Kapitel 14

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Jungkook

"Woher kennst du den Typen?"

Flüsternd beugte sich Taehyung zu ihm vor. So nah, dass er ihn tatsächlich hören konnte bei all dem Lärm, der mittlerweile um sie herum entstanden war.

Der Schnellimbiss war gut besucht an einem Samstagabend, das lag vor allem an dem guten Essen, aber sicher auch, in welcher Gegend er stand und welche Person den Laden führte... Schrille Leute zogen meist auch schrille Leute an.

Seine Begleitung war davon noch etwas überfordert, weshalb dessen Stuhl auch in der letzten Stunde so nah an seinen gewandert war, dass ihre Oberschenkel sich berührten. Seit sicherlich einer halben Stunde. Solange hatten sie noch nie Körperkontakt gehabt.

"Ich bin hier in meiner ersten Nacht in Seoul gestrandet. Er hat mich aufgenommen für einige Tage, damit ich nicht auf der Straße schlafen musste."

Die dunklen Augen seines Gegenübers richteten sich fragend auf ihn. Beobachteten ihn für einige Augenblicke still und schienen tausend Fragen zu haben, die jedoch in dessen Gedanken verschwanden. Stattdessen kam nur ein: "Das ist aber nett von ihm."

Melancholisch lächelte er darauf. Drehte die Colaflasche in seinen Händen, die schon lange nicht mehr kalt war. Zu lange hatte er sie im Klammergriff in seinen Händen gehalten, bei dem Gedanken, was ihn überhaupt hier her gebracht hat und wer ihn scheinbar heute wieder gefunden hatte.

"Kann ich eventuell heute auf deiner Couch pennen?"

Der irritierte Gesichtsausdruck auf dem Gesicht des Schwarzhaarigen sprach Bände, daher konnte er sich schon Denken, welche Antwort gleich kommen würde.

"Ach vergess es." Seufzend sprang er vom Stuhl auf. "Wir sollten gehen. Ich bin müde." Er kam nur wenige Schritte vorwärts, da hielt ihn eine ihm bekannte grazile Hand bereits auf.

"Hey, was ist denn -", Taehyung schaffte es nicht weiterzusprechen. Vor ihnen tauchte einer der Männer auf, die sie beide schon die ganze Zeit beobachtet hatten. Dabei ein sehr laszives Grinsen auf dem Gesicht und einen Augenaufschlag, der sich sehen lassen konnte.

"Schätzchen, wollt ihr etwa schon gehen? Dabei habt ihr mir noch gar keinen Drink ausgegeben..."

Schneller als gedacht, schien sein Begleiter zu checken, was das hier wurde, auch wenn er persönlich vielleicht anders auf diesen Flirt eingegangen wäre.

"Oh nein, das würden wir nie, wir sind nämlich nicht daran interessiert -"

"Hübschen, heißen und willigen Männer einbisschen Aufmerksamkeit zu schenken? Süßer, du siehst aus, als ob du noch etwas zu sehr den Stock im Hintern hast, also keine Panik: wir wollen nur ein bisschen hübsche Gesellschaft, klar?" Die Stimme des Mannes war schneller von süß und lieblich zu männlich und dunkel gewandert, als er erwartet hatte, doch dessen Flirtmiene kam schnell wieder.

"Also, nochmal. Ich wollte dich eigentlich fragen, ob du uns deine Begleitung mal ausleihen würdest", sprach dieser nun nur mit ihm. Legte die frisch Manikürten Nägel auf seinen Brust und streichelt zaghaft darüber. "Er sieht aus, als ob er dringend eine Runde Tequila bräuchte..."

Der Blick von Taehyung darauf war Gold wert. Jeder im Einzugsgebiet von 300 Metern hätte dessen Panik im Gesicht ablesen können, der schmerzhafte Griff an seinem Arm unterstrich das ganze noch perfekt.

"Du wirst doch nicht...", presste dieser zwischen zusammen gepressten Zähnen heraus und brachte ihn schlussendlich ganz zum Lachen.

"Aber es wäre der perfekte Moment, um dir selbst zu beweisen, dass du kein Alkoholiker bist, oder? Außerdem ist das mein Date... ich darf heute entscheiden, nicht wahr? ..."

Der verzweifelte Blick wurde noch herzzerreißender, aber seine Gnade war in diesem Fall nur bedingt da.

Mit einem Schmunzeln löste er die verkrampfte Hand an seinem Arm und übergab sie dem nett drein schauenden Mann - der Taehyung sofort lachend hinter sich herzog. Der Anblick, der sich ihm dabei bot, konnte nicht theatralischer sein. Wahrscheinlich, weil dieser wusste, wie Tequila hier getrunken wurde...

...

"Nie wieder! Hast du gehört? Nie wieder werde ich Tequila zu mir nehmen!"

"Ich höre dich laut und deutlich", lachte er. Konnte dabei die Hand auf seinem Oberschenkel immer höher wandern fühlen.

Ok, betrunken war Taehyung noch nicht, aber definitiv angeheitert.

"Ich werde nie wieder von irgendeinem irgendwo auf dessen Körper Salz ablecken!"

"Ich finde, du hast dich gut gehalten."

Fest schlug die Hand auf seinem Oberschenkel zu. Ließ ihn kurz vom Gas runter springen, was das Auto gefährlich holpern ließ.

"Ganz wichtige Regel, Taehyung: Der Fahrer wird nicht geschlagen!"

Kichernd antwortete sein Beifahrer darauf, ließ endlich von seinem Bein ab und lehnte sich gemütlich in den Sitz.

"Ich mag es, mit dir Zeit zu verbringen...",  die Stille, die nach diesem Geständnis herrschte war lang und tief und abermals stellte er fest, dass der betrunkene Taehyung definitiv einfacher in der Kommunikation war.

"Wenn du doch nur auch so ehrlich wärst, wenn kein Alkohol deinen Körper durchströmt..." Er sagte es nur leise. Nur für sich, aber nach dem eintretenden regelmäßigen Schnaufen stellte er fest, dass es auch nichts ausgemacht hätte, wenn er es lauter gesagt hätte. Schlafend würde der davon sicher nichts mitbekommen.

Nach weiteren 5 Minuten waren sie an ihrem Zielort angelangt. Vorsichtig half er Taehyung aus dem Auto, hievte ihn hoch in dessen Wohnung und machte sich dann selbst auf den Heimweg. Es würde zu Fuß zwar eine Weile dauern, aber die frische Luft dieser Nacht tat gut, um etwas den Kopf frei zu bekommen. Frei für Pläne...

Heute Morgen war er zu überrascht und zu panisch gewesen, als das er auf dieses ihm so bekannte Gesicht anders hätte reagieren können, als wegzurennen. Jetzt, mit etwas Abstand, musste er sich eingestehen, dass Wegrennen bisher nie geholfen hatte - sie hatten ihn immer wieder erwischt.

Was war also der Plan?

Hier bleiben und sich dem Problem stellen oder erneut versuchen eine neue Heimat zu suchen, wo sie ihn diesmal wirklich nicht fanden?

Gedankenverloren kickte er einen Stein vor sich her. Dachte an Taehyung und wie viel er mit ihm in der letzten Zeit gelacht hatte - doppelt so viel in den letzten Tagen, als im ganzen vergangenen Jahr - und dann diese Dates... Er wollte eigentlich nicht von hier weg und irgendwie hatte er ihm ja eigentlich unbewusst versprochen zu helfen. Ihm bei der der Suche nach sich selbst zu helfen und irgendwie war es auch eine Suche nach dem, was er eigentlich vom Leben wollte. Der Ältere hatte ihm einen Weg aufgezeigt, wie Leben funktionieren kann. Mit Tiefs und Hochs. Mit Menschen die einen Lieben und sich um einen Sorgen...

Seufzend blickte er auf. Bemerkte, das jemand vor ihn trat und seinen Weg versperrte, doch bevor er realisierte, wer es war, traf ihn bereits die Faust in sein Gesicht.

Taste of Love - Taekook Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt