Kapitel 12

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Jungkook

"Also so private Einblicke wollte ich eigentlich noch nicht gleich bieten. Sorry dafür."

Etwas schüchtern und mit geröteten Wangen setzte sich Taehyung, nun endlich mit Kleidung am Körper, zu ihm hin. Dazwischen waren ungefähr 3 Meter Platz, die auch gerade dringend gebraucht wurden.

Der Schock saß noch tief und vergessen würde er das Bild sicher auch nicht so schnell, schließlich war es das erste Mal, dass ihm jemand nackt und mit einem Handtuch um die Schultern die Tür öffnete. Ja. Um die Schulter... Nicht um die Hüfte...

"Machst du das öfter? Also dieses Türen öffnen, wie Gott dich schuf?"

"Also Gott hat hierbei eher weniger zu tun. Ich bin das stolze Produkt meiner Eltern, was sie mir auch stetig immer wieder bewiesen haben, natürlich nur, solange meine Mutter Paolo noch nicht kannte."

"Hm?" Irgendwo war er wahrscheinlich in seinen Hirnwindungen abgebogen, weshalb er absolut nicht nachvollziehen konnte, wie sie jetzt an diesen Gesprächspunkt angekommen waren.

"Naja, meine Eltern hatten einige Probleme und nach einigem hin und her, haben sie sich schlussendlich getrennt. Blöd war nur, das mein Vater sie zurück gewinnen wollte, aber sie da bereits Paolo hatte und der wohl ganz besonders toll sein soll. Naja, ich war da sechs, als das passiert war und bin bei meinem Vater geblieben, der danach sehr depressiv war und sich nicht wirklich um mich gekümmert hat. Meine Freunde haben mir schlussendlich gezeigt, was Familie eigentlich bedeutete."

Ok... Das war viel auf einmal. Vor allem sehr viel persönliches auf das er irgendwie nicht so recht wusste, was er sagen sollte. Sollte er Mitgefühl zeigen? Mal von seiner verkorksten Familie erzählen oder einfach Schweigen?

"Naja egal - was führt dich her? Erst höre ich ewig nichts von dir und dann stehst du plötzlich vor meiner Tür -"

"Es waren zwei Tage..."

"Das kann viel Zeit sein, wenn man auf was wartet..."

"Du hast auf mich gewartet?"

Die plötzliche Wahrheit dieser Aussage schien dem Schwarzhaarigen jetzt erst aufzufallen und so wurde dessen Gesicht noch eine Spur röter und der Blick unsteter.

"Also ähm, das war jetzt eigentlich nicht das, was ich sagen wollte... Ich... Ich wollte eigentlich nur..." Es stockte und als sein Gegenüber scheinbar endlich wieder wusste, war er sagen wollte, war es etwas völlig anderes.

"Ähm warum bist du eigentlich hier? Ist irgendwas passiert?"

Mist... Da waren sie wieder bei der Sache, die ihn hergebracht hatte: Flucht.

Heute Morgen war er eigentlich gerade auf dem Weg zur Arbeit gewesen, weil er Mal wieder für jemanden einspringen musste, doch tatsächlich schaffte er es nur bis kurz vor die Bar. Davor lungerten nämlich zwei, denen er so gar nicht begegnen wollte. Personen, die ebenfalls zu der Sorte von Menschen gehörte vor denen er sich seit einigen Monaten versteckte.

"Familie..."

"Wie Familie?"

"Naja, du weißt schon: manchmal ist Flucht die einzige Möglichkeit, wenn es um Familie geht, denn loswerden tust du sie nicht, außer sie sterben."

Fragend blickten dessen dunkle Augen zu ihm. Blinzelten nur unmerklich und ansonsten kam keine Reaktion.

Eine sehr komische Stimmung machte sich derweil im Raum breit, die er irgendwie nur auf seine Aussage beziehen konnte... Oder? Taehyung jedoch bewies ihm das Gegenteil.

"Und ich dachte schon, du bist wegen mir hier..."

Vor Schreck verschluckte er sich an seiner eigenen Spucke. So sehr, dass Taehyung ihm sogar ein Glas Wasser brachte, was er dankbar annahm.

Erst als er das Gefühl hatte wieder atmen zu können, antwortete er.

"Das ist ja auch so. Ablenkung ist jetzt genau das richtige - und unser zweites Date steht noch aus!"

"Das, was du planen wolltest?"

"Ja, genau."

"Das, wo du ein Meister bist?"

"Richtig."

Lautes Schnauben war zu hören, aber auch die Worte: "Na da bin ich ja gespannt..."

...

"Wo sind wir?"

Vor ihnen stand ein Haus, das heruntergekommener nicht sein könnte. Es stank nach Urin und über all lag Dreck herum, aber das machte es nur noch witziger für ihn.

"Ist das hier eine Entführung und bist eigentlich ein Massenmörder, der hier in diesem Haus seinen geheimen Bunker hat mit Folterinstrumenten aller Art?"

Grinsend zuckte er mit den Achseln und lief einfach weiter. Merkte, wie seine Begleitung immer weniger Interesse hatte ihm zu folgen, seit sie aus dem Auto ausgestiegen waren.

"Was ist dein Lieblingsfolterinstrument?"

"JUNGKOOK!!! Ich finde das absolut nicht lustig! So hab ich mir unser zweites Date nicht vorgestellt..."

"Das glaub ich dir sogar, aber lass dich einfach überraschen." Lächelnd ging er wieder einige Schritte zurück. Ergriff zögerlich dessen Hand und zog ihn hinter sich her.

Stolpernd folgte der Ältere ihm. Ließ ihn sogar bis zum Eingang dessen Hand halten, was irgendwie komisch war, aber gleichzeitig auch beruhigend.

"Es ist etwas, was ich schon ewig nicht mehr gemacht habe, aber es ist unglaublich witzig - ich hoffe du hast kein Problem damit gebrauchte Schuhe anzuziehen, oder?"

Mit großen Augen blickte sich Taehyung bereits eine Weile in der Halle um. Es war noch wenig los, weil sie es Samstagvormittag hatten und die meisten Stammgäste wohl Teenager waren, die noch ihren Kater der gestrigen Nacht ausschliefen. Das bedeutete also für sie: mehr Platz für ein paar Wettrennen.

Stolz hielt er ihm die Rollschuhe vor die Nase, während er seine schon längst an hatte und bereit war für einen kleinen Probedurchgang.

"Die Dinger kommen nicht an meine Füße."

"Du kannst es auch mit den Händen probieren."

"Leck mich."

"Dazu bin ich nicht bereit."

Widerwillig nahm der Schwarzhaarige die Schuhe an. Blickte darauf, als wäre es eine Bombe, die jeden Moment explodieren könnte und seufzte missmutig auf - aber sie befanden sich wenige Minuten später zumindestens dort, wo sie sein sollten.

"Super und jetzt aufstehen!

Standest du schon Mal auf Schlittschuhen? Es ist genau das gleiche du musst nur..."

Beim langsamen hochkommen, wäre sein Gegenüber fast umgefallen, wenn er ihn nicht direkt an der Taille festgehalten hätte. Stocksteif standen sie nun da. Keiner sagte etwas, aber beide wusste, dass es so nicht ewig gehen konnte.

"Hey, du stehst! Ein Erfolg!"

"Hör mir bloß auf! Ich sehe mich am Ende dieses Tages im Bad sitzen und meine Wunden verarzten, aber das werde ich dir auf jeden Fall zurück zahlen!"

"Ich werde dir selbstverständlich dabei helfen, falls es wirklich so schlimm laufen sollte." Zwinkernd schnappte er sich den zitternden Mann, nahm ihn im Brautstil auf die Arme und rollte auf die Rennbahn zu. Sie war ähnlich aufgebaut, wie eine Rennstrecke, nur ohne Kurven und vollkommen aus Holz.

Zu erst beschwerte sich der Ältere, bei dieser Behandlung. Wollte direkt wieder runter, doch als er ihn dann tatsächlich am Bahnrand absetzen wollte, wurde der Griff um seinen Hals sofort enger.

"Du wirst das so bereuen, Jungkook! Das dritte Date, wird dein Untergang, versprochen!"

Grinsend stimmte er zu und ließ ihn los, wahrscheinlich etwas zu schnell, denn der Fall ging tiefer, als gedacht:

Die Rollschuhe rutschten weg und Taehyung saß auf dem Boden, das Gesicht dabei vor Zorn verzogen.

"Helf mir bloß nicht wieder!"

Taste of Love - Taekook Where stories live. Discover now