Gut und Böse

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Meine Antwort ließ Raphael einen Moment innehalten, dann warf er Luc jedoch einen Blick zu, den ich nicht ganz deuten konnte. „Ich sehe ja, wie gut du auf sie aufpassen kannst." Brummte er und deutete mit einem Nicken Richtung Tür. „Mach dich endlich mal nützlich und hol ihr wenigstens etwas zu essen." Rapahels Aufmerksamkeit wandte sich wieder mir zu und er ließ seinen Blick besorgt über mich gleiten. „Warum machst du das, Elodie?" Doch darauf antwortete ich ihm nicht. Luc verließ nach Raphaels Worten das Zimmer. Ich konnte allerdings noch hören, wie er leise „Und ich dachte, ich wäre hier der Teufel.", murmelte.

Raphael und ich blieben somit alleine in meinem Hotelzimmer zurück. Der blonde Mann hatte sich mittlerweile an die Bettkante gesetzt und sah mich noch immer abwartend an. „Ich weiß nicht, worüber ihr eben gesprochen habt aber Luc ist niemand, dem man vertrauen sollte." Ich lachte leise auf und griff wieder nach meinem Wasserglas. Dass ich nicht lache, das war mir auch schon aufgefallen. „Er hat irgendwas davon gesagt, dass er der Teufel wäre oder sowas. Wenn ich ehrlich bin, habe ich gar nicht richtig zugehört." Meine Stimme war noch immer etwas rau, was ich mit einem Schluck Wasser wieder in Ordnung zu bringen versuchte.

Ich sah, wie Raphael sich kurz durch seine blonden Haare fuhr, mich dann aber wieder mit seinen eisblauen Augen beobachtete. „Nunja, wenn man es so sieht .. ist er das auch." Ich hob eine Augenbraue und stellte das Glas mit einem skeptischen Blick auf den Nachttisch. Raphael wirkte so normal. Hatte ich mich etwa so getäuscht und er war genauso verrückt wie Luc? „Sag mir nicht, du glaubst diesen Scheiß auch noch." Brummte ich und setzte mich langsam etwas auf. Konnten sie nicht einfach alle verschwinden und mich mein normales Leben weiterleben lassen?

„Das muss jetzt vielleicht komisch klingen, Elodie aber ich glaube ihm das nicht nur, ich weiß es." Okay, er war eindeutig genauso verrückt. „Um eins klarzustellen, Raphael. Den Teufel gibt es nicht, genauso wenig wie Engel oder so einen Kinderkram. Das Leben kann manchmal echt beschissen sein und irgendwann endet es eben. Das wars!" Meine Worte schienen Raphael wohl etwas getroffen zu haben, da er für einen Moment den Blick abwandte. Jeder konnte von mir aus glauben was er wollte aber mir andrehen zu wollen, dass Luc der Teufel war und sowas wie Himmel und Hölle dann bestimmt auch noch existierte? Schwachsinn!

Ich wollte gerade dazu ansetzen, meine Erklärung darüber fortzusetzen, dass solche Dinge nicht existieren konnten, als die Tür geöffnet wurde und Luc wieder das Zimmer betrat. „Oh entschuldige Raph, habe ich dich etwa bei deiner Aufklärung gestört?" fragte dieser mit einem wissenden Grinsen und stellte dann einen Teller auf meinem Nachttisch ab, auf dem sich zwei Croissants befanden. „Ich glaube euch diesen ganzen Kram nicht, Punkt. Könnt ihr mir wenigstens erklären, warum ihr ständig an mir klebt wie Kletten? Du hast mich in der Bar also doch angelogen Raphael, du verfolgst uns."

Daraufhin erklang das raue Lachen von Luc und Raphael hielt mir einfach nur den Teller mit den Croissants hin „Du solltest etwas essen, sonst kippst du später direkt wieder um." „Wenn ich mich da kurz einmischen darf .. Er verfolgt nicht euch, sondern nur dich. Wie ein kleiner Schutzengel. So wie Chamuel, oder nicht? Was ist mit Jophiel, Raphael? Erklär ihr doch die ganze Geschichte, wenn du unbedingt darauf bestehst. Ich höre dir gerne zu." Mit einem siegessicheren Gesichtsausdruck ließ sich Luc regelrecht auf einem Stuhl in dem Zimmer fallen und blickte abwartend zu Raphael, der ihn nur mit einem bösen Blick anstarrte.

„Okay, Elodie. Da du mir das sowieso nicht glauben wirst, kann es ja gar nicht so schlimm werden.." fing er an, wartete allerdings ab, bis ich widerwillig den ersten Bissen des Croissants gegessen hatte. „Luc ist nicht der Teufel. Nicht ganz. Er ist sein Sohn aber immer noch nicht halb so schlimm, wie sein Bruder. Ich weiß nicht ob er dir davon erzählt hat aber Satan ist der ältere und somit der Thronfolger, was Luc.. Lucifer .. natürlich gar nicht passt.." Ich unterbrach ihn kurz, als ich mit verwirrtem Blick zu Luc sah „Ich dachte er heißt Zane?" Natürlich war meine Verwirrung nur gespielt. Vermutlich waren sie Mitglieder einer Sekte, die sich mit sowas befasste und immer neue Opfer suchte um irgendwelche Spielchen zu spielen.

„Ja, also .. das ist sein menschlicher Name. Jedenfalls .. will Luc ihm unbedingt den Thron entreißen und braucht dafür dich, warum auch immer. Deswegen sind wir da. Chamuel, Jophiel, ich und noch einige andere, die du aber nicht kennst. In eurer Welt nennt man uns Engel. Wir wollen lediglich verhindern, dass Luc dich einfach aus diesem Leben reißt. So gesehen sind wir also die guten und er .." Er deutete mit einem Nicken Richtung Luc. „ .. ist der Böse."

Wieder runzelte ich mit gespielter Verwirrung leicht die Stirn „Du willst mir also weismachen, dass es sowas wie Himmel und Hölle wirklich gibt?" fragte ich nach, konnte mir ein darauffolgendes Lachen aber nicht verkneifen. „Was ist mit fliegenden Elefanten oder kleinen flauschigen Mini-Dinos in pink? Gibt es die bei euch auch?" Raphael schwieg daraufhin und ich konnte sehen, wie verwirrt er nun selbst war. „Aber du hast doch.." „Oh natürlich, das war eine wirklich tolle Geschichte .. aber vielleicht finden kleine Kinder da eher Gefallen dran." Brummte ich nun und meine Augen verengten sich etwas, während ich die beiden jungen Männer vor mir musterte.

„Danke Raphael, für deine so ausführliche Erklärung aber ich denke, den Rest übernehme ich." Meinte Luc schmunzelnd, erhob sich wieder und trat näher ans Bett heran, bis er fast auf der selben Höhe war wie Raphael. „Ich spreche jetzt einfach mal Klartext, genau so, wie du es dir gewünscht hast. Alles was Raphael gesagt hat, stimmt. Sonst würden wir uns sicher nicht mit einem einfachen Menschen wie dir abgeben." Sowohl Raphael als auch ich blickten Luc nun teils verwirrt, teils böse entgegen. Doch bevor ich etwas zu meiner Verteidigung sagen konnte, kam Raphael mir zuvor.

„Also erstens, wäre ich trotzdem hier, auch wenn du dich irgendwo in deinen jämmerlichen Höhlen verkriechen würdest. Zweitens arbeiten wir nicht zusammen und ich würde mich sicher erhängen, falls es jemals dazu kommen sollte." Sprach er mit einer rauen und zugleich angriffslustigen Stimme. Er war jetzt wohl auch sauer und wiedermal erkannte ich, dass sich die beiden nicht gerade gut verstanden. Genau wie es auch bei Chamuel der Fall gewesen war. „Sag bloß, der Kleingeist ist beleidigt." Raphael war mittlerweile aufgestanden, weshalb nur vielleicht 1 Meter die beiden voneinander trennte. „Ich bin wenigstens nicht so abhängig von meinem Vater wie du und Satan es seid. Schlimm genug, dass Levia so aufwachsen musste aber ich werde nicht zulassen, dass Elodie das auch passiert."

Das Grinsen aus Luc's Gesicht verschwand und er blickte Raphael nun mit einem steinharten Blick in die Augen. Sie starrten sich regelrecht gegenseitig an. „Levia ist der Grund, weshalb Elodie überhaupt mitkommen muss. Hätte sie sich einmal in ihrem Leben richtig verhalten, müsste ich ihr das alles gar nicht antun aber sie war natürlich zu versessen in diesen ach so tollen Azrael. Ihr habt sie aus unserer Familie entrissen und dafür würde ich euch liebend gerne eure mickrigen Flügel rausreißen!" „Es war ihre eigene Entscheidung Lucifer, das hast du selbst gesagt! Wir haben mit all dem nichts zu tun, besonders Elodie nicht. Wenn du ihr auch nur ein Haar krümmst, dann .." „Dann was?.." Luc's Stimme war plötzlich um ein Deutliches tiefer und wirkte nun wesentlich bedrohlicher als zuvor.

„Jungs, hey, könnt ihr bitte aufhören?" Versuchte ich die beiden zu unterbrechen, da sie mir mittlerweile wirklich Angst machten. Sie schienen das ganze Himmel-Hölle-Gedöns ja ziemlich ernst zu nehmen. Dann drehte sich Luc allerdings in meine Richtung und mir stachen sofort seine förmlich glühenden roten Augen entgegen. „Du bist jetzt still, Elodie!" Diesmal gab es keine Zweifel. Ich täuschte mich nicht. Seine Augen glühten wirklich und es war keine Einbildung. „Luc, vielleicht solltest du .." Fing Raphael an, doch Luc unterbrach ihn. „ „Nein! Sie brauchte eine Bestätigung und da hat sie sie. Sie wird mitkommen. Früher oder später. Weder du noch sonst ein kleiner Gehilfe aus eurer Welt wird irgendwas daran ändern können!"

Dann war er einfach verschwunden. Als hätte er sich wortwörtlich in Luft aufgelöst.Ich selbst saß, noch immer geschockt darüber was ich gesehen hatte, auf demBett und starrte auf die Stelle, wo Luc bis vor wenigen Augenblicken nochgestanden hatte. Jetzt herrschte dort gähnende Leere. Nur Raphael stand nochimmer am gleichen Ort, sah nun aber mit einem äußerst besorgten Blick zu mir. „Elodie,ich kann .." Doch weiter kam er nicht, da ich ihn mit einem Kopfschütteln unterbrach. „Raus. Verschwinde!" Ich brauchte eindeutig Zeit zum Nachdenken.

Des Teufels KöniginWhere stories live. Discover now