55 - Sorge

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Alea seufzte innerlich. Keine Unterwasserausflüge mehr? Dabei hatten sie gerade erst so viel Spaß gehabt! Das Wasser hier war ideal, keine Auswirkungen der Ölpest oder der Todeszone und es gab anscheinend auch Magische. Zu gerne hätte sie das Mittelmeer genauer erforscht, nach Städten oder anderen Meermenschenartefakten getaucht. Andererseits war es vernünftig, lieber an Bord zu bleiben. Sie waren Orion hoffentlich noch voraus, und das sollte auch so bleiben. Nach der Warnung des Tasfaren war es wohl besser, wenn sie sich versteckten. Aber war das überhaupt möglich? Konnte man vor der Prophezeiung fliehen, oder war es besser, wenn sie sich sofort überlegten, wie sie mit den Auswirkungen klarkamen? Bislang hatte keiner von ihnen einen Schimmer, wie die Prophezeiungen der Tasfaren funktionierten. Konnte man sie umgehen, wie es bei den Silberfadenvisionen der Fall war?

„Zumindest müssen wir dann kein Risiko für den Rofus eingehen", seufzte Lennox und deutete auf das nasse Bündel roten Krautes, das auf dem Couchtisch vor sich hin tropfte.

„Echt nett von den Tasfaren, dass sie das immer für uns holen", murmelte Sammy, der von den neusten Nachrichten wenig begeistert war. Wahrscheinlich hatte er bereits gehofft, dass er bald wieder schwimmen durfte.

„Wer denkt ihr, ist der Feind, von dem der Tasfar gesprochen hat?", fragte er dann, und Angst schwang in seiner Stimme mit.

„Cassaras", brummte Lennox. „Er schleicht sich gerade wieder bei uns ein, was für ein Zufall, dass diese Prophezeiung gerade jetzt kommt."

Alea stöhnte. Natürlich würde Lennox den Nixenprinzen als erstes verdächtigen. Aber er hatte nicht ganz unrecht. Cassaras war unergründlich und würde wohl am ehesten in das Schema des klassischen Verräters und Feindes passen. Viele Geheimnisse, versteckte Motive, keine klare Seite, unverlässlich. Manchmal war er da, manchmal verschwand er wochenlang. Doch weder ihr Kopf noch ihr Bauch wollten vollständig damit zustimmen.

„Ich denke nicht, dass es so einfach ist", meinte sie. „Cassaras wäre die erste Person, die wir vermuten würden, muss der Tasfar uns dann noch informieren?"

„Hättest du ihm denn von dir aus misstraut?"

Alea schaute betreten zur Seite. „Wahrscheinlich nicht."

„Siehst du. Ihr seid kurz davor, ihm vollständig zu vertrauen. Der Tasfar will das verhindern."

„Dafür bist du doch da", scherzte Tess.

„Ich denke auch, dass Cassaras am wahrscheinlichsten ist", stimmte Ben Lennox zu, ohne auf Tess' Bemerkung einzugehen. „Immerhin wussten wir noch nie so richtig, auf welcher Seite er steht. Da ist es wahrscheinlich, wenn er uns doch verrät."

Dem musste Alea zustimmen. Aber trotzdem fragte sie: „Was sagst du denn dazu, Tiara? Immerhin kennst du Cassaras länger und warst eben dabei, hast du vielleicht noch eine Andeutung oder so etwas bemerkt?" Doch sie erhielt keine Antwort. Ihre Schwester war gar nicht mehr im Salon. „Huch, wo ist Tiara? Eben war sie doch noch da."

„Sie ist vor einer Minute ins Bad gegangen", informierte Tess sie. Alea schnaubte. Das war ja wieder typisch für ihre Schwester! Immer verschwand sie oder klinkte sich aus, ohne etwas zu sagen. Sie hatte einfach ihren eigenen Kopf...

Alea hievte sich hoch. Der Flex und ihre Haare klebten noch immer nass an ihrer Haut, den salzigen Geruch nahm sie kaum noch wahr. Es wurde Zeit, dass sie sich umzog.

„Na dann, am besten sind wir in Zukunft vorsichtig mit dem, was wir Cassaras erzählen."

Sie ließ sich von Ben das Handtuch reichen, welches sie zuvor auf den Boden fallen gelassen hat.

„Das gilt besonders für dich, Flipper", wies Ben seinen kleinen Bruder an. „Wie sagt man noch gleich? Hüte deine Zunge!"

„Eine seltsame Redewendung", meinte Tess naserümpfend. „Aber das ist ja in der deutschen Sprache nichts neues." Sie lachte. „Ich frage mich, was es für eigenartige Meermenschensprichwörter gab, die kein Landgänger verstehen kann."

Alea Aquarius - Die Magie der SchwesternWhere stories live. Discover now