etwas fröhlicher. Ich nickte, da ich ebenfalls davon überzeugt war, dass ihre ganze Familie hinter ihr stand und sie in allen belangen unterstützen wird, auch wenn ich bislang ihren Vater noch nicht kennengelernt hatte.

Von Anfang an anders (Max Verstappen FF)Where stories live. Discover now