Epilog

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POV Yuna

Ich schraube an der Unterseite eines Autos, nachdem mein Vater bereits Feierabend gemacht hat. In den letzten Wochen arbeite ich oft länger, um all die Aufträge abzuarbeiten, die wir bekommen. Die Werkstatt läuft besser denn je und hin und wieder sehe ich sogar, dass mein Vater stolz lächelt. Er hat diesen Betrieb mit eigenen Händen aufgebaut und all sein Herzblut hineingesteckt. Seit Helena weg ist, verbringe ich jede freie Minute hier und das macht sich bezahlt. Als ich höre, wie sich die Tür öffnet, die mein Vater scheinbar nicht zugeschlossen hat, stöhne ich genervt auf. „Wir haben geschlossen", sage ich laut, weil ich keine Lust habe, extra meine Arbeit zu unterbrechen. Ich drehe eine Schraube fest, als ich Schritte in meiner Nähe höre und dann ein Geräusch am Tresen. Scheinbar hat der Kunde keine Ahnung, wie spät es bereits ist. Leicht gereizt rolle ich mich unter dem Auto hervor und stehe auf, um denjenigen zur Rede zu stellen. Allerdings ist niemand zu sehen, stattdessen steht eine Dose auf dem Tresen. Als ich näherkomme, erkenne ich, dass es einer dieser Cocktails in der Dose ist, bei dem ich nie weiß, wer sich so etwas ernsthaft antut. Ich greife danach und kaum habe ich den Schriftzug gelesen, verzieht sich mein Mund zu einem Grinsen.

„Ich habe gehört, es gibt etwas zu feiern?", ertönt meine liebste Stimme hinter mir und als ich mich umdrehe, sehe ich Helena hinter dem Auto hervortreten. Sie grinst verschmitzt und ich stelle die Dose sofort wieder auf den Tresen, um die Hände frei zu haben. Mit wenigen Schritten bin ich bei ihr und hebe sie in meine Arme. Lachend schlingt sie ihre Arme um meinen Hals, während ich mich mit ihr im Kreis drehe. Es ist jetzt zwei Monate her, dass sie angenommen wurde und fürs Studium weggezogen ist. In dieser Zeit haben wir uns kaum gesehen und meistens nur telefoniert. Seit unserer Nacht im Hotel gab es jedoch keinen Zeitpunkt, an dem ich daran gezweifelt habe, dass ich mit ihr zusammen sein will. Sie vertraut mir seitdem alles an, was sie bewegt und ich habe das Gefühl, sie schon ewig zu kennen. Die Woche, in der sie noch hier war und alles gepackt hat, haben wir ausschließlich gemeinsam verbracht. Ich durfte nicht bei ihr schlafen dank Kyles Beschützerinstinkt, doch wir haben trotzdem fast jede Nacht zusammen verbracht. Wir waren an all den Orten, an denen ich früher mit Etienne immer war und ich habe Helena gezeigt, wo meine Mutter begraben ist. Sie hat mich schließlich sogar dazu gebracht, mit meinem Bruder in Kontakt zu treten. Es ist lange nicht alles gut zwischen uns, doch ich bin bereit, ihn irgendwann wieder Teil meines Lebens werden zu lassen. Jetzt ist es bereits Herbst und es wird immer kälter, der Sommer wirkt immer ferner. Hin und wieder vermisse ich Helena so sehr, dass ich es kaum aushalte. Wenn ich sie dann jedoch wiedersehe, weiß ich, dass sich jede Sekunde des Wartens gelohnt hat. „Warum hast du nicht Bescheid gesagt?", frage ich, nachdem ich sie heruntergelassen habe und ihr in die Augen sehen kann. Sie lächelt und streichelt meine Wange, als sie meint: „Weil ich dieses Gesicht an dir sehen wollte." Ich muss leicht schmunzeln, weil sie es noch immer schafft, mich zu überraschen. Am Wochenende feiert Liv Geburtstag und hat uns alle dazu eingeladen. Eigentlich hatte Helena gesagt, dass sie es nicht schaffen würde, zu kommen. „Du bist fies", sage ich grinsend, doch sie zieht mich als Antwort einfach zu sich und küsst mich. Sofort erwidere ich den Kuss, weil ich sie schrecklich vermisst habe und ziehe sie noch dichter zu mir. „Du hast mir gefehlt", raunt sie mir zu und fährt mit ihrer Hand unter mein Shirt. Sie weiß genau, was sie damit bei mir bewirkt und ich liebe es, dass sie es genau deswegen tut. Seit der Nacht im Hotel ist sie nicht ein Mal unsicher in meiner Nähe gewesen, wenn es um Berührungen ging. Ich spüre, dass sie sich in ihrer Haut wohlfühlt, wenn wir miteinander schlafen und es beflügelt mich jedes Mal aufs Neue. Ich grinse in den Kuss hinein und hebe sie in meine Arme, um sie mit in das Büro zu nehmen, wo eine Couch steht. „Müssen wir nicht bald los?", fragt sie, unterbricht unseren Kuss jedoch nur für wenige Sekunden. Ihrer Stimme kann ich anhören, dass ihr das gerade genauso egal ist wie mir. Also greife ich nach dem Stoff ihres Pullis und flüstere: „Dafür haben wir noch Zeit."

My hardest riseWhere stories live. Discover now