Kapitel 91

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Jimin

Geschockt und Betroffen zugleich saß er draußen im Gang, starrte dabei die Tür zu Taehyungs Zimmer an, in dem er es nicht mehr ausgehalten hatte. Zu sehr wütete die Trauer des Verlustes dahinter, der er nichts entgegen zu setzen hatte.

Sie ließ ihn immer noch nicht los. Fraß sich in sein Herz, dass vor Schuldgefühlen und Kummer bereits löchrig war, weil er wieder nicht helfen konnte.

Weil er wieder alles falsch gemacht hatte und nicht wusste, wie er vorwärts gehen sollte, ohne Leitung.

In dieser Nacht vor drei Monaten war es Jungkooks Mutter, die ihn geleitet hatte, aber sie war nicht mehr da. Genau so wenig ihr Sohn, der all dieses Chaos mit nur einem einzigen Lebenszeichen beenden könnte.

Doch Tote konnten nicht zurückkehren.

Sie ließen die Lebenden in ihrem Kummer zurück. Allein auf sich gestellt mit den Gefühlen, die in ihnen tobten und während er Youjin hatte, die ihm Trost und Wärme gab in Stunden, die schwerer waren, als andere, war Taehyung alleine. Wieder alleine.

Keine Freunde und keine Familie würden ihm dabei helfen können, diese Einsamkeit im Herzen zu verringern.

Er konnte sich nicht vorstellen, wie sehr dieser gerade litt. Konnte nur vermuten, dass es sich um das vierfache schlimmer anfühlte, als das, was in ihm selbst vor sich ging.

Immer noch suchten ihn die Bilder von Taehyung auf diesem Betonboden heim. Das ganze Blut, wie eine Botschaft aus einer anderen Welt. Genauso wie Jungkook, dessen schlaffe, fast tote Gestalt mit Seilen an den Händen von der Decke hing. Spuren der Folterung an dessen Körper und der Wille zu leben, gänzlich aus dessen Augen entglitten.

Seine ganz persönlichen Alpträume, die ihn im Schlaf hochschrecken ließen. Schreiend und Schweißgebadet.

Wenn er nun in den Spiegel schaute, blickte eine Person zurück, die er nicht kannte. Tiefe dunkle Augenringe, bläulich blasser Teint, glanzlose Augen.

Auch er hatte sich selbst an diesem Tag verloren. War seit dem nicht mehr Arbeiten gewesen, weil er es nicht schaffte sein Versagen mit dem Job als Polizist zu vereinbaren.

Ob das die richtige Entscheidung war, konnte er nicht sagen, doch was er sagen konnte war, dass er froh war dieses Chaos, das Blut und die Toten als einziger gesehen zu haben. So musste nur er damit klar kommen und die anderen würden irgendwann wieder ein normales Leben leben können. Hoffentlich.

Vor ihm ging die Tür von Taehyungs Zimmer auf und einige seiner Freunde kamen heraus. Sie sahen nicht besser aus, als er. Jede Freude über Taehyungs aufwachen war verflogen und stattdessen zeigte sich die Müdigkeit, die ihnen allen in den letzten drei Monaten fehlte.

Er konnte sich noch ganz genau erinnern, wie er hier am Anfang noch drei Personen besucht hatte.

Wie sie stumm und reglos an Schläuchen hingen und die einzigen Geräusche die Geräte machten, die sie dabei unterstützten am Leben zu bleiben.

Eine Woche später waren es nur noch zwei und zwei Wochen später nur noch eine Person, die hier lag und kein Lebenszeichen von sich gab.

Einen hatten sie verloren innerhalb von wenigen Tagen.

Mussten ihn begraben. Ohne Taehyung und neben Yong-hi, dessen Mutter, die ihr Leben gelassen hatte, für ihren Sohn und es doch nicht geschafft hatte ihn zu retten.

"Sie mussten ihn sedieren...", sagte Namjoon ohne jegliche Regung in der Stimme, setzte sich dabei neben ihm auf die Bank und vergrub das Gesicht in den Händen.

Taste of Love - Taekook Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt