Angst

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„Was zur Hölle machst du denn hier?" fauchte ich leise und starrte die Person neben mir mit einem bösen und zugleich überraschten Blick an. Musste er mich wirklich überall hin verfolgen? Erst sein plötzliches Auftauchen am Club, dann diese seltsame Entführung und jetzt das? „Es freut mich auch, dich wieder zu sehen, Elodie." Sprach Luc mit seiner mir so bekannten rauen Stimme. Bei der Durchsage, der Stewardess, wurden wir allerdings kurz abgelenkt, da wir uns anschnallen mussten.

„Nein wirklich Luc, ich meine es ernst. Was machst du hier?" Er schien einen Augenblick zu überlegen, so als wüsste er den Grund selbst nicht genau „Ach weißt du .. ich dachte, du könntest bei deinem Urlaub vielleicht etwas Gesellschaft gebrauchen." Ich wandte mich mit einem leichten Augenrollen von ihm ab. „Auf deine Gesellschaft kann ich gut und gerne verzichten." Brummte ich nur noch und blickte dann nach draußen. Was sich jedoch als keine gute Idee herausstellte, da ich nun feststellen musste, dass wir uns bereits auf der Startbahn befanden.

„Das mit vorhin tut mir wirklich leid, Elodie." Fing er wieder an „Ich hätte dich nicht einfach mit zu mir nehmen sollen und dich dann .." Er räusperte sich leise „Chamuel hat mir ja auch davon abgeraten. Ich wusste nicht, dass dich das so sehr stören würde." Mit einem halbherzigen Lachen, wandte ich mich wieder ihm zu „Oh wirklich, du bist ja ein wahrer Blitzmerker. Warum warst du gestern überhaupt bei diesem Club? Verfolgst du mich etwa?" Für einen Moment wirkte es so, als hätte ich ihn ertappt, doch dann setzte er wieder sein Schmunzeln auf „Natürlich nicht. Mein Bruder war dort und .. er stellt des Öfteren mal ein bisschen Unsinn an."

Ich runzelte die Stirn, da mir der Moment in den Sinn kam, als Luc auf diesen Fremden eingeschlagen hatte. Irgendwo leise hatte ich noch das Wort 'Thronfolger' im Kopf, doch zusammen mit diesem Moment ergab das in meinem Kopf einfach keinen Sinn. „Das heißt dieser.." Luc unterbrach mich mit einem Nicken, als wüsste er genau, was ich sagen wollte „Ja, dieser Typ, der dich mit zu sich nach Hause nehmen wollte, war mein Bruder. Mein großer Bruder um genau zu sein." In seinen Augen schimmerte etwas dunkles auf und ich musste den Blick abwenden. Ich mochte seine Anwesenheit nicht.

Das Flugzeug wackelte kurz, als es sich von der Startbahn erhob und dann stetig Richtung Himmel flog. Für diesen Moment verkrampfte ich mich etwas, atmete dann aber kurz durch und konzentrierte mich wieder auf Luc. Immerhin hatte ich so eine Ablenkung. „Warum kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen?" fragte ich ihn schließlich und er blickte mir aufmerksam entgegen. Dann seufzte er allerdings, als ich nicht mehr dazu sagte „Ich habe dir schon einmal erklärt, dass das nicht geht. Wir .." „Dann erklär mir doch einfach wieso." Fauchte ich wieder und unterbrach ihn somit. Mir ging dieses ganze Hin und Her mächtig auf den Keks. „Sag mir einfach, was du von mir willst und dann verschwinde endlich. Du bist wirklich das letzte, was ich jetzt gebrauchen kann."

Das schien Luc wohl getroffen zu haben, er hatte sich dieses Gespräch wohl etwas anders vorgestellt. Das Flugzeug erlangte immer weiter an Flughöhe, doch mein Blick lag weiterhin auf Luc, der den Blickkontakt ebenfalls aufrecht erhielt. „Du bist bestimmt kein schlechter Mensch Luc aber du kannst dich nicht einfach wie ein Stalker verhalten und dann hoffen, dass ich dich mögen würde. Du verhältst dich gruselig." Diese Worte brachten ihn leicht zum Schmunzeln. „Ja, das habe ich schon oft gehört."

„Das wäre alles nicht so schlimm, wenn du mir einfach erzählen würdest, wer du bist." Erwähnte ich, obwohl ich das ja eigentlich nicht wollte. Nur war es eine Möglichkeit, mich von diesem Flug abzulenken und da war mir alles andere einfach egal. Luc schien einen Moment zu überlegen. „Nagut okay. Ich bin mir nur nicht sicher, ob du alles verstehen wirst." Meinte er, begann leicht zu grinsen und fing dann an zu erzählen.

„Ich bin kein Einzelkind, wie du ja jetzt weißt. Da gibt es meinen großen Bruder Zane, er ist der Älteste von uns. Dann gibt es natürlich mich und unsere kleine Schwester Levia. Eigentlich hatten meine Eltern einen weiteren Jungen geplant, deshalb haben sie Leviathan in Levia umgeändert." Das brachte mich zum Nachdenken. Schon wieder so seltsame Namen. Die waren doch wirklich alle verrückt.

„Nun ja, was meine Eltern angeht, sie sind etwas .. speziell. Es gibt nur wenige Menschen auf dieser Welt, die sie wirklich mögen. Levia ist die Jüngste von uns, hat unsere Familie aber vor kurzem Verlassen. Den Grund konnten wir nie wirklich nachvollziehen, seitdem haben wir nie wirklich viel von ihr gehört. Sie ist jetzt ungefähr so alt, wie du." Das weckte natürlich mein Interesse. Klar, ich war mit meinen 21 Jahren auch kein kleines Kind mehr aber dass sie in diesem Alter ohne richtigen Grund ihre Familie verließ, was schon seltsam. „Das tut mir leid."

„Das muss es nicht, es war ihre freie Entscheidung und wir .. müssen das akzeptieren." Er wandte den Blick von mir ab, was mir einen Hinweis darauf gab, dass er wohl eher ungern darüber sprach. Doch ich sollte mich glücklich schätzen, dass er mir diese Dinge überhaupt erzählte. „Aber was ist mit deiner Familie? Ich habe bis jetzt nur Amanda kennengelernt und das hat mich etwas gewundert. Du bist ja noch so jung." Oh danke auch, wirklich älter sah Luc ja auch nicht aus.

„Ich lebe alleine, also .. abgesehen von Amanda und Tiago. Meine Eltern .." Plötzlich ging wieder ein Rütteln durch das Flugzeug und ich krallte mich schon fast in den Sitz. Mein Puls beschleunigte sich automatisch, zumal dieses Rütteln auch erstmal nicht aufhörte. Vergessen war Luc und unser eigentliches Gespräch. Wenn ich nicht bald etwas unternahm, würde mein Herz das nicht mehr mitmachen. „Gib mir einen Moment." Murmelte ich nur und griff nach unten zu meiner Tasche. So gut die Ablenkung mit Luc auch funktionierte, ganz sicher würde ich mich nicht stundenlang mit ihm unterhalten können. Besonders, wenn dieses Flugzeug nicht einfach ruhig vor sich hin flog.

Luc sagte nichts weiter dazu, sondern beobachtete mich nur dabei, wie ich begann in meiner Tasche zu wühlen. Ich hatte sie eingepackt, da war ich mir sicher. Ich vergaß sie nie. Doch sie waren nicht da. Weder im großen Mittelteil noch in den kleinen Seitentaschen. Nach knapp 5 Minuten vergebenem Suchen, gab ich auf und ließ die Tasche wieder zu meinen Füßen fallen. Ich hatte meine Beruhigungstabletten vergessen.

„Elodie? Ist alles in Ordnung?" Wie oft ich diese Frage schon gehört hatte und wie sehr sie mich jedes Mal störte. Natürlich ging es mir nicht gut aber das musste definitiv nicht jeder sofort wissen. „Ja alles bestens, ich .. habe nur etwas vergessen." Ich sagte diese Worte, während ich mich mit geschlossenen Augen wieder in den Sitz zurücklehnte. Das würden die schlimmsten Stunden meines Lebens werden. Wenn ich nicht vorher aufgrund einer Panik-Attacke verreckte. 

Des Teufels KöniginWhere stories live. Discover now