Nicht auf diese Art

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Als ich meine Augen das nächste Mal öffnete, befanden wir uns im Inneren eines Hauses. Doch es war nicht mein Zuhause. Da Lucifer noch immer neben mir stand und meine Hand in seiner hielt, löste ich diese sofort von ihm und sah mit einem bösen Blick zu ihm hoch. „Was soll das, Lucifer? Ich dachte du bringst mich nach Hause." Beschwerte ich mich natürlich direkt, als ich erkannte, dass diese Umgebung nicht zu meinem eigenen Haus gehörten. Und obwohl es nicht die Hölle war, kam mir dieser Ort seltsam bekannt vor.

Lucifer ignorierte meine Beschwerde allerdings und behielt stattdessen noch immer dieses Schmunzeln auf seinen Lippen. „Du warst schon einmal hier, erinnerst du dich?" fragte er mich und erst dann richtete ich meine Aufmerksamkeit auf meine Umgebung, nur um langsam festzustellen, dass er Recht hatte. Ich war schon einmal hier gewesen, jedoch war dies nun schon einige Monate her. „Warum hast du mich hierher gebracht?" Ich hatte mich noch immer nicht komplett von dem vorigen Moment erholt, warum tat er mir das nun an? Bevor er allerdings die Möglichkeit bekam, diese Frage zu beantworten, trat bereits eine andere Person in mein Blickfeld. „Elli? Was machst du denn hier?"

Ich wusste nicht ganz, ob ich mich freuen sollte, sie zu sehen oder ob ich sie für all das verabscheuen sollte, wofür sie verantwortlich war. Im Endeffekt hatte alles mit ihr begonnen. „Das wüsste ich auch gerne.." brummte ich nur und richtete daraufhin meinen Blick wieder auf Lucifer, genau wie Levia es in diesem Moment tat. „Sie kennt die Wahrheit, Levia. Du hast dafür gesorgt, dass sie Raphael verliert. Also wirst du ebenso wie ich dafür Sorge tragen, dass ihr nichts geschieht." Ich sah ein kurzes Aufblitzen in dem Rot seiner Augen, welches klar und deutlich an Levia gerichtet war, ehe er zu mir blickte und mit einem Nicken zu seiner Schwester deutete. „Ihr solltet euch aussprechen."

Ich wandte mich zu Levia, die mehr nervös als verwirrt darüber wirkte, mich hier zu sehen. Als ich mich erneut zu Lucifer umdrehte, fiel mein Blick lediglich auf die Wand am anderen Ende des Raumes. Von Lucifer war nichts mehr zu sehen. Eine Tatsache, die nun auch mich etwas verunsicherte. „Gewöhn dich schon mal daran, das macht er gerne." Hörte ich seine kleine Schwester hinter mir murmeln, ehe ich mich wieder ihr zuwandte. „Möchtest du einen Tee?" fragte sie mich, doch kurz darauf bildete sich ein schiefes Schmunzeln auf ihren Lippen „Oder vielleicht etwas anders?"

Ich runzelte leicht die Stirn, bis ich verstand was sie meinte. „Tee ist okay." Antwortete ich, woraufhin Levia nur leicht das Gesicht verzog. „Du kannst dich aufs Sofa setzen, wenn du willst. Ich bin gleich zurück." Sagte sie nur und lief daraufhin auch schon Richtung Küche. Noch immer verwirrt darüber, was hier gerade geschah, schlug ich den Weg zum Sofa ein, welches wohl das Wohnzimmer darstellen sollte. Ganz genau hatte ich mir dieses Haus damals nicht angesehen. Ich hatte lediglich Lucifers Schlafzimmer genauer betrachten können. Damals hatte alles noch so einfach gewirkt. Nun war daraus ein riesengroßes Chaos geworden, was mit jedem Augenblick nur noch größer und verworrener wurde.

„Ich sollte mich bei dir entschuldigen, Elodie." Ich hatte mich gerade erst auf dem Sofa niedergelassen, als sie wie aus dem Nichts vor mir erschien und mir ein Glas reichte, welches ich wie automatisch entgegennahm. Die Form des Glases und der Inhalt ließen mich jedoch deutlich daraus schließen, dass es sich dabei ganz sicher nicht um Tee handelte. „Du bist eine wirklich schlechte Lügnerin." Beantwortete sie mir meine Frage, bevor ich sie überhaupt stellen konnte. „Ich verstehe nicht, was.." fing ich an, doch sie unterbrach mich direkt, während sie sich mit ihrem eigenen Glas neben mir auf dem Sofa niederließ. „Ich weiß, dass ich verantwortlich dafür bin, was mit Raphael passiert ist. Das tut mir wirklich leid, Elli. Ich habe nicht gewusst, dass Vater so etwas tun würde."

Mein Körper reagierte sofort darauf, als Raphael als Thema angesprochen wurde und ich spürte wieder diesen unangenehmen Schmerz in meiner Brust. „Lucifer hat mir davon erzählt.." gab ich leise von mir und musterte das Glas in meinen Händen mit einem gewissen Grad an Skepsis. Nachdem was sie getan hatte, war ich mir nicht sicher, ob ich ihr weiterhin auf die selbe Art vertrauen konnte, wie ich es anfangs getan hatte. Obwohl ich sie damals weniger gekannt hatte, als es nun der Fall war. „Hätte ich dich vergiften wollen, hätte ich das schon oft genug tun können."

Sie hatte wohl meinen skeptischen Blick bemerkt, weshalb ich meinen Blick wieder hob und stattdessen zu ihr sah. „Weißt du, .. ich habe damals einige Fehler gemacht, von denen ich heute so gut wie alle bereue. Doch ich bereue es nicht, die Hölle verlassen zu haben, um das zu bekommen, was ich wirklich will. Ich weiß, dass du das verstehst." Sie nickte in die Richtung meines Glases und ich warf erst einen weiteren kurzen Blick darauf, ehe ich es doch anhob und an meine Lippen setzte. Das Brennen in meinem Hals welches daraufhin folgte, war ungewohnt und vertraut zugleich. Wir wussten wohl beide, dass ich diesen Wein an dem heutigen Abend brauchen würde.

„Du hast dein Leben nicht ohne Grund für das Modeln geopfert. Genauso war es bei Azrael und mir. Ich kannte die Probleme, die dadurch entstehen würden und dennoch habe ich es getan." Ich schüttelte langsam den Kopf. Wovon sprach sie da? Es war seltsam über meine Vergangenheit zu sprechen, obwohl sie selbst heute noch eine tragende Rolle in meinem Leben spielte. Abgesehen von dem heutigen Mittag, konnte ich mich kaum daran erinnern, wann ich das letzte Mal etwas richtiges gegessen hatte. „Du weißt, was ich meine." Sie begann leicht zu lächeln und trank nun selbst einen Schluck.

„Ich bin aber nicht hier, um mit dir über deine Vergangenheit zu sprechen oder das was damals geschah. Das kannst du gerne mit Lucifer ausdiskutieren. Zumindest bist DU nicht deswegen hier." Sie seufzte und lehnte sich dann auf ihrem Platz etwas zurück. „Ich nehme an, Lucifer hat dir von seinem so grandiosen neuen Plan erzählt?" fragte sie mich und ich nickte zögerlich. „Ihr wisst genauso gut wie ich, was passiert, wenn ich wieder dorthin zurückkehre. Das mache ich nicht nochmal. Lucifer weiß das bereits." Erklärte ich ihr meinen Standpunkt dazu, woraufhin sie jedoch nur ein Lachen von sich gab. „Denkst du wirklich, dass er sich damit zufrieden gibt? Er wird dich solange versuchen umzustimmen, bis dir ein 'Ja' so leicht über die Lippen fließt, wie dieser Wein hier."

Ich schüttelte betont unbeeindruckt den Kopf. „So ist er nicht, .. er hätte mich schon lange zurückbringen können und hat es nicht getan. Aber ich denke, das ist dir bewusst." Sie nickte sichtlich amüsiert über diese Unterhaltung und ich trank zur Sicherheit noch einen Schluck von diesem Wein, der hoffentlich verhindern würde, dass sie mich noch weiter ausfragte. Doch da hatte ich mich getäuscht. „Luc? Du solltest jetzt wirklich gehen, es wird interessant." Wie aus dem Nichts erschien Lucifer nur wenige Meter neben mir auf dem anderen Ende des Sofas. Fast so, als hätte er seit seinem letzten Verschwinden schon die ganze Zeit dort gesessen. Ich konnte gerade so verhindern, dass ich mich erneut verschluckte.

„Ein falsches Wort und ich reiße dir die Zunge raus." Knurrte er in Richtung Levia, die nur amüsiert darüber lachen konnte. „Ich werde dich nicht aufhalten, mein treuer Bruder. Aber erstmal brauchen wir etwas Privatsphäre." Das Lachen in Levias Gesicht verschwand innerhalb einer winzigen Sekunde und ließ nur einen stummen Blick zurück, dessen Nachricht ich nicht verstand, doch Lucifer wusste dies wohl genau, weshalb er sich von seinem Platz erhob. „Es gibt nur diesen einen Weg um sie zu schützen, Lucifer. Versau das jetzt nicht." Zischte sie ihm noch zu, bevor Luc nach einem genervten Augenrollen wieder verschwand. Nun schien es so, als wäre er gar nicht hier gewesen.

„Du scheinst Lucifer ja ziemlich gut zu kennen, obwohl du doch kaum etwas mit ihm zu tun hattest." Erwähnte Levia nun wieder an mich gerichtet, während ich noch dabei war, Lucifers Auftauchen sowie Verschwinden zu verarbeiten. „Du willst mich doch verarschen.." brummte ich und meine Stimmung besserte sich durch ihre Aussage nicht gerade. „Hast du etwa vergessen, wo ich wochenlang war?" fragte ich sie und ich konnte nicht verhindern, dass ich wütend auf sie wurde, dieses Thema so schadenlos anzusprechen. Als wäre das damals kein Weltuntergang für mich gewesen.

„Ich weiß was passiert ist,Elodie. Beantworte mir aber bitte folgende Frage.. hat er dir in dieser Zeitwehgetan?" bevor ich zu einer Antwort ansetzen konnte, unterbrach sie michjedoch erneut „Nicht psychisch, sondern physisch. Hat er dich geschlagen, dichmit Gegenständen verletzt, so etwas in der Art.. Morddrohungen vielleicht?" Ichblickte sie erst halb verstört, halb verwirrt über diese Frage an undschüttelte schlussendlich wieder den Kopf. „Nein das hat er nicht. Nicht aufdiese Art." 

Des Teufels KöniginWhere stories live. Discover now