Ein neuer Einwohner in der Stadt

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New York – Kapitel 8

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Ein neuer Einwohner in der Stadt



Ich ging ein Stück zurück und aus der Kajüte hinaus, ich brauchte kurz frische Luft. Mein Verlobter kam langsam hinter mir her. „Alex, sieh mich an. Es ist erledigt!" meinte er nur und nahm mich in den Arm. „Bei Odin, warum finde ich das gerade so befreiend? Ich habe es... sogar ein bisschen genossen, es war wie eine Genugtuung..." ich versuchte mir selber einen Reim auf mein Handeln zu machen. „Aber auf der anderen Seite, tun mir diese Männer leid. Es ist gerade ein wenig verwirrend!"

„Das wird es hoffentlich auch immer bleiben, wenn man erst aus Gewohnheit tötet ohne jegliches Gefühl, wäre es noch viel schlimmer." kam es in einem beruhigenden Ton von Haytham. „Was machen wir jetzt mit den Leichen? Wir können sie schlecht hier lassen." fragte ich, der Gedanke kam mir plötzlich. „Ich habe dafür einige Helfer. Komm, du wirst sie kennenlernen und dann weißt du auch, wer dir bei solchen Angelegenheiten helfen wird in Zukunft!" damit nahm er meine Hand und zog mich vom Schauplatz des Geschehens fort. Die anderen vier Leichen hatten wir schon versteckt, also würden wir noch einen Moment haben, bevor hier jemand Verdacht schöpfen würde.

Wir gingen durch die Straßen, hinein in die ärmeren Viertel und kleinen dreckigen Gassen. Es war wie in einem typischen alten Krimi mit Hinterhofatmosphäre, als wir an einem schäbigen Haus ankamen. Der Großmeister klopfte und wir mussten eine Weile warten, ehe im oberen Stockwerk ein Fenster geöffnet wurde. „Wer stört um diese Uhrzeit?" brüllte eine tiefe Männerstimme nach unten. „Haytham Kenway!" rief er nur zurück, aber in seinem Tonfall lag der Befehl, SOFORT zu öffnen. „Oh verzeiht, ich habe euch nicht gleich erkannt, Master Kenway!"

Kurz darauf standen wir in einem schummrigen Ess- und Wohnzimmer. Ein etwa 50-Jähriger braunhaariger Mann saß uns gegenüber, nachdem man mich auch noch vorgestellt und begrüßt hatte. Sein Name war Thomas Edgyu, gebürtiger Brite und seit 10 Jahren hier. Er hörte Haythams Bericht zu und nahm die Anweisung entgegen, die Leichen zu entsorgen. Das ging ja schnell, dachte ich nur.

Als wir dieses Haus verließen, war es weit nach Mitternacht und ich spürte die Müdigkeit allmählich in meinen Knochen und auch meinem Geist. „Ich bin so wahnsinnig erschlagen jetzt, ich will nur noch ins Bett, mi amor!" meinte ich beim Gehen an ihn gelehnt. „Das glaube ich dir gerne, mir geht es nicht anders. Dann lass uns zusehen, dass wir schnell zum Fort kommen!" meinte er jetzt grinsend und zog mich hinter sich her. Haytham vergaß gerne mal, dass ich nicht so lange Beine wie er hatte. Doch ich hielt einiger Maßen Schritt. Leise öffneten wir die Tür, es war alles ruhig und alle anderen schienen schon zu schlafen.

Wir wollten gerade hinauf, als Mrs. Marge im Gang zur Küche auftauchte und uns erstaunt ansah. „Master Kenway, Mrs. Frederickson? Ihr kommt aber spät zurück, ist alles in Ordnung? Braucht ihr etwas?" fragte sie besorgt, als sie auf unsere etwas schmuddelige Kleidung sah. „Danke, wir brauchen nichts. Es war nur eine harte Nacht in der Taverne. Ihr wisst ja, Männer!" meinte ich zwinkernd und sie grinste breit. „Gute Nacht, Marge!"

Als ich endlich im weichen Bett lag und mich an Haytham schmiegte, hörte ich die anerkennenden Worte „Du hast dich heute als echte Templerin bewiesen, Alex. Ich bin stolz auf dich und ich liebe dich über alles!" und bekam einen vorsichtigen Kuss in meine Halsbeuge mit anschließender Gänsehautgarantie. „Danke!" war alles was ich darauf sagen konnte und schob mich enger an meinen Verlobten und drückte seine Hand. „Ich liebe dich auch, Haytham." und dann fielen mir die Augen zu.


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Der Tag nach Carolines Tot

20. Dezember 1762



Ich wurde durch ein Poltern geweckt und wollte schon meckern, dass ich mich beizeiten bei Faith für dieses Wecken rächen werde! Doch es war Haytham der für diesen Krach verantwortlich war. Als ich mich aufsetzte, sah ich nur, dass er am Fenster stand und hinaus starrte. „Was ist los?" fragte ich plötzlich alarmiert, neben ihm stand seine Reisetruhe, sie war offen. Nichts ungewöhnliches, aber sie war nicht so ordentlich, wie er sie gestern Abend noch hinterlassen hatte.

Ich sprang aus dem Bett und eilte, ohne auf eine Antwort zu warten, zu meiner eigenen. Sie war ebenfalls durchwühlt worden! Aber Odin sei Dank hatte ich hier nichts wichtiges drin. Alle Schriftstücke oder ähnliches bewahrte ich in meiner Stahltruhe auf, welche sich im Templerzimmer versteckt hinter einer zweiten Wand befand. Shay hatte es mir angeboten, als ich auf die Wichtigkeit hingewiesen hatte.

„Haytham, fehlt etwas? Wer hat hier eingebrochen? Und... warum?" ich stellte mich neben ihn und sah ihn fragend an. „Ich vermute, dass es doch einer dieser Lakaien geschafft haben muss, hier einzudringen, ohne bemerkt worden zu sein. Aber, weißt du was wieder seltsam ist? Ich kann keine Spuren sehen, es ist, als wäre hier ein... Geist gewesen, doch DESSEN Spuren könnte ich sehen." sprach er völlig gedankenverloren und seine Augen zeugten von deutlicher Skepsis und Verwirrung.

Schon gestern war es eigentlich eigenartig, dass er keine Spuren ausmachen konnte. Mir kam aber ein anderer Gedanke. „Haytham, ich könnte mir denken, warum hier jemand die Sachen durchwühlt hat und warum man auf der Jackdaw ebenfalls gesucht hat." meinte ich jetzt etwas erleichterter. „So? Dann klär mich bitte auf, ich tappe nämlich noch völlig im Dunkeln." kam es immer noch sauer von meinem Verlobten. „Ich habe Seekarten, persönliche Notizen und das Logbuch der HMS Iron Duke an mich genommen. Ich gehe davon aus, die Damen und Herren hätten sie gerne wieder in ihrem Besitz." erklärte ich ihm die Sachlage.

„Alex, das ist es. Wir sind noch gar nicht dazu gekommen, die ganzen Dinge genauer zu inspizieren! Wo sind diese Unterlagen eigentlich?" Haytham war sichtlich optimistischer jetzt. „Sie sind in meiner gesicherten Truhe unten. Shay hatte sie dort verstecken lassen, weil sie einfach zu wichtig ist." mein Verlobter gab mir einen freudigen Kuss und hob mich hoch. „Für so vorsichtig und umsichtig hatte ich dich gar nicht gehalten, Mrs. Frederickson." grinste er mich jetzt breit an.

„Danke, Master Kenway, aber ob ihr es glaubt oder nicht, auch ich weiß, wie man ein Geheimnis hütet!" damit bekam er von mir ebenfalls einen freudigen Kuss und so umschlungen standen wir einfach da. Ich musste diese Idylle leider unterbrechen, meine Füße froren gleich ab und wieder einmal machte ich mir eine Notiz, dass ich dringend Hausschuhe hier brauchte.

Magda klopfte zögerlich und kündigte an, dass das Frühstück fertig sei. „Eigentlich würde ich..." kam es raunend von Haytham, doch ich ließ ihn nicht ausreden. „Dazu haben wir später sicherlich noch Zeit, mi amor." und schenkte ihm ein Lächeln, welches keine Missverständnisse aufkommen ließ. „Ich nehme dich beim Wort, das weißt du!" und seine Hand nahm meinen Hintern in Beschlag und drückte zu.

Ich lief knallrot an, meine Gedanken waren schon wieder in der Kloake versunken. Unten im Esszimmer trafen wir das übliche geordnete Chaos an. Ich hatte meine provisorische Zofe noch gebeten, meinen Ornat zu reinigen, der sah im Hellen betrachtet, wirklich schäbig aus nach der Nacht.

Faith kam auch gleich ohne Umschweife auf mein Schiff zu sprechen. „Und? Konntet ihr die Jackdaw vor diesen Leuten beschützen?"

„Ja, es waren jetzt auch nicht so wahnsinnig viele von ihnen. Neun insgesamt und mit einem hatten wir noch einen netten Plausch!" grinste ich sie breit an und vernahm neben mir ein Schnauben. „Diese Frau hat es Faustdick hinter den Ohren, dem Kerl wurden die Finger einzeln gebrochen, damit er redet!" doch er grinste mich an und Shay sah mich ebenfalls mit einer hochgezogenen Augenbraue an.

„Was? Sollte ich ihn lieb fragen und auf einen Tee einladen? Aus dem Alter bin ich nun wirklich raus und... wenn ich ehrlich bin, hier kann ich meine erlernten und trainierten Fähigkeiten endlich vernünftig einsetzen." meinte ich etwas maulig! „Hat er wenigstens auch den Mund aufgemacht?" fragte mich meine Schwester einfach. „Ja, hat er und der Duke ist tatsächlich nicht mehr in Philadelphia, sondern HIER. Und ihr werdet es nicht glauben, in welchem Anwesen er Hof hält!" sagte ich in Richtung Shay. „Hopes Anwesen, schätze ich mal. Dort wurde vor ein oder zwei Wochen tatsächlich von einem möglichen Einzug eines neuen Besitzers gesprochen. Verdammt, ich hätte dem mehr nachgehen sollen. Es tut mir leid, Master Kenway!" kam es entschuldigend.

„Woher solltet ihr das wissen, Shay?" sagte Haytham in seinem privaten Tonfall dem Iren gegenüber. „Aber ich denke, Alex und ich sollten uns dort einmal umsehen. Der Morgen ist wie geschaffen dafür."

„Und ich habe auch noch ein paar Besorgungen zu machen, das passt perfekt, Haytham." lächelte ich an. Faith und Shay wollten Cillian wie versprochen besuchen und machten sich auch nach dem Frühstück auf. „Wenn ich fragen darf, mi sol. Was musst du noch besorgen?" sein fragender Blick war Goldwert. „Ich brauche noch Geschenke für die Kinder, Haytham. Ich hatte eigentlich vorgehabt, July die Puppe zu Weihnachten zu schenken. Aber ich muss gestehen, in dem ganzen Vorbereitungstrubel bei mir, sind alle andere Feierlichkeiten vergessen gewesen!"

Wir machten uns zu Fuß auf den Weg, ich brauchte ein wenig frische Luft und auf dem Weg zum Anwesen, kamen wir an genügend Läden vorbei, in denen ich auch fündig wurde. July bekam noch eine Miniaturausgabe ihres Pferdes auf Rollen aus Holz und Cadan würde einen weiteren Satz Zinnsoldaten erhalten. Sie waren wunderschön bemalt und ich staunte über die präzise Arbeit, es war alles handgefertigt. Fantastisch, wenn ihr mich fragt!

Als wir in die Nähe von East Village und dem besagten Anwesen kamen, wurde die Atmosphäre etwas anders. Hier lebten die besser betuchten Bürger und das bekam man auch zu spüren. Wir hielten uns ein wenig bedeckt, damit wir ein bisschen von den Gesprächen der Passanten mitbekamen. Oft ist es ja, dass man so auch schon erfährt, wer wo wohnt oder auch andere interessante Neuigkeiten und Tratschgeschichten.

Und tatsächlich unterhielten sich zwei Damen über den neuen Zuzug in der Stadt und schwärmten von dem Anwesen. Von ihm selber hätte man ja nur kurz die wehenden Rockschöße gesehen, welche aber sehr nobel ausgesehen haben sollten. Man freue sich außerdem, wenn der erste Empfang oder ähnliches anstand. Seine Tochter war ja in einem heiratsfähigen Alter.

Seine Tochter? Soweit wir wussten, war er zwar verheiratet, aber hatte keine Kinder. Woher kam plötzlich der Nachwuchs? Leider erfuhren wir nichts weiter und gingen ein bisschen um das große Grundstück herum. Haytham kannte es noch grob, aber meinte, es sei schwierig, dort hinein zu gelangen. Gerade jetzt war es besser bewacht, als der Tower in London! Und es gab auch nicht wirklich eine Möglichkeit über diese riesige Mauer zu kommen. Etwas frustriert machten wir uns wieder auf den Weg zurück zum Fort Arsenal, es wäre bald Mittag!

Doch mein Verlobter führte mich einmal quer durch die Gassen und wir standen vor einem Geschäft, welches hochwertige Kleider anbot. „Haytham, ich habe Kleider genug." lächelte ich ihn an, doch seine Reaktion war völliges Erstaunen. „Alex, willst du nur im Unterkleid zu unserer Hochzeit erscheinen?" fragte er grinsend. „Nein, natürlich nicht. Aber ich habe doch..." er unterbrach mich. „Ja, ich habe gesehen, welche Kleider du dabei hast. Ich will aber ein anderes für dich." er zog mich hinter sich her in den Laden und der Besitzer machte ein freudiges Gesicht, anscheinend gut betuchte Kundschaft zu haben.

„Ich freue mich, dass ihr Weg sie in mein bescheidenes Geschäft führt. Was kann ich für euch tun, Sir, Miss?" fragte der kleine Mann vor uns, der aussah wie ein Hobbit und ich musste mir ein Kichern verkneifen. „Ich suche ein Kleid für meine Verlobte zu unserer Hochzeit in einigen Tagen und mir wurde ihre Schneiderei empfohlen, Mr. Gready!" Aha, davon hatte er mir gar nichts erzählt, aber ich war gespannt, was man mir so anbieten würde!

Es dauerte nicht lange und Mr. Gready reichte mir ein 2-teiliges Kleid, welches aus einem schwarzen Überrock und einem beigefarbenen Seidenoberteil bestand. Dieses war wie ein Gehrock geschnitten und fiel links und rechts über den weiten Überrock. Es sah fantastisch aus und ich musste auch nichts weiter sagen. 

 Die Anprobe fand kurzerhand auch gleich statt und nachdem noch hier und da kleinere Änderungen vorgenommen werden mussten, sollte das Kleid an uns geliefert werden in den nächsten Tagen

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 Die Anprobe fand kurzerhand auch gleich statt und nachdem noch hier und da kleinere Änderungen vorgenommen werden mussten, sollte das Kleid an uns geliefert werden in den nächsten Tagen. „Danke!" meinte ich und gab Haytham einen langen Kuss, welchen er mit einer festen Umarmung erwiderte.

Jetzt gingen wir aber endlich zurück, es war schon spät geworden und wir würden jetzt nicht mehr pünktlich zum Mittagessen erscheinen. Wirklich eilig hatte ich es aber auch nicht, ich genoss die Zeit mit meinem Templer alleine einfach. „Wir müssen so langsam mitteilen, dass wir planen Silvester zu heiraten, mi amor. Ich möchte nicht noch länger damit warten. Sonst fühlt sich deine kleine Schwester überrannt und sie ist ja auch noch nicht wieder ganz gesund. Auch wenn ich im Moment noch Bedenken habe, wegen Caroline. Ihr Tod nimmt Faith ganz schön mit, sie tut mir so leid!" meinte ich etwas geknickt und sah ihn an, auch Haytham überlegte, wann ein günstiger Zeitpunkt sei. Doch den würde es wohl vorerst gar nicht geben.

 Doch den würde es wohl vorerst gar nicht geben

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Even when your kind appears to triumph - Part 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt