Ozeanblaue Augen

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„Du bist Elodie, richtig?" hörte ich die Stimme des Fremden an meinem Ohr und ich nickte als Antwort. Der Mann hatte seine Arme um meine Taille gelegt und wir bewegten und zum Takt der Musik. Natürlich suchte er die körperliche Nähe zu mir. Wieder näherte er sich meinem Gesicht, nur um erneut etwas in mein Ohr zu sagen. „Warum bist du alleine hier? Was ist mit Luc?Ich dachte, ihr seid so etwas wie ein Paar." Ich hätte wissen müssen, dass jeder diesen Gerüchten Glauben schenkte. Doch was konnte ich schon machen? Ich konnte es ihnen lediglich erklären.

„Nein, wir .. sind nicht zusammen." Mir entwich ein Kichern bei der alleinigen Vorstellung, dass zwischen Luc und mir so etwas wie eine Beziehung entstehen konnte. „Dann .. stört es ihn also nicht, wenn ich das mache?" Im nächsten Moment drückte er mich näher an sich und unsere Körper berührten sich. Doch das war ihm noch lange nicht genug. Ich schloss einen Moment die Augen, als ich die weichen Lippen dieses Fremden an meinem Hals spüren konnte. Wie er anfing dort leichte Küsse zu verteilen. Es hätte mich stören sollen, doch das tat es nicht. Im Gegenteil. In dem Moment fühlte ich mich so frei, wie schon lange nicht mehr.

Seine Hände wanderten von meiner Taille abwärts, bis zu meinem Hintern und blieben dann dort liegen. Auch das störte mich nicht im Geringsten. „Wie wär's, wenn wir zu mir fahren?" Die Küsse hatten nur für einen kurzen Moment gestoppt, damit er diese Worte an mein Ohr sagen konnte. Diese Idee klang so unglaublich verlockend. Der Alkohol hatte nun vollends die Kontrolle über meinen Körper übernommen und ich ließ mich einfach nur noch von ihm tragen. „Klingt gut." Sagte ich lediglich, was wohl das einzige war, worauf dieser Fremde gewartet hatte. Auch dass ich Haley und Chloe ohne ihr Wissen zurück ließ, störte mich in dem Augenblick überhaupt nicht. Ich dachte gar nicht mehr daran.

So griff er nach meiner Hand und zog mich hinter sich mit, durch die Massen an Menschen. Noch immer benommen von diesem befreienden Gefühl, nahm ich gar nicht war, in welche Gefahr ich mich damit gerade begab. Amanda hatte immer wieder erwähnt, dass ich nicht einfach mit Fremden mitgehen sollte. Unter keinen Umständen. Und jetzt tat ich genau das, doch auch dieser Punkt war mir gerade absolut gleichgültig. Zu diesem Zeitpunkt war für mich nichts mehr von Bedeutung, abgesehen von diesem Gefühl der Freiheit, wofür dieser Fremde verantwortlich gewesen war. Sein Aussehen erinnerte mich an jemanden. Nur wusste ich einfach nicht, an wen.

Doch gerade als wir das Gebäude verlassen hatten, wurde dieser glückliche Moment von jetzt auf gleich in winzige kleine Teile zerschmettert, indem eine Hand meinen Arm umgriff und mich von dem Fremden weg zog. So wie ich, war auch er erstmal verwundert darüber. Doch ehe ich überhaupt etwas realisieren konnte, trat eine weitere Person in mein Blickfeld und schlug direkt auf diesen Fremden ein. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis ich erkannte, wer die Person war, die auf diesen jungen Mann einschlug. Es war Luc.

„Komm Elodie, wir gehen." Hörte ich eine sanfte Stimme hinter mir und mir fiel erst dann auf, dass noch immer eine Hand meinen Arm festheilt. Doch es fühlte sich nicht unangenehm an. Die beiden Verrückten vergaß ich direkt, während ich mich dem anderen jungen Mann zuwandte, der nun den Griff um meinen Arm lockerte, jedoch nicht vollends losließ. Ozeanblaue Augen trafen meine ebenfalls blauen Augen und ich spürte direkt so etwas wie Sicherheit, die mich einhüllte. Ich kannte diesen Mann, Luc hatte sich einmal mit ihm im Wald getroffen, doch mir fiel sein Name einfach nicht ein.

„Deine Augen, sie .. sind so schön." Der Mann vor mir begann leicht zu lachen und nickte „Ich weiß, danke. Wir sollten jetzt aber wirklich gehen, sonst dreht Luc noch völlig durch." Ich nickte nur benommen, während mein Blick noch immer auf seinen Augen lag. Ich war völlig fasziniert. „Luc jetzt reiß dich mal zusammen, okay? Denkst du dein Vater findet es toll, wenn du den wehrten Herrn Thronfolger so zusammenschlägst?" Diese Worte mussten wohl ausreichend gewesen sein, da die dumpfen Schläge plötzlich verstummten. „Wage es ja nicht, sie noch einmal an zu fassen." Knurrte der Genannte nur noch, dann wurde ich von dem blonden jungen Mann weitergeschoben. Würde ich es nicht anders wissen, würde ich denken, dass er ein Engel wäre. Eine andere Erklärung gab es für sein ganzes Dasein nicht. Das konnte aber auch an Alkohol liegend, der mein Gehirn nicht mehr ganz so klar denken ließ.

„Wir sollten sie nach Hause bringen." Meinte der Blonde und ich konnte ein zustimmendes Murmeln von Luc vernehmen. Ich war ganz dankbar darüber, dass ich von dem jungen Mann gestützt wurde, da ich nicht sicher war, ob ich alleine so eine Strecke hätte laufen können. Schließlich kamen wir bei einem roten Wagen an, weshalb dieser wohl Luc gehörte. „Du kannst ihr das nicht antun Luc und das weißt du. Sie wird das Ganze nicht verkraften können. Sieh sie dir doch mal an! Sie ist jetzt schon völlig fertig mit den Nerven und das nur, weil du einmal keine Kontrolle über dich hattest."

Die Beifahrertür des Wagens wurde geöffnet und der so unglaublich nett wirkende Blonde, half mir dabei, mich ordentlich in den Sitz zu setzen. „Sie ist nicht für deine Welt gemacht und du weißt das. Es war doch klar, dass dein so liebenswürdiger Vater genau sie auswählt." „Das zwischen ihm und mir hat nichts mit dem hier zu tun." Das war Luc's Stimme, die wieder diesen bedrohlichen Unterton angenommen hatte. „Hast du denn nicht gemerkt, wie sie auf dich reagiert hat? Du bist zu kalt, Luc. Das schafft sie nicht. Sie gehört hier auf die Erde, bis ihre Lebenszeit wie die von allen anderen Menschen vorbei ist." Von was sprachen die beiden da? Ich verstand absolut kein Wort. Ob das wirklich an mir oder einfach am Alkohol lag, sei jetzt einfach mal so dahin gestellt.

„Ich bringe sie zu mir, Cham. Sei einfach so nett und pass auf, dass der nicht ganz so liebe Satan dort drüben sich nicht auch noch ihre Freundinnen krallt." Wieder war es die raue Stimme von Luc, der mit der ganzen Situation wohl alles andere als zufrieden war. „Raphael kümmert sich darum. Er ist drinnen und hat die beiden im Blick." Meinte der Fremde nur, dessen Name mir noch immer nicht einfiel, obwohl er mir bei Luc's Worten eigentlich hätte wieder einfallen müssen.

Kurz darauf hörte ich, wie die Tür der Fahrerseite geöffnet wurde „Ich schwöre dir Luc, wenn du sie verletzt wirst du dafür nicht nur in der Hölle schmoren." Luc stieg ein und schloss die Tür direkt, wodurch die Geräusche um uns herum verstummten. Plötzlich war es unheimlich still. „Du musst das alles morgen wieder vergessen habe." Brummte er kurz in meine Richtung und wir fuhren mit einem auffallend lauten Motorengeräusch aus der Stadt. Ich gab ein leises Lachen von mir „Ich werde es versuchen."

Doch der gemütliche Sitz des Wagens, die stille Nacht um uns herum und die angenehme Wärme im Inneren des Wagens, verursachten genau das, was ich eigentlich nicht wollte und zudem auch das, wovor Amanda mich immer gewarnt hatte. Ich schlief schon nach wenigen Minuten auf dem Beifahrersitz ein und fuhr demnach, ohne genau zu wissen wohin, in dem Wagen eines mir fast fremden Mannes mit.

Des Teufels KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt