2- Besuch des Prinzen

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Der Salon der Crucis besaß zwei Sofas – eins davon war Lennox Schlafplatz – , ein Bücherregal und eine Wanduhr, darüber hinaus gab es eine Küchennische mit Kühlschrank, Herd und Ofen, ein Badezimmer und eine Tür, die zu der Mädchen- und Jungenkajüte führte. Alea ging zur Küchennische und suchte die Zutaten für die Kekse heraus. Sie verrührte sie, knetete den Teig und formte anschließend wie üblich kleine Anker daraus und legte sie aufs Backblech. Da sie die einzige an Bord war, die Backen konnte, wurde sie von Sammy zur Keksbäckerin ernannt und backte regelmäßig für die anderen Crewmitglieder. Eigentlich hauptsächlich für Sammy, der süchtig nach ihren Keksen war und täglich so viele verdrückte, wie alle anderen Mitglieder zusammen.
Alea schob das Backblech in den Ofen und schaltete ihn an. Dann zog sie sich vorsichtig die schwarzen Lederhandschuhe mit abgeschnittenen Fingerkuppen aus, um ihre Hände zu waschen. Früher hatte sie sie nur angezogen, damit niemand ihre Knubbel sah, die zwischen ihren Fingern waren. Diese Knubbel, die aussahen wie eingefallene, verkrustete Kaugummiblasen. Einfach hässlich. Aber auch jene Knubbel, die sich im salzigen Meerwasser in starke, sehnige Schwimmhäute verwandelten. Jetzt trug sie die Handschuhe nur noch aus Gewohnheit und weil sie einfach zu ihr passten.
„Ich wünschte, ich hätte die auch", hörte Alea plötzlich eine Stimme an ihrem Ohr. Fast wäre sie zusammengezuckt, aber dann trocknete sie sich nur schnell die Hände ab und lehnte sie an Lennox, der direkt neben ihr stand. Ein starker Arm legte sich um ihre Schultern, zog sie zu sich hin. Sie sog Lennox Duft nach Wärme, Weite und Wasser ein, der sie beruhigte und für sie wie Nachhausekommen war.
„Weißt du, dass du viel zu schnell wieder gegangen bist?", fragte er leise.
„Und weißt du, dass du eigentlich mit Putzen dran bist und Tess jetzt wahrscheinlich wieder alles macht?", konterte Alea, doch sie klang kein bisschen ärgerlich, eher verträumt. Es war schön, Lennox wieder so nahe zu sein, auf einem kleinen Schiff wie der Crucis war es für ein Paar schwer, ungestört zu sein. Wenn nicht gerade die Schmusezecke Sammy an Alea hing, dann waren häufig Ben und Tess in der Nähe. Und Tess wollte sie auf keinen Fall damit belasten, sie so zu sehen, denn immerhin war sie ja in Alea verliebt gewesen und obwohl sie Alea schon mehrmals vergewissert hatte, dass es für sie in Ordnung ging, war Alea selbst noch davon überzeugt, dass Tess noch nicht ganz über sie hinweg war.
Doch auf Aleas Kommentar reagierte Lennox nur mit einem Nasenrümpfen. Vielleicht war das Plankenschrubben für ihn als Krieger des Vergessens etwas unter seiner Würde.
„Ist doch Tess Entscheidung, meinen Putzdienst zu übernehmen", meinte nur noch. Mit einer schnellen Bewegung drehte er Alea zu sich herum, sodass ihre Gesichter sich ganz nah waren. Gerne hätte Alea ihn jetzt geküsst, doch im nächsten Moment kam ihr etwas in den Sinn. „Die Kekse!", rief sie und löste sich aus Lennox' Griff. Grinsend sah Lennox dabei zu, wie sie sich hastig die Backhandschuhe überstreifte und das Blech aus dem Ofen holte. Diesmal waren ihr die Kekse sogar perfekt gelungen, gut, dass sie noch rechtzeitig dran gedacht hatte! Natürlich klaubte Lennox sich gleich einen Keks vom Blech und biss hinein. Leider war er noch ziemlich heiß, Lennox verbrannte sich die Lippe und ließ den Keks fallen. Doch dank seinen guten Reflexen als Oblivion fing er ihn auf, bevor er auf dem Boden landete. Alea lachte auf, doch es klang künstlich und auch noch viel zu hoch. Ihr dummes Herz schlug auch gerade so verdammt schnell und himmelte ihren Freund dafür an. Zu allem Übel spürte sie auch noch, wie sie knallrot wurde. Sie presste sich ihre Hand auf die Brust, um ihr Herz festzuhalten. „Jetzt beruhig dich mal wieder", sagte sie zu ihm. Lennox grinste und lachte leise. Er kam zu Alea und legte seine Hand an ihre Wange. Behutsam strich er über ihre blasse Haut und schaute ihr dabei unverwandt in die Augen. Langsam wanderten seine Finger hinter ihre Ohren und berührten die verkrusteten Knubbel – oder Raffnarben – die sich unter Wasser in Kiemen verwandelten. Ein wehmütiger, fast trauriger Ausdruck trat in Lennox' azurblaue Augen. Er machte keinen Hehl daraus, dass er Alea um ihre Kiemen und Schwimmhäute beneidete. Lennox konnte zwar als Mischling ewig die Luft unter Wasser anhalten und superschnell schwimmen, doch das war nur ein sehr kleiner Trost für ihn.
Sein Blick versenkte sich wieder in Aleas und schien ihr bis auf die Seele zu schauen. „Genau, alles ist gut"
Dann trafen sich ihre Lippen.

Alea Aquarius - Die Magie der SchwesternWo Geschichten leben. Entdecke jetzt