Verräter

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P.o.V Lucifer

„Lucifer, Vater möchte dich sehen." Klang direkt die Stimme meines ach so liebenswürdigen Bruders durch die große Halle, als wir diese betraten. Elodie hatte sich bereits von meinem Arm gelöst und bewegte sich auf den langen Tisch in der Mitte des Raumes zu. Zane stand daneben und blickte mir mit seinen braunen Augen entgegen. Allerdings konnte ich darin erkennen, wie er mit Mühe versuchte, das Feuer darin nicht auflodern zu lassen. Vermutlich um Elodie nicht zu verschrecken. Doch ich war mir mittlerweile sicher, dass es sie nicht mal ansatzweise stören würde.

Ich blickte einmal kurz zu der braunhaarigen jungen Dame, die sich mittlerweile an den Tisch gesetzt hatte und wandte mich dann mit einem Nicken wieder Zane zu. „Ich glaube ich weiß, worum es geht." Brummte ich und drehte mich eher widerwillig der Tür hinter mir zu. Wenn ich mit meiner Vermutung richtig lag, hatte ich jetzt ein ziemlich großes Problem. „Ich werde nachkommen. Es gibt da noch jemanden, den ich suchen muss." Hörte ich Zane noch sagen, bevor sich die Tür hinter mir schloss.

Meine Beine führten mich auf direktem Weg zum Thronsaal. Der einzige Ort den Vater ersuchte, um unsere Probleme auszudiskutieren. Nun war jedoch ich derjenige, der ziemlich in der Scheiße saß. Vielleicht hätte ich nur dieses einzige Mal auf Zane hören sollen. Er freute sich sogar vermutlich darüber, dass mein Plan nicht ganz so einfach umzusetzen war, wie anfangs gedacht. Ich konnte nur hoffen, dass Vater sich nicht allzu sehr daran störte. Allerdings würde er mich nicht zu sich rufen, wenn dies der Fall wäre. Immerhin hatte ich bereits einen kleinen Rettungsversuch unternommen, jedoch ohne Erfolg.

Nur ein kurzes Drehen des Griffs und einen kleinen Schritt nach vorne, schon stand ich im Thronsaal unseres schaurig schönen Heims. Ich brauchte nicht lange, um Vater zu entdecken. Mit seinen feurig glühenden Augen, die noch mehr zu lodern schienen als sonst, starrte er mir direkt entgegen. Auf dem einen Thron sitzend, blickte er zu mir und schien somit noch größer zu sein, als er sowieso schon war. „Ich denke du weißt warum du hier bist, Sohn." Letzteres sprach er regelrecht herablassend aus. Kein gutes Zeichen.

Die Tür hinter mir fiel mit einem dumpfen Knall ins Schloss und ich trat langsam ein paar Schritte näher zu meinem Vater. „Du hattest eine Aufgabe Lucifer. Nur diese eine." Seine tiefe, bedrohliche Stimme schien den ganzen Raum zu umfassen. „Wie kann es sein, dass du nicht mal das richtig auf die Reihe bekommst?" Ich zuckte bei diesen Worten innerlich zusammen. „Es war nicht meine Absicht, dass.." „Schweig!.. Satan hat mich bereits über alles informiert. Ich wüsste nur zu gerne, was derjenige zu sagen hat, der in unmittelbarer Nähe dieses Spektakels war." Er hob die Hand und winkte jemanden heran, der unbemerkt von mir, an der Tür erschienen war.

Der kleine Dämon kam mit seinen kleinen Beinchen heran gelaufen und vermied es dabei, mich auch nur anzusehen. Meine Aufmerksamkeit wurde allerdings wieder zur Tür gelenkt, als sich diese mit einem leisen Knarren öffnete. Diesmal war es Zane, der den Raum betrat. Mein eigener Bruder als Verräter. Das hätte ich mir eigentlich denken können. Ohne sein offenes Mundwerk hätte ich die ganze Situation auch ohne Vaters Wissen wieder in Ordnung bringen können.

Andromalius blieb nur wenige Meter von dem Thron unseres Vaters entfernt stehen, hielt jedoch weiterhin voller Ehrfurcht den Kopf gesenkt. Jeder hatte Respekt vor dem Teufel. Mehr noch diese kleinen unbedeutenden Dämonen. Speziell Andromalius konnte ich noch nie wirklich leiden, vielleicht hatte ich ihn deshalb zu Elodie geschickt. Er war schon immer zu nett gewesen für diesen Ort. Doch bei Elodie kam mir das ziemlich gelegen.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als Vater wieder zu sprechen begann. „Andromalius richtig? Laut Satans Aussage, warst du der letzte, der Elodie gestern gesehen hat. Du sollst die ganze Nacht dort gewesen sein, aus Sicherheitsgründen, wie ich annehme." Ein kritischer Blick zu mir genügte, dass sich etwas in mir zusammenzog. Natürlich wollte ich, dass jemand in der Nähe war. Sie hätte jederzeit verschwinden können und wir hätten sie womöglich tagelang suchen müssen.

„Dann verrate uns doch, was du gesehen hast. Ist in dieser Zeit jemand vorbeigekommen?" erklang wieder die Stimme meines Vater, diesmal jedoch ernster als zuvor. Der kleine Dämon schüttelte allerdings den Kopf. „Ich habe Ms. Theron lediglich etwas Essen gebracht. In den folgenden Stunden habe ich niemanden gesehen, der sich ihrem Zimmer genähert hat." Mein Vater schien das nicht ganz als Antwort akzeptieren zu wollen und er setzte sich etwas aufrechter hin. Genau wie ich, erkannte er wohl keinen Grund in diesen Worten, die zu solch einer Veränderung hätte führen können.

„Ich habe niemanden gesehen aber .. ich habe sie gehört." Verbesserte Andromalius seine Aussage und blickte nun das erste Mal für einen kurzen Moment in meine Richtung. Sein Blick zeigte Bedauern und Hass zugleich. „Du hast sie gehört? Erkläre mir das." Meinte der Teufel bevor auch sein Blick nun zu mir wanderte. Anscheinend ahnte er schon, dass ich etwas mit der ganzen Sache zu tun haben könnte. „Sie hat geweint, mein Herr. Die ganze Nacht. Es war grauenvoll. Als hätte sie sich die Seele aus dem Leib geschrien." Meldete sich der kleine Dämon wieder zu Wort und ich seufzte leise.

Satan, der lediglich mit etwas Entfernung zu uns stand, konnte ich schon regelrecht mit den Zähnen knirschen hören. Ich hatte es also wirklich verbockt. „Satan, da du mir zuerst davon Bericht erstattet hast.. was ist mit ihren Augen?" wandte sich Vater nun an meinen älteren Bruder und unsere Blicke trafen sich für einen Moment. Es war wieder dieses glühende Rot darin zu sehen, welches er bei Elodie so oft zu unterdrücke versuchte. Er war sauer, daran gab es keine Zweifel. „Sie sind schwarz, Vater." Antwortete Satan lediglich und versucht gelassen.

Ich konnte förmlich spüren, wie mein Vater versuchte die Ruhe zu bewahren. „Ist dir klar was das bedeutet, Lucifer?" fragte er mich und ich nickte langsam. „Sie hat sich selbst verloren.. aber ich.." „Kein ABER Lucifer! Solange du das nicht in Ordnung gebracht hast, kannst du deinen Anspruch auf den Thron vergessen." Unterbrach er mich direkt und machte mir von neuem bewusst, wie ernst die Lage doch war. Wenn Elodie weiterhin so blieb, war alles umsonst gewesen.

„Du wirst dir wohl selbst überlegen müssen, wie du das wieder in Ordnung bringst. Vielleicht möchte Satan dir ja dabei helfen, obwohl ich eher nicht davon ausgehe. Ich denke, ich habe mich nun klar genug ausgedrückt." Es folgte betretenes Schweigen und lediglich ein leichtes Nicken von Satan und mir. Mehr brauchte unser Vater nicht zu wissen, denn er verschwand wieder im Nichts, so plötzlich, wie wir es von ihm gewohnt waren. Er hinterließ auf dem Thron nur noch eine schaurige Leere.

„Also Satan, mein treuer Bruder, hast du schon eine Idee, wie Elodie wieder normal wird?" wandte ich mich fragend an Zane, der normalerweise immer auf alles eine Antwort wusste. „Tut mir leid Luc aber das hast du selbst verbockt. Vielleicht solltest du einfach etwas mehr Zeit mit ihr verbringen und ihr noch mehr Gründe geben um dich zu hassen." Es sollte wohl sarkastisch gemein sein, doch als ich genauer darüber nachdachte, könnte es wirklich einen Versuch wert sein. Irgendwas musste sie schließlich fühlen. Ob es jetzt Schmerz, Hass oder Freude war, spielte keine Rolle.

Ich blieb noch eine ganze Weile im Thronsaal und versuchte mir einen neuen Plan zu überlegen. Immerhin hing mein ganzes restliches Leben davon ab. Selbst als Zane und Andromalius bereits gegangen waren, blieb ich noch hier. Da mich Elodie, laut meines Bruders, sowieso schon auf den Tod nicht ausstehen konnte, war das immerhin ein guter Anfang. Jetzt musste ich mir nur noch einen Weg überlegen, wie ich mir das zu Nutze machen konnte.

Einfachwürde das allerdings nicht werden. Schließlich war sie vorhin auch kommentarlosmit mir mitgegangen, ohne sich Gedanken darüber zu machen, was das für Folgenfür sie haben könnte. Mein Versuch ihr einen eigenen Rückzugsort zu Teil werdenzu lassen, war immerhin auch kläglich gescheitert. Ich kannte die Menschen, dieihre eigene Seele bereits aufgegeben hatten, nur zu gut. Hier unten sahen wirsie fast täglich. Doch ich konnte nicht zulassen, dass Elodie auch ein Teildieser Wesen wurde. 

Des Teufels KöniginWhere stories live. Discover now