Kapitel 92

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Yoongi (fast 4 Wochen später)

Heute war der Entlasstag von Taehyung und auch wenn es für den ein oder anderen Menschen eine Erleichterung sein könnte endlich das Krankenhaus zu verlassen, so schien es in diesem Fall nicht weniger wichtig zu sein, als wenn ein Fisch im Han River aus dem Wasser springen würde: die Leute schauten zwar kurz auf und lächelten vielleicht, aber schnell wurden andere Dinge wichtiger und am Abend erinnerte man sich nicht Mal mehr an den Grund des Schmunzelns oder gar das überhaupt die Mundwinkel gehoben worden waren.

Es war wahrscheinlich ein schlechter Vergleich, denn sein Freund lächelte nicht mehr.

Nicht, seit dem diesem die Nachricht übermittelt wurde, dass die Liebe, die endlich da gewesen war, nun wieder fort war und zwar für immer. Solange herbei gesehnt und nun, nach nur so kurzer Zeit, wieder alleine. Untermalt mit den Schuldgefühlen einer ganzen Familie.

Für seinen Verstand war das zu viel. Rein rational war eigentlich niemand von ihnen an dem Ausgang dieser Geschichte Schuld und doch fraß ihn das schlechte Gewissen selbst von innen nach außen auf. In langsamen Schritten, aber er spürte, wie auch ihn die Kartarsis einzuholen versuchte, wie bei Taehyung, der reglos auf dem Bett saß. Den Kopf gesenkt und mit leeren Blick ins nichts starrend.

Es war wohl nun der Normalzustand eines Mannes, der sonst so lebendig war. Klar gab es Ängste und Zweifel, doch er hatte das Gefühl, dass Jungkook vieles davon einfach mit dessen Anwesenheit aufgehoben hatte.

"Sollen wir später sein Grab besuchen?" Er traute sich nicht Mal den Namen auszusprechen, auch wenn er Jimin noch vor ein paar Wochen eine Rede gehalten hatte, warum sie sowas auf keinen Fall machen sollten. Leider hatte der Name in ihm mittlerweile das Gefühl der Angst entfacht, der sich nicht auf die Person selbst bezog, sondern auf Taehyungs Reaktion darauf. Beim letzten Vorfall waren genau in dem Zimmer, wo sie gerade waren, einige Möbel durch den Raum geflogen und das dieser sich dabei nicht weitere Körperliche Schäden zu gezogen hatte, war pures Glück - überigens auch ein Wort, dass er sich nicht mehr traute zu sagen.

"Nein", kam die Antwort hart und kalt über die Lippen seines Freundes. Wie schon die anderen Male, als er ihn danach gefragt hatte. Vielleicht, weil es dann unbestritten war, dass Jungkook wirklich nicht mehr zurück kommen würde und das würde wohl auch den letzten Lebenswillen nehmen.

"Ok, dann nach Hause?"

"Nein."

"Warum? Wohin willst du dann? Zu mir und Libet? Zu Jimin, Namjoon, Hoseok oder Jin?"

"Nein.

Ich will in ein Hotel."

Und wahrscheinlich die Minibar leeren. Genau deswegen blieb er auch bei ihm.

Er blieb da, als der Arzt endlich für die Entlassung kam und er blieb da, als das nächstbeste Hotel zum neuen Lebensort auserkoren wurde. Genau so, wie die erste Nacht und die zweite und die dritte Nacht.

Als er am Abend aus der Dusche kam, saß Taehyung draußen auf dem Balkon auf dem Boden und hatte die Beine durch die Gitterstäbe der Balustrade geschoben.

Er machte sich nicht Mal die Mühe seine Haare zu trocknen, auch wenn draußen noch nicht solche warmen Temperaturen waren, dass es keine Folgen für seine Gesundheit haben könnte, sondern folgte seinem trauernden Freund. Stumm setzte er sich neben ihm und ließ ebenfalls die Beine in der Luft baumeln.

Gemeinsam beobachteten sie eine Weile ihre Füße, wie sie hin und her schaukelten, bis einer von Taehyungs Schuhen sich von dessen Fuß löste und hinab fiel. Ein Klong war zu hören, als dieser unten an kam, aber nicht so laut, dass es schlafende Personen in der Nähe gestört hätte.

Taste of Love - Taekook Where stories live. Discover now