69 - Abschiedsgeschenke der Königin

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Alea fühlte sich wie erschlagen. Sie war sich todsicher, dass sie Cassaras nun endgültig als ihren Verbündeten verloren hatte. Eine panische Angst keimte in ihr auf: Was, wenn Cassaras sich in seinem Gram und Verzweiflung über das Nixenvolk Orion anschloss? Sie war ihm egal, und das Meervolk verabscheute er sicher auch. Er hatte seinen Sinn verloren, alles, wofür er in den letzten Jahren mit allen Mitteln, ob recht oder nicht, gekämpft hatte. Um ehrlich zu sein, verspürte Alea tiefes Mitleid mit ihm. Auch wenn es vielleicht dumm war.

Auf einmal überkam sie jedoch wieder die Schwäche, und ihr wurde schwarz vor Augen. Vorsichtig schleifte Luigi sie zurück zum Sofa, sorgsam darauf bedacht, dass sie nicht in die Scherben traten. Als Alea wieder einigermaßen bei Sinnen war, bemerkte sie, dass das Zimmer ein einziges Chaos war. Duzende Scherben und Splitter aus Porzellan, Glas und Holz säumten den Boden, Reste von dem Tee sprenkelten den Teppich und Staub der abgesplitterten Wandfarbe lag in der Luft.

„Keine Sorge, jetzt wo der Pakt erfüllt ist, werden deine Schmerzen bald verschwinden", beruhigte Haruko sie, wobei ihre Stimme leicht säuerlich und dennoch erschöpft klang.

Nun kam auch Giovanni aus dem hinteren Teil der Wohnung. Luigi erklärte Alea kurz, dass das Teil ihrer Abmachung war: Sollte etwas passieren, war es Luigis Aufgabe, den Silberumhang zu beschützen, während Giovanni auf Ayumi aufpasste. Offensichtlich war die eine Hälfte nun nicht mehr möglich.

Der Italiener versicherte sich, dass es ihnen gut ging, Haruko erkundigte sich nach ihrer Nixenschwester, und dann ging er ihnen etwas Wasser holen. Alea bedankte sich und ließ die kühle Flüssigkeit gierig ihre Kehle hinabrinnen. Danach stellte sie das Glas zurück auf den kleinen Tisch und bückte sich zu den feinen Glassplittern am Boden, die einmal dieser eigenartige Zaubertrank gewesen waren. Es war ein seltsames, fast weiches Glas, das eine milchige Farbe besaß. Runen und Zeichen waren in die Außenseite graviert.

Alea hätte sich gerne noch weiter mit dem Nixenmaterial beschäftigt, da hörten sie plötzlich Geräusche von unten. Jemand war dort! Vor Schreck ließ Alea den Glassplitter fallen und setzte sich kerzengerade auf. Luigi umklammerte den Besen, mit dem er eben noch das Chaos beseitigen wollte, wie eine Waffe.

Nun ertönten auch Stimmen. Erleichtert atmete Alea aus. Es war Sammy! Sie hörte zwar nicht, was der Knirps sagte, aber es war eindeutig er.

Bevor sie jedoch „Falscher Alarm, das sind meine Freunde" sagen konnte, kamen leichtfüßige Schritte die Treppe hinauf. Lennox erschien im Türrahmen, scannte seine Umgebung kurz und entdeckte Alea. Seine Augen weiteten sich und sein Blick flog weiter zu Luigi mit dem Besen sowie Giovanni neben ihr. Die Verblüffung und Erleichterung mischten sich mit Alarmbereitschaft. Fast wäre er auf Luigi losgegangen, da fand Alea ihre Stimme wieder.

„Nicht! Das ist Luigi!"

Sie war schrecklich heiser und leise, doch Lennox verstand schnell. Sofort ließ er von dem armen Mann ab. Der hätte einen weiteren finsteren Typen, den er abwehren muss, kaum vertragen.

„Alea!", rief Lennox nun aus und ging zu ihr. Er schloss sie kurz in eine Umarmung, dann checkte er sie ab. „Ist alles okay?"
Alea nickte matt. „So gut, wie es nur sein kann."

Ein Poltern an der Tür. Jetzt kamen auch die anderen in die Wohnung hinein. Sammy musterte alles mit großen Augen. Auch Tess schien etwas eingeschüchtert von der Tür zu sein, die nur halb in den Angeln hing. Ben kam ohne weiteres auf Alea zu.

„Oh mein Gott, Alea!", entfuhr es ihm. „Hier bist du also! Wir haben uns solche Sorgen gemacht!"

Alea konnte nur nicken. Besorgt schaute sie zur Tür. Ihre Schwester war nicht da.

Alea Aquarius - Die Magie der SchwesternWhere stories live. Discover now