Auf Krawall gebürstet

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Kapitel 12

*** Auf Krawall gebürstet ***

28. Mai 1764


Ich wurde von fiesen Unterleibskrämpfen geweckt und fuhr erschrocken hoch! Verdammt, das hatte ich vergessen, ich stillte nicht mehr und nun würde mein normaler Zyklus wieder einsetzen. Innerlich stöhnte ich auf und verfluchte es ein wenig, wieder jünger zu sein. „Mi sol, was ist los?" hörte ich meinen Templer neben mir schläfrig fragen. Erst jetzt fiel mir auf, dass es noch gar nicht wirklich hell war, es musste also noch recht früh am Morgen sein. „Nichts, schlaf einfach weiter. Ich werde mir schon einmal einen Tee machen lassen." meinte ich leise und gab ihm noch einen Kuss. Diese Mischung, welche mir meine Schwester damals überlassen hatte, war mir in Erinnerung geblieben und so ging ich im Morgenrock leise hinunter.

In der Küche fand ich die Haushälterin bereits vor, welche mich jetzt erschrocken ansah. „Mistress Kenway, ihr habt mich erschreckt! Geht es euch nicht gut, oder ist etwas mit Master Edward?" kam es hastig aus ihrem Mund. „Nein es geht schon. Aber ich bräuchte einen Tee für mich und wollte fragen, ob wir hier alle Kräuter dafür da hätten?" ich zählte sie auf und sie nickte immer. „Miss Scott hat eine ansehnliche Sammlung an Kräutern und dergleichen in ihrem Gewächshaus." Dann ging sie an den großen Schrank hinter sich und holte einige Tongefäße heraus, nahm sich einen kleinen Messlöffel und fing an alles zusammen zumischen. „Mistress Kenway, soll ich den Tee dann, wenn er gezogen ist, hinaufbringen? Hier zu warten würde doch zu lange dauern." in ihrem Blick sah ich, sie konnte sich denken, wogegen dieses Heißgetränk half! „Danke...?" sah ich sie fragend an, ich wusste gar nicht wie die Dame hieß! „Rachel Byrne, Mistress Kenway. Verzeiht, ich habe mich überhaupt nicht vorgestellt bei euch. Master Kenway kennt mich ja bereits." sie knickste jetzt etwas verlegen, doch ich nahm ihr das nicht übel. So etwas kann schon mal passieren.

Nachdem ich noch kurz draußen auf dem Abort war, ging ich hinauf in unser Zimmer und fand meinen Mann wach vor. Er hatte eine Petroleumlampe angemacht und las in einem Buch. „Da bist du ja wieder, Alex. Du siehst ziemlich blass aus, ist es das, was ich befürchte....?" fragte er zögerlich und wurde etwas rot im Gesicht. „Ja, leider." seufzte ich und ließ meinen Kopf an seiner Schulter nieder. Kurz darauf, gerade als mir Haytham leise aus dem Buch vorlas, klopfte es und Rachel brachte mir den Tee. Dankend nahm ich ihn entgegen und sie ging leise mit einem Knicks wieder. Diese heiße Flüssigkeit war einfach eine Wohltat und ich trank begeistert. Das Vorlesen meines Mannes tat mir ebenfalls gut, auch wenn ich überhaupt nicht verstand, worum es da gerade ging, weil ich nur mit einem halben Ohr zuhörte, doch seine Stimme beruhigte mich einfach.

Ich ließ mir unser Treffen mit Mr. Owens von gestern noch einmal durch den Kopf gehen. Seine Liste mit Schmuckstücken, welche er sich wünschte, war schnell zusammengestellt und gemeinsam hatten wir ein Sendschreiben an Master Bradshaw und auch eines an den Duke, welches ihn hoffentlich nicht allzu spät erreichen würde, geschickt. Darin hatte ich genaue Beschreibungen der Ohrringe oder auch des Colliers hinterlassen. Unter anderem fragte Mr. Owens nach einem Ring, nicht irgendeinem! Er suchte nach einem passenden Geschenk für seine Gattin, mit welcher er dieses Jahr bereits 40 Jahre verheiratet wäre! Ich beglückwünschte ihn natürlich, das war schon eine Leistung, so lange zusammen zu sein. Im August würden sie ihren runden Hochzeitstag begehen und er lud uns ein, doch leider würden wir schon nicht mehr hier in London sein. Bedauernd lehnte ich die Einladung ab, beschloss aber, mich um diesen Wunsch explizit dann zu kümmern! So lange verheiratet sein...

Ich vernahm ein gespielt frustriertes Seufzen. „Ich glaube, da könnte ich auch einem Stein gerade einen Vortrag halten. Der würde aufmerksamer zuhören, mi sol!" doch in seinen Augen sah ich dieses Glitzern, wenn er amüsiert war. „Entschuldige, aber ich versuche zuzuhören, den Tee nicht zu verschütten, die Krämpfe weg zu atmen, mir Gedanken über einen 40. Hochzeitstag zu machen UND auf unseren Sohn zu achten. Ich bin nicht Wonderwoman, mi amor!" bei meinen Worten musste ich selber lachen und er sah mich ungläubig an. „Wer ist Wonderwoman?" Achja, Superhelden gab es so in dieser Zeit ja gar nicht und ... gut, ich erklärte es ihm und erntete große Augen. „Das stelle ich mir sehr unangenehm vor, wenn jemand Spinnennetze mit den Händen verschießen kann." und er schüttelte sich. „Diese Helden brauchen aber nun mal immer eine besondere Fähigkeit, sonst wäre es ja langweilig, oder?" Nach gut einer halben Stunde, hatte ich, so hoffte ich, alle Superhelden aufgezählt. Ganz so bewandert war ich nicht darin, aber ich war stolz, dass ich ihm endlich auch einmal ein Stück meiner eigenen Kindheit näher gebracht hatte.

Even when your kind appears to triumph - Part 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt