Kapitel 95

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Jimin

E

r wusste nun gar nicht mehr, wie er sich fühlen sollte. Youjin hatte ihm gesagt, dass sie Schwanger ist, Yoongi, dass Taehyung gefunden wurde und sich im Krankenhaus befindet und die Polizei sagte gar nichts.

Schon eine ganze Weile.

Erleichterung verschaffte es ihm auch nicht, dass er hier gerade nicht alleine im Verhörzimmer saß, sondern Namjoon, Jin, Hoseok und Yoongi auch. Tatsächlich brachte das eher mehr Panik mit sich, denn auch wenn sie nun wussten, dass Taehyung sich versucht hatte umzubringen - was aus mehreren Gründen nicht geklappt hatte,  vorwiegend, weil dieser durch das schnelle Trinken der ersten Flasche keine Chance mehr hatte, die anderen beiden anzurühren und vorher einfach zusammen gebrochen war - war da trotzdem die Angst, dass dieser es in der letzten Stunde vielleicht doch geschafft hatte. Irgendwo im Krankenhaus. Mit irgendeiner Spritze oder Skalpell. Vielleicht sogar einfach mit dem Bettlaken.

Ein Blick zu den anderen sagte ihm, dass er hier gerade nicht alleine litt, denn allen Vieren stand der Schweiß auf der Stirn und das lag nicht allein daran, dass fünf Leute gerade mit ihren Körpern einen kleinen Verhörraum aufheizten. Still starrten sie in die Leere, ging ihren ganz eigenen Gedanken nach und wirkten im ersten Moment um einiges ruhiger, als er selbst. Naja, bis zum Aufschrei:

"Herr Gott, wir könnten jetzt bei Taehyung sein...", grummelte Yoongi, hieb dabei mit der Faust auf den Tisch vor ihnen ein und sah aus, als ob die nächste Person, die diesen Raum betrat, eine Tracht Prügel einkassieren musste. Mittlerweile wusste er nicht Mal, ob das seine Fantasie zusammen sponn oder ihr sonst so besonnener Freund tatsächlich gewalttätig werden würde. Sie hatten sich in den letzten Monaten alle irgendwie verändert und gelacht wurde schon lange nicht mehr bei ihren Treffen. Als ob mit Jungkooks Verlust bei ihnen allen ein Loch entstanden war, dass nicht geflickt werden konnte.

An der Tür klopfte es und sofort hörte man Bewegung im Raum, bevor auch schon die Tür aufsprang und ein Mann mit grauem Haaransatz und Anzug eintrat.

"Guten Tag, meine Herren", nickte dieser ihnen zu und setzte sich auf den einzigen leeren Stuhl in diesem Raum. Sie mussten für sie bereits drei Stühle rein tragen, wodurch es doch Recht eng war.

"Es tut mir Leid, dass wir uns hier treffen müssen, aber es geht heute um vertrauliche Sachen in Bezug auf Kim Taehyung. Es ist der einzige Raum, der nicht abgehört werden kann."

Abhören?

Taehyung?

Ihm gefiel diese Verbindung so gar nicht und er hoffte sehr, dass seine Vorahnung nicht stimmte.

"Sie fünf sind eingetragen als dessen Notfall Kontaktpersonen und sind daher darüber zu informieren, wie die weiteren Schritte aussehen, aufgrund der Klage von Herrn Kim." Ohne Pause fuhr der Typ weiter fort, als ob das hier ein Buch war, dass dieser vorlas. Nur ohne Emotionen und vollkommen monoton, dabei hing sein Herz noch bei dem Wort Klage.

"Er verklagt Herrn Lee Yujon aufgrund von Entführung, Freiheitsberaubung, Körperverletzung und versuchten Totschlags. Da wir bereits ein Verfahren gegen den Angeklagten laufen haben, wird Herr Kim als Nebenkläger auftreten. Doch auch in diesem Fall gelten die höchsten Sicherheitsbestimmungen, die folgendermaßen lauten:", das reichte ihm nun völlig. Sein Herz legte gerade einen Sprint hin und was die anderen machten war plötzlich egal geworden, denn in ihm kämpfte der Wutausbruch mit dem Versuch Ruhe zu bewahren. Mit Schwung sprang er vom Stuhl hoch, schockte damit seine Freunde und drehte seine kleine eigene Runde, während die Finger sich in seine Haare vergraben hatten. Verwirrt fing er an daran zu ziehen, sein Gehirn dabei auf Hochtouren, denn es konnte einfach nur ein schlechter Scherz sein, was hier gerade passierte.

"FUCK!!!"

Der Fremde stockte kurz im Monolog. Schien auf ihn zu warten und machte dann einfach weiter, als hätte er hier gerade keinen Zusammenbruch.

"Herr Kim wird ins Zeugenschutzprogramm überführt und wird bis zum ersten Gerichtstag unter falschem Namen und falscher Identität untertauchen.
Dies kann sich auf zwei Jahre beziehen oder länger, doch offiziell wird er als tot gelistet.
Ihre Aufgabe ist dabei alles in die Wege zu leiten, damit die Welt auch wirklich glaubt, dass er nicht mehr unter den Lebenden weilt und ihrem Freund damit Sicherheit ermöglichen, verstanden?"

Schockiert von diesem Monolog nickten die anderen, nur er selbst war nun wie erstarrt. Dachte an all das, was in den letzten Monaten passiert war und wie dämlich er gewesen war, nicht gesehen zu haben, was vor ihren Augen vonstatten ging.

"Was bedeutet das?", schaffte Yoongi es als erster eine vernünftige Frage zu stellen und dafür hatte dieser all seinen Respekt, denn auch wenn er von diesem Prozedere zumindestens Mal etwas mitbekommen hatte, so war es für die anderen absolutes Neuland.

"Das bedeutet, dass ihr Freund heute um 5.46 Uhr an den Folgen einer Alkoholvergiftung gestorben ist, die durch das Koma vor einigen Wochen Ausmaße angenommen hat, die es den Ärzten nicht mehr ermöglichte, ihn zu retten.

Sie haben nach einigen Gesprächen mit den zuständigen Ärzten gemeinsam entschieden, die Maschinen abzustellen und werden ihrem Freund ein Begräbnis ermöglichen, dass dieser ohne das Zeugenschutzprogramm früher oder später sowieso hätte.

Von unserer Seite sind wir sehr erleichtert über den Mut von Herr Kim, doch wissen wir eben so, dass Herr Lee alles möglich machen wird, um jegliche Kläger aus dem Weg zu schaffen und das dieser auch die Mittel dafür hat.

Ich gehe hier ein Risiko damit ein, dass ich es ihnen fünf erzähle und nicht nur einer Person, denn die Möglichkeit wird so fünf Mal größer, das etwas schief geht. Leider hat Herr Kim jedoch die Bedingungen gestellt, dass Sie informiert werden, deswegen sind wir heute hier."

Nickend beendete der Typ den Satz, während sie wieder in Schweigen verfielen.

Das hier war gerade echt zu absurd.

Wie konnte ihr Leben nur so aus den Fugen geraten?

Er war sich nun gänzlich sicher, dass das hier nicht die erste Übernahme des Zeugenschutzprogrammes war, denn all seine Erinnerungen und all die Worte, die gefallen waren...

Vor allem war ihm die Situation im Kopf geblieben mit Jungkook und wie eigenartig es war, dass sie sich nicht mal verabschieden konnten, wo sie doch auch an dessen Bett gesessen hatten. Der Vater hatte einfach alles abgewehrt, was sie angeboten hatten. Jede Hilfe und jedes Gespräch.
Für sie war der Typ einfach nur ein Arschloch gewesen und dieses Verhalten ein guter Grund, warum dessen Sohn nichts mit ihm zu tun haben wollte oder andersherum. So richtig hatte er da nie durchgeblickt, denn sein eigenes Leben schien ihm schon kompliziert genug zu sein.

"Dürfen wir erfahren, wo Taehyung hinkommt?", setzte er an und wurde direkt abserviert:

"Nein.

Das ist vertraulich."

"Und-und dürfen wir uns wenigstens noch verabschieden?", versuchte es Jin mit zitternder Stimme, doch auch das wurde einfach kalt abgeschmettert:

"Nein.

Herr Kim ist offiziell seit heute morgen tot."

Das war wohl der letzte Rest, um Yoongis Geduld zum Reißen zu bringen und so konnte er nur noch mit ansehen, wie dieser den Mann am Kragen packte und ihn leicht über den Tisch zog. Erst danach kam der Stuhl polternd auf dem Boden an, als ob dieser in Zeitlupe gefallen wäre.

"Wollen Sie uns verarschen?!

Wir haben gerade fast zwei Mal unseren Freund verloren, können ihn jetzt mehrere Jahre nicht sehen und dürfen uns noch nicht Mal verabschieden?!

Wen wollen Sie hier denn gerade bestrafen? Uns? Kim Taehyung oder Lee Yujon?"

Ohne darauf einzugehen, packte der Fremde die Hand an dessen Kragen, zog sie weg und stand ohne eine Regung in dessen Gesicht auf. Noch nicht Mal Wut war darauf zu erkennen, dass Yoongi zu weit gegangen wäre. Das einzige was dieser noch sagte war:

"Herr Kim ist nicht mehr erreichbar für Sie, gewöhnen sie sich besser schnell daran, denn alles andere würde ihn nur in Gefahr bringen." Daraufhin ließ der Typ Yoongi wieder los und lief zur Tür. Natürlich nicht, ohne ihnen noch einen schönen Tag zu wünschen. Als ob das hier ein Gespräch über eine Geburtstagsfeier gewesen wäre.

Taste of Love - Taekook Место, где живут истории. Откройте их для себя