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Leonard P.O.V

Der Direktor erlaubte mir den Moment mit Ben alleine, wahrscheinlich weil ihn dieses Gespräch mit dem Hampton Jungen ziemlich beschämte.

"Darf ich 'Du' sagen?" fragte ich und setzte mich neben ihn. Ben nickte langsam. "Ich bin Leonard Schilf. Eigentlich hättest du jetzt gerade bei mir Unterricht. Ich übernehme für Frau Galber." Er wirkte wie ein sehr ruhiger Junge.

"Warum unterrichtet sie nicht mehr?" fragte er und rutschte wieder etwas von der Wand weg. Es wird niemandem weh tun, wenn ein zurückhaltender Junge wie er es weiß.

"Sie lässt sich scheiden und ist davon auch sehr mitgenommen. Es war wohl keine schöne Ehe." erklärte ich. Er sah an mir vorbei, dachte wohl nach.

"Du scheinst zu wissen, warum sie sich scheiden lässt." Erschrocken zuckte sein Kopf wieder zu mir. "Ich weiß gar nichts!" meinte Ben sofort. Beruhigend legte ich eine Hand auf seine Schulter.

"Alles gut, ich bin nicht hier, um dich für etwas zu bestrafen. Ich möchte nur wissen, was mit deinem Arm passiert ist. Du bist doch nicht wirklich ausgerutscht."

Ich redete ruhig, langsam, damit er sich nicht weiter aufregen würde. Er schien Angst vor den beiden Brüdern zu haben.

"Ich werde dafür sorgen, dass sie dir nicht weiter weh tun können, okay? Versprochen." versicherte ich Ben.

"Ich hab was gesehen, was ich nicht sehen durfte. Seitdem machen die mir das Leben zur Hölle." murmelte er.

"Was haben sie mit dir gemacht Ben? Nur wenn ich weiß, was sie tun kann ich wirklich helfen." Ben zitterte.

"Wenn ich mich hinsetze, dann ziehen sie mir die Hose hoch. Wenn ich alleine in einem Raum bin, dann ist immer einer von denen da und starrt mich warnend an. Jede peinliche Sache, die ich mache wird von ihnen festgehalten."

Jetzt war es auch verständlich, warum er so viel Angst hatte. Was diese Jungs mit ihm machten war der reinste Psychoterror. "Was hast du da damals gesehen, Ben?"

Bevor er mir antworten konnte kam der Direktor wieder rein. "Sie sollten zurück zu ihrem Unterricht kehren Herr Schilf. Herr Fais bräuchte nun sicher etwas Ruhe."

Warum hatte jeder so viel Angst vor einer einzigen Gruppe Jungs? Ich nickte nur.

"Keine Sorge Ben, ich werde Sina bitten, dir alles, was wir gemacht haben weiterzuleiten." lächelte ich und klopfte ihm noch aufmunternd auf die Schulter.

Diese Gruppe musste irgendwie unter Kontrolle zu kriegen sein und das bevor noch weitere verletzt werden. Dafür muss ich aber erst einmal mehr über sie wissen.

Mit jedem einzeln sprechen wird wahrscheinlich unmöglich sein.

Esseiden...

Ich bog bei meinem Unterrichtsraum ab und ging zum Sekretariat.

"Entschuldigung, ich müsste einen der Hampton Brüder sprechen, kenne aber seinen Stundenplan nicht." erklärte ich.

"Welchen?" Ich wusste, dass der, der den Direktor erpresst hat Daniel hieß, aber den Namen des Zweiten kannte ich nicht.

Musste ich auch gar nicht, als ich antworten wollte fing die Sekretärin schon wieder an zu reden. "Jan und Daniel sind beide in E12."

Dankend verabschiedete ich mich schnell wieder. Man kann von Glück reden, dass ich meinem eigenen Kurs noch Übungsaufgaben gegeben habe.

Ich ging zu besagtem Raum und klopfte. "Entschuldigen Sie bitte. Dürfte ich Jan Hampton einmal zu mir bitten?" fragte ich.

Er stand sofort auf, ohne überhaupt auf das Okay seines Lehrers zu warten.

Jetzt war ich so weit gekommen, aber ich hatte mir vorher nicht unbedingt zurecht gelegt, wie ich ihn konfrontieren wollte.

"Der Direx ist ein feiger Kerl. Selbst wenn Sie ihm sagen würden, dass Ben erzählt hat, wie ich ihn verprügelt habe, er wird es nicht weiter behandeln." meinte Jan.

Er war ruhig, vorsichtig. Man sah ihm an, dass er Gewalt nicht als erstes Lösungsmittel sah, doch auch bereit war, es anzuwenden.

"Deswegen habe ich auch gar nicht vor, ihn weiter einzuweihen. Wenn ich tatsächlich etwas verändern möchte werde ich selbst daran arbeiten müssen." lächelte ich.

Abwartend sah er mich an. "Eine Stunde Nachsitzen wird wohl fürs erste ausreichen. Können Sie damit leben?" fragte ich.

"Eine Stunde mit Ihnen in einem Raum? Ich weiß nicht, ob Sie damit leben können." erwiderte Jan nur. "Dann ist ja alles geklärt. Wir sehen uns nach der Schule."

Endlich ging ich wieder zu meinem eigenen Unterrichtsraum. Einige der Schüler hatten ihre Aufgaben brav erledigt, andere hatten die Zeit genutzt, um zu schlafen oder am Handy zu sein.

"Ich bin vielleicht Neu hier und Sie sehen mich deswegen als Dumm oder Naiv an, doch wenn Sie glauben, ich lasse dies stumm geschehen, wie es wohl hier üblich ist, dann sind Sie die Naiven in diesem Raum."

Stille herrschte.

Ich nahm das als Zustimmung auf, dass sie meine Worte tatsächlich ernst nahmen und bat einen der Schüler aus der ersten Reihe, mir die Ergebnisse vorzulesen.

Natürlich bemerkte ich den Blick einer der Jungen aus der vorletzten Reihe.

Er sah mich an, als warte er nur auf den perfekten Moment, um mir sein Buch über den Kopf schlagen zu können.

Diese Jungs hatten etwas zu verbergen.

Verbotene Liebe | BoyXManWhere stories live. Discover now