Kapitel 18

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Taehyung

"Es war eine sehr schöne Rede, die du da vorhin gehalten hast, Taehyung."

Es war Libet, die ihm das sagte, während sie sich gemeinsam zwischen den anderen Tanzpaaren bewegten.

Sie hatte ein wunderschönes weißes Kleid an. Nicht ausladend, sondern körperumspielend. Einer griechischen Göttin gleich und die kurzen Haare lockten sich um ein blumenbestücktes Haarband, dessen Enden im Wind wehten. Mit diesen Sommersprossen dazu und der süßen Stupsnase war sie wirklich ein wunderschöner Anblick. Eine wunderschöne Braut.

"Bei irgendwas musste ich mir ja mühe geben, wenn ich für den Rest nicht so Recht getaugt habe..."

"Das nimmt dir keiner übel Taehyung, Ok? Es gibt immer Momenten, wo Mal glänzt und wo nicht und heute warst du wirklich auf einem deiner glorreichsten Höhepunkte."

Etwas überrascht von diesen Worten, spürte er, wie die Hitze in seine Wangen trat und er sich tatsächlich schämte für so viel Zuspruch. Er hatte sowas schon sehr lange nicht mehr gehört und war auch allgemein mit Komplimenten etwas schwergängig.

"Dankeschön", sagte er deswegen nur und drehte sie erneut im Tanz in eine andere Richtung.

Suchend blickten seine Augen in die Menge. Hielten nach Jungkook Ausschau und fanden doch nur Yoongi, der ihm lächelnd den erhobenen Zeigefinger zeigt, als ob es eine Warnung wäre, ja nicht zu intim mit der Braut zu werden. Lachhaft, wo sie doch schon am Anfang ihres Kennenlernens nur seinen besten Freund gesehen hatte.

"Er sieht etwas eifersüchtig aus, der werte Gemahl... Sollen wir ihn noch ein bisschen Ärgern?"

Leider wurde aus seinem kleinen Piesacken nichts, denn seine Hand an ihrer Hüfte wurde direkt wieder nach oben geschoben und bekam zusätzlich noch einen Klapps auf den Arm.

"Schäm dich! Was soll denn deine Begleitung denken, was du hier machst? Benehm dich also!"

"Was soll er schon denken? Wir sind schließlich nur Freunde."

Das Lied endete und somit eigentlich auch ihre enge Haltung, allerdings schien Libet das wohl anders zu sehen und legte ihm stattdessen die Hände auf die Wangen. Blickte ihn dabei an, als ob er ihr kleiner Bruder wäre, der gerade den liebenswertesten Blödsinn überhaupt gesagt hatte.

"Ach Taehyung! Wem willst du denn erzählen, dass ihr nur Freunde seit? Ich hab dich doch lachen sehen. So unbeschwert und glücklich. So hab ich dich schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen, vielleicht sogar noch nie. Es ist doch nichts schlimmes daran, dass es keine Frau ist, die dein Herz höher schlagen lässt. Du solltest wissen, dass wir jeden Willkommen heißen würden, der dich so lächeln lässt..."

Die Irritation, die bei ihm schon entstanden war, als er ihre Hände in seinem Gesicht spürte, war nun auf eine Größe angewachsen, die ihn ungläubig die Luft anhalten ließ. Er wusste nicht so genau, wie er darauf reagieren sollte. Ob ruhig und bestimmt oder wütend und verletzt. Hier ging es schließlich nicht nur darum, dass er etwas neues probierte, sondern das seine engsten Freunde - seine Familie - ihn entarnten, ohne daß er wusste, dass es überhaupt etwas zum enttarnen gab. Nicht Mal er wusste, was er wollte, aber Außenstehende wollten ihm sagen wie er fühlte? Was er wollte?

Es war wie ein Schlag ins Gesicht. Wie eine Beleidigung oder gar eine Einordnung: Da, hier hast du deine Schublade! Fühl dich darin wohl, du wirst da nie wieder raus kommen!

Und das wollte er nicht!

Er wollte nicht, dass bereits alles entschieden war und es kein entrinnen mehr gab. Er wollte... Wollte... Wegrennen! Ganz weit weg und sich unter der Decke seines Bettes verkriechen, bis dieser Moment nur noch eine blasse Erinnerung für ihn war.

"Ich bin nicht schwul...", flüsterte er. Versuchte ihr Gespräch irgendwie geheim zu halten, auch wenn er merkte, wie sie die Aufmerksamkeit nach und nach auf sich zog.

"Aber das hab ich doch nicht gesagt..." Er konnte die aufkommende Panik in der Stimme von Libet hören. Konnte sehen, wie deren freundliche Miene, etwas weniger wurde und die Sorge Einzug hielt.

"Ich stehe auf Frauen."

In seinem Blickfeld trat Jungkook. Umringt von seinen Freunden, die diesem auf den Rücken und die Schulter klopften, als ob sie ihn bereits als neues Mitglied akzeptiert hatten. Als der fehlende Partner an seiner Seite. Nun hatten alle ihre zweite Hälfte gefunden. Niemand mehr allein. Nur er eben mit einem Mann. Einem Mann, den er weder heiraten könnte, noch Kinder zeugen. Überhaupt nicht das, was er sich für die Zukunft erträumt hatte...

Um so mehr er sich in diese Gedanken vertiefte, um so schlechter wurde ihm, was wohl auch andere mitbekamen. Er hörte, wie er gefragt wurde, ob es ihm gut ginge. Konnte sehen, wie Yoongi skeptisch auf ihn zu lief, während dessen Braut etwas verzweifelt zwischen ihnen beiden hin und her blickte.

Jetzt bloß keinen Aufstand machen! War das einzige, was er dachte. Das war die Hochzeit seines besten Freundes. Das war deren Moment. Also...

Tief durchatmen.

Alle Nerven zusammenreißen und atmen. Als ob man es erst wieder erlernen müsste.

"Das sieht aus, als ob er einen Panikanfall hat...", hörte er es sagen, während sein Blick immer noch wie hypnotisiert auf die Gruppe von Männern gerichtet war, die sie beobachteten. Leicht verschwommen nahm er sie nur noch wahr und auch, dass sich einer von der Runde löste und auf ihn zu kam.

"Komm Taehyung, lass uns eine Runde drehen."

Es war Jungkook. Dessen Stimme schien ihn aus seiner Trance zu reißen und ins hier und jetzt zu verfrachten. Beruhigend tätschelte dieser seine Schulter und zog ihn langsam von den anderen weg und aus der Aufmerksamkeit heraus, die ihm so unliebsam auf der Haut brannte.

Bereitwillig ließ er sich mit ziehen. Konnte hören, wie der Lärm stetig weniger wurde, genau wie die Enge in seiner Brust.

Ohne etwas zu sagen liefen sie auf den Teich zu. Liefen die Wege drumherum ab und genossen diese kleine Auszeit, um ihren eigenen Gedanken nachzuhängen. Bis Tae selbst die Stille durchbrach.

"Warum hatten meine Freunde dir so begeistert auf die Schulter geklopft? Ist was passiert?"

Die Augenbrauen des Braunhaarigen gingen sofort hoch und das kleine Lachen folgte direkt. Es ließ auch ihn etwas lächeln, auch wenn seine Stimmung noch etwas gedrückt war.

"Wir haben ein ganz männliches Aufnahmeritual vollzogen und nun bin ich Teil der Gruppe."

"Welcher Gruppe?"

"Der Männer-Toiletten-Selbathilfegruppe."

"Das ist... Toll... Kann man da mit einsteigen?"

"Klar, wenn du mit ihnen über deine Probleme reden willst."

Gespielt schmerzhaft verzog er das Gesicht. Erinnerte sich an den Grund, warum Jungkook und er eine engere Verbindung außerhalb der Bar geknüpft haben und schüttelte prompt den Kopf.

"Nein, lieber nicht."

Taste of Love - Taekook Where stories live. Discover now