Kapitel 35

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Schnell lasse ich Mika stehen und laufe raus auf die Terrasse. Helena läuft über die Wiese, doch ich schaffe es, sie einzuholen, bevor die anderen sie wahrnehmen.

Schnell greife ich nach ihrem Arm und ziehe sie kurzerhand mit mir. Verwirrt folgt sie mir hinters Haus und löst sich aus meinem Griff, als ich stehenbleibe. „Was machst du denn?", fragt sie verwirrt und ich muss leicht über ihren Gesichtsausdruck schmunzeln.

„Was ich schon längst hätte tun sollen", flüstere ich, beuge mich zu ihr und küsse sie. Überrascht von meiner Geste zuckt Helena zurück und stößt gegen die Wand. Keine Sekunde später schlingt sie jedoch ihre Arme um meinen Hals und zieht mich dichter zu sich. Wie lange habe ich auf diesen Moment gewartet und er übertrifft alle meine Vorstellungen. Mit meiner Hand fahre ich in ihren Nacken und vertiefe den Kuss. Sie schmeckt nach Vanilleeis und Sommer und es macht mich süchtig. Unser Kuss ist viel zu intensiv, aber wir können es eindeutig beide nicht kontrollieren. Helenas Duft umhüllt mich und ich bekomme nicht genug von ihren Lippen.

Als ich mich für eine Sekunde von ihr löse, sieht sie zu mir auf und ein beflügeltes Lächeln liegt auf ihren Lippen. Ihre Wangen sind leicht rosa und ihr Atem ist genauso schnell wie meiner. „Du bist so süß, Red Russian", sage ich und sofort bekomme ich einen Schlag gegen die Schulter von ihr. „Du sollst mich nicht so nennen", protestiert sie, doch ich ersticke ihre Proteste, indem ich sie wieder zu mir ziehe. Sofort krallt sie sich in mein Shirt und erwidert meinen Kuss voller Leidenschaft. Nie hätte ich gedacht, dass solch eine Intensität in ihr steckt, ich kann nicht leugnen, dass es sie noch interessanter macht. Ihre Hand fährt über meinen Arm und sie will mich an meiner Hand näher zu sich ziehen, vergisst aber wie immer, dass sie noch immer verletzt ist. „Och Leni", ächze ich, nachdem ich mich ruckartig von ihr gelöst habe und halte mir kurz meine schmerzende Hand. Helena grinst verschmitzt und entschuldigt sich sofort, scheint jedoch ziemlich froh darüber, dass ich ausnahmsweise unabsichtlich ihren richtigen Spitznamen verwendet habe. Sie greift nach meinem Handgelenk und betrachtet den Verband, der schon etwas abgenutzt aussieht. „Willst du nicht doch mal zum Arzt gehen?", fragt sie besorgt, doch ich schüttele gleich den Kopf und entziehe ihr meine Hand. Sie wirkt nicht überzeugt davon, doch ich schaffe es, sie zum Lächeln zu bringen, indem ich meinen Zeigfinger mit ihrem verhake. „Lass uns zurück zu den anderen gehen, bevor sie sich fragen, wo wir sind", sage ich und Helena nickt. Sie grinst leicht und ich ziehe fragend eine Augenbraue hoch, weil ich nicht weiß, was sie denkt. „Vielleicht spiele ich öfter, wenn du Casanova dadurch weich wirst", sagt sie, drückt mir einen Kuss auf die Wange und lässt mich stehen. Schmunzelnd sehe ich ihr hinterher und schüttele den Kopf, weil ich nicht fassen kann, wie glücklich ich gerade bin. Und das alles nur wegen eines jungen Mädchens, das magische Hände und viel zu weiche Lippen hat.

POV Helena

Gegen späten Nachmittag gehe ich mit Liv und Ashley einkaufen, während die anderen das Programm für die nächsten Tage planen. Als wir zurückkommen sind Etienne und Yuna mit dem anderen Auto weg, weil Yunas Hand sich scheinbar entzündet hat. Es war ja eigentlich klar, dass so etwas passiert und sie zu stolz ist, um die Schmerzen vor mir zuzugeben. Kyle lacht nur über ihre Sturheit, scheint sich dann jedoch auf Ashley zu konzentrieren. Er nimmt sie mit herunter zum See, was mich freut. Erstens denkt er dann nicht mehr an Yuna und zweitens scheint Ashleys distanziertes Verhalten, tatsächlich etwas gebracht zu haben. Alex und Mika spielen Karten miteinander, weshalb ich drinnen nach Liv gucke. Sie steht wie so oft in der Küche und räumt die Einkäufe weg, während sie zu spanischer Musik umhertanzt. Ich beneide sie manchmal wirklich um ihre Lebensenergie und Ausstrahlung. Als sie mich bemerkt, grinst sie und nimmt meine Hand, um mich mehrmals im Kreis zu drehen. Während sie das Obst in eine Schale legt, flötet sie: „Es war schön, dich mal wieder spielen zu hören. Alex hat es auch gefallen." Verlegen lächele ich und versuche, von mir abzulenken und gleichzeitig bei ihr nachzuhaken: „Was ist da eigentlich mit Alex und dir?" Livs Blick trifft kurz meinen, doch dann wendet sie sich ab und zuckt mit den Achseln, während sie die Milch in den Kühlschrank stellt. „Komm schon", bettele ich und schnappe mir einen von den Äpfeln, um direkt reinzubeißen. „Er hat mir jedenfalls kein Stück vorgespielt", sagt Liv und wirft mir einen wissenden Blick zu. Sofort laufe ich rot an und grummele, dass sie eine Spielverderberin ist. Schmunzelnd kommt sie zu mir und legt freundschaftlich einen Arm um mich. „Leb dich aus, Kleine. Selbst wenn nur diesen einen Sommer", flüstert sie mir zu und gibt mir einen Kuss auf meinen Kopf. Ich lächele ihr dankbar zu und helfe dann beim Auspacken der restlichen Sachen. Zusammen bereiten wir eine Nudelpfanne für das Abendessen vor, wobei ich nur Gemüse schnippeln darf. Es ist in gewisser Weise eine beruhigende Aktivität und macht mir nach einigen Minuten sogar Spaß.

„Du gibst ihr ein Messer in die Hand? Gefährlich", reißt mich eine Stimme aus der Konzentration und ich sehe, dass Yuna und Etienne wieder da sind. Liv wirft Yuna direkt einen belustigten Blick zu und meint: „Ihr kennt die Notaufnahme ja jetzt schon, da bin ich das Risiko eingegangen." Ich verdrehe die Augen über die Beiden und gebe Yuna einen Klaps auf die Hand, als sie eine meiner Tomaten klaut. Grinsend wirft sie sie in ihren Mund und lehnt sich auf den Tresen vor mir. Ich betrachte ihre Hand, die jetzt einen schickeren Verband trägt und will nachfragen, doch Etienne kommt mir zuvor. „Es war natürlich entzündet, weil Madame sich ja nur im Dreck aufhält", sagt er und Liv schüttelt lachend den Kopf. Yuna grinst mich schief an und sieht dabei unwahrscheinlich süß aus. Obwohl sie nur kurz weg war, spüre ich, dass ich sie vermisst habe. „Idiot", forme ich leise mit meinem Mund, doch sie zuckt nur entschuldigend mit den Achseln. Dann greift sie mit ihrer verbundenen Hand über den Tresen und streicht mit ihren Fingern sanft über meine Hand. „Schneid dich nicht", haucht sie mir zu, grinst selbstbewusst und läuft dann an Etienne vorbei ins Bad.

Schnell widme ich mich wieder den Tomaten, kann aber nicht verhindern, dass ich lächeln muss.

My hardest riseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt