Kapitel 5

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23.September 1968

Hermine fand sich am Rande des verbotenen Waldes wieder.

Die feinen Lackschuhe voller Dreck, stapfte sie mitsamt ihrem Koffer den Hügel hinauf.

In der Ferne sah sie bereits den Gryffindor Turm, wie er sich über die Wolken erhob.

Wenige Minuten später stand sie vor dem damals noch prunkvollen Schloss Hogwarts.

Auch, wenn es 30 Jahre zuvor war, erkannte sie es wieder.

Den Charme, dieses Gefühl, zuhause zu sein, welches sie so plötzlich verließ.

Sie hatte keinen Plan, keine Idee, nur ihren Verstand und die Gewissheit, dass hier niemand sie kannte oder nur als „die Freundin von dem Jungen der überlebte" bezeichnete.

Wenn sie richtig lag, müsste Bellatrix 17 gewesen sein und immer noch auf Hogwarts studieren.

Die Hexe mit dem struppigem, braunem Haar passierte die Pforte und fand sich in einer gewaltigen Menschenmenge wieder.

Einer Masse von jungen Ravenclaw Schülerinnen, die sie mit großen Augen betrachteten.

Hermine merkte, dass immer noch ihre normale Kleidung aus dem Jahre 1998 trug.

„Bei Merlins Bart!" Murmelte sie und eilte in das Schulgebäude.

Sie wollte gerade in Richtung Klassenräume abbiegen, als eine unbekannte Dame sie am Ärmel packte und durch die Gänge schleifte.

„Was tragen sie für ein seltsames Gewand und – und sie kommen mir nicht wie eine Schülerin vor!"
Die brünette Dame mit dem olivgrünen Umhang setzte ein verdutztes Gesicht auf.

Es war eine junge Minerva McGonagall, wahrscheinlich in ihren ersten Jahren als Lehrerin, dachte sich Hermine.

„Nein – nein." Stammelte sie: „Ich will zum Schuldirektor, ich bin umgezogen. Mein Vater sagt, ich solle mich bei ihm melden -"
„Umgezogen?" Die Hauslehrerin von Gryffindor führte ihre zukünftige Schülerin die massive Treppe empor, klopfte dreimal an die antike Eichentür und sie betraten Dumbledores Büro.

Sein Zimmer war in ein helles blau getaucht, etliche Globen standen dicht an dicht auf den Regalen und die Gemälde hatten wie immer ihr Eigenleben,

Dort saß er, lebendig wie eh und je und steckte sich ein Zitronenbonbon in den Mund.

„Wen hast du mir denn da mitgebracht, Minerva?" Der Schulleiter sah wesentlich jünger aus, trug dennoch seinen geliebten purpurfarbenen Umhang.

„Albus, sie sagt, sie sei neu. Ihr Vater habe sie zu euch geschickt."

„Wirklich?" Er suchte zwischen den Süßigkeitenpapieren und Schokofroschkarten nach Unterlagen.

„Dann tut es mir leid, meine Liebe, ich muss gewiss hier mal ordentlich einen Aufräumzauber vollziehen. Wie heißt du, Kind?"

Darüber hatte Hermine sich kaum Gedanken gemacht.

„Hermine -" Sie biss sich auf die Lippe: „Hermine Selwyn. Meine Familie hat bis jetzt in Frankreich gelebt, mein Vater wurde vor kurzem hierher versetzt."
Professor Dumbledore erhob sich und reichte ihr die Hand: „Willkommen in unserer Schule, Ms. Selwyn."

Danach warf dieser seinem Phönix einen freudigen Blick zu und schaute in das irritierte Gesicht seiner Kollegin.
„Aber Albus, in welchem Haus wird sie wohnen?" McGonagall runzelte die Stirn.

„Na ja, wie wäre es, wenn Ms. Selwyn erst einmal Freunde findet und heute Abend in einer weiteren Zeremonie eingeteilt wird?"
Hermine nickte peinlich berührt und verließ mit erhobenem Zauberstab das Schulleiterbüro.

Hermine Selwyn.

Ein ungewohnter Name, so fand sie.

Nun wanderte sie mitsamt ihrem Koffer durch den Flure ihrer Schule.

Sie wollte es genießen, genießen, dass sie so wunderschön heile war.

Und das in vollen Zügen.

Freunde finden.

Ein Haus aussuchen.

Gryffindor, so schwebte es ihr im Kopf.

Hermine vermisste seit langem das wärmende Kaminfeuer, ihr flauschiges Bett und die Aussicht, aus ihrem geliebten Turm, auch, wenn es nur für kurze Zeit war.

- Aufgabe Bellatrix Black finden, Treffen verhindern, zurückreisen, Galleonen bekommen -

Ihr einziger Ausweg schien ihr liebster Ort.

Und so durchstreifte sie wenig später die scheinbar endlosen Buchreihen der Schulbibliothek.

Sie war verdutzt, hatte sie doch angeblich all diese Werke gelesen.

Nein, 1968 besaß eine menge Exemplare, die sie später wohl abgeschafft hatten.

Wie "die besten anti-Pickel Pasten, Tanzen mit Thestralen oder die 100 besten Scherze", um seine Lehrer reinzulegen.

Das letztere wurde wohl erst aus Hogwarts verbannt, als Fred und George kamen.

Hermine erspähte aus dem Augenwinkel ein Buch mit einem unbekannten Buchrücken, sie griff gerade danach, als -

„Finger weck! Das ist meins, Püppchen!"

„Wie bitte – was?" Sie fuhr aus der Haut und stolperte gegen das hintere Regal, aus welchem ein Stapel an Büchern purzelte.

Es war die Person auf der anderen Seite des Buches, die ebenfalls an diesem zerrte.

„Hast du mir nicht zugehört? Das ist meins! Ich habe es zuerst gehabt!"

Hermine versuchte, die Person zu entdecken.

Diese schob ein weiteres Exemplar über zeitgenössische Kunst zur Seite und die junge Hexe starrte sie mit offenem Mund an.

Sie sah nur ihre Augen, doch dies genügte.

Hermine verlor sich dermaßen in diesen, dass sie erst mehrere Sekunden später aufschreckte.

Diese Augen kannte sie.

Diese, die das letzte mal vor Mordlust nur so funkelten.

Doch nun waren sie weicher, die Augenlider zarter.

Die Fremde drehte sich plötzlich um und streifte durch die restlichen Regale.

Die braunhaarige Hexe eilte ihr nach, sah ihren rücken und erfasste gerade noch ihren Umhang.

„Was – Wer bist du? Lass mich los!"

Die Schülerin wandte sich Hermine abrupt zu.

Nun war sie sich sicher.

Dies war das Mädchen von dem Foto.

Ihre Lippen leuchteten blutrot, rabenschwarze Locken fielen ihr sanft über den Samt ihrer Kleidung und ihre Haut glänzte rosig.

Nein. Dies war nicht Bellatrix Lestrange.

Dies war Bellatrix Black.

Narcissa Malfoy hatte Recht, dachte sich Hermine, diese beiden waren zwei vollkommen unterschiedliche Menschen.

Bellamione - Ihr geliebtes MonsterWhere stories live. Discover now