Kapitel 98

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Taehyung

Als er aufwachte war es draußen noch dämmrig, was schlafen zur einzigsten sinnvollen Beschäftigung machte, allerdings musste er auf Toilette und das konnte nicht mehr länger warten. Genau so wenig die kurze Dusche, die er sich gleich danach gönnte, um all den Dreck des Fluges und des gestrigen Tages abzuspülen.

Etwas zufriedener als vorher griff er nach einem der zurechtgelegten Handtücher, wickelte es sich um die Hüfte und konnte nicht anders, als den Spiegel aufzusuchen. Mit der Hand wischte er die beschlagene Scheibe frei und blickte in ein müdes blasses Gesicht. Fast wie die letzten Wochen auch schon, der einzige Unterschied bestand in seinen Augen, die nicht mehr halb tot auf ihn zurück starrten, sondern lebendiger wirkten. Frischer. Er wusste, woran das lag. Welche Person seinem Leben wieder einen Kick gegeben hatte, obwohl er schon mit allem abgeschlossen hatte.

Aber jetzt...

Plötzlich sah alles anders aus. Hoffnungsvoller und nicht mehr so einsam und allein, wie er es für sich und seine Zukunft gesehen hatte.

Aber war das echt?

Passierte es wirklich gerade?

Oder erträumte er sich ein Leben, während sein Körper immer noch im Krankenhaus in Seoul lag? Mehr tot als lebendig?

Starr blickte er auf seine Hand herunter, die sich um den Rand des Waschbeckens geklammert hatte und er merkte nicht Mal, wie angespannt er war. Sah nur das weiß und rot seiner Muskeln und Knochen unter der Haut, als ob er sich selbst völlig fremd war.

Dabei fühlte er doch, oder?

Er hatte Jungkook gespürt.

Gestern Nacht und heute Morgen. Dessen Wärme und Kraft. Dessen Körper an seinem.

Oder?

Schnellen Schrittes lief er zurück in das Schlafzimmer, wo er einen Teil der Nacht verbracht hatte und konnte erleichtert feststellen, dass Jungkook immer noch da war. Das dieser keine Fantasie seines Kopfes war und es wirklich alles passiert war. Jede Berührung und jedes Wort von ihm, welches in seinem Innersten wiederhallte und sowohl Zufriedenheit, als auch Angst mit sich brachte.

Jetzt müsste er doch eigentlich wieder glücklich sein.

Jetzt müsste er doch eigentlich das fühlen, was er vor Busan gefühlt hatte.

Warum jedoch hatte er immer noch eine Last auf seinen Schultern, die schwer wiegte?

Warum war es fast so, als ob er sich etwas vorlog?

Stumm lehnte er sich am Rahmen der Tür an, beobachtete Jungkooks schlafende Gestalt und wie der Atem dessen Brustkorb hob und senkte.

Mit festen Griff packte ihn die Angst nun noch erbarmungsloser. Redete ihm ein, dass er nur blinzeln müsste und all die Trauer wäre zurück, doch er wollte nicht darauf hören. Stattdessen löste er sich von seinem Posten, schlich zurück zu dem Mann, der seine Welt bedeutete. Legte sich an den Ort zurück, den er vorher noch ohne Gedanken verlassen hatte, nur um nun mit der tausendfachen Menge zurück zu kehren.

Das Handtuch war ihm schon längst von den Hüften gerutscht und so hielt ihn nichts mehr fern von dem, was er begehrte.

Er spürte alles. Spürte dessen Herzschlag an seinem Rücken, kräftig und stetig, wie seine Nackenhaare sich unter jedem Atemzug von seinem Mann aufstellten und seine Ruhe zurück kehrte, die ihm im Bad verloren gegangen war. Wie die Sicherheit ihn wieder umhüllte. Auch seinen eigenen Körper spürte er wieder. Die kalten Hände und die angewinkelten Beine. Den Puls unter seiner Haut, die allmählich wieder Wärme zurück bekam. Die Sehnsucht, die sich hineinschlich und verführerisch um mehr bat.

Taste of Love - Taekook Where stories live. Discover now