Kapitel 21

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Taehyung

Zaghafte Finger strichen durch seine Haare. Ließen ihn immer wieder in den Schlaf zurückfinden. Wohlig weich. Warm.

Unter sich konnte er Herzklopfen hören. Spürte das Pochen an seiner Wange und krallte sich nur noch mehr in den Stoff unter seinen Fingern.

Er fühlte sich schwach. Ausgelaugt und müde, als ob er eine schwere Nacht hatte, an die er sich jedoch nur nach und nach erinnern konnte.

Hatte die Gesichter seiner Freunde vor sich, die Sekt Gläser und... Jungkook...

Jungkook, wie er dessen Gesicht in seinen Händen zusammen schiebt, wie dessen Augen ihn beobachten und dessen Mund sich wortlos bewegte.

Und dann war da die Toilette. Sein Essen von Stunden zuvor wenig ansehnlich in der Schüssel und plötzlich wusste er, was passiert war. Wusste, was er gemacht hatte und wer hier gerade neben ihm lag und ihm durch die Haare strich.

Reflexartig entfernte er sich von dem warmen Körper. Nun kerzengerade im Bett sitzend und ungläubig jede Aktion des gestrigen Abends hinterfragend.

Fuck!!!

Die Kopfschmerzen kamen wie eine Begleiterscheinung mit dem Gefühl von Scham und Frust in seine Wahrnehmung gesprungen. Ließen ihn schmerzhaft aufstöhnen und direkt wieder zurück ins Bett fallen.

Jetzt half nur noch die Flucht. Ab unter die Decke und nicht mehr heraus kommen.

Nie wieder am besten, denn er hatte es scheinbar Mal wieder richtig verkackt.

Jungkook sagte derweil nichts. Beobachtete ihn wahrscheinlich und nur das Rascheln neben ihm, sowie die Bewegungen im Bett, sagten ihm, dass dieser wohl nicht mehr dort war. Vielleicht sogar ganz gegangen.

"Wie geht's dir? Brauchst du was? Eine Kopfschmerztablette oder so?"

Die plötzliche Stimme ließ ihn etwas zusammenzucken. Mehr aufgrund der noch etwas schummrigen Wahrnehmung, als wegen der Lautstärke. Tatsächlich hatte er das Gefühl, dass Jungkook sogar leiser gesprochen hatte, als sonst, wodurch das schlechte Gewissen noch etwas größer wurde.

Verdammt! Er hatte ihn geküsst! Vor versammelter Gruppe! Wo er doch vorher noch darauf bestanden hatte nicht auf Männer zu stehen. Nicht schwul zu sein...

Naja... Er fühlte sich jetzt auch nicht schwuler trotz dem Ereignis, aber wahrscheinlich funktionierte so auch sexuelle Orientierung nicht.

"Tut mir Leid..."

Seine Stimme wirkte noch rauer als sonst und auch der Kloß in seinem Hals schien größer geworden zu sein. Ließ ihn unangenehm Räuspern, während vor ihm die Decke langsam angehoben wurde. In der kleinen Öffnung zeigte sich das Gesicht des Braunhaarigen und die fragend hochgezogene Augenbraue mit dem Piercing sprang ihm schon fast entgegen.

"Kannst du dich etwa an letzte Nacht erinnern?"

"Ja...", und es wunderte ihn selbst etwas. Es war nicht verschwommen oder gar weg, wie er sich das gerade gerne wünschte, sondern klar in seinen Erinnerungen verankert.

"Ich bin... Überrascht."

Das waren sie wohl beide, aber wahrscheinlich mit unterschiedlichen Empfindungen dies bezüglich.

"Und jetzt?"

Er schaffte es noch nicht selbstständig aus seinem kleinen Schutzraum herauszukommen. Wollte aber zumindestens Mal einen Ansatz schaffen. Einen Weg, um wieder etwas Vertrauen zu gewinnen.

"Ich hab nicht das Gefühl, dass du fragst, was wir essen wollen, dabei spukt genau das in meinem Kopf herum..." Das kleine Grinsen was nach Jungkooks Worten auf dessen Gesicht erschien war... erleichternd, auch wenn es nicht klärte, was sie mit dem machten, was gestern Abend passiert war. Aber irgendwie... Hatte er das Gefühl, dass ihm gerade die Hand gereicht wurde, wieder zurück in die Realität zu finden, ohne sich weiter zu schämen und zögernd nahm er diese kleine Einladung an. Grinste ebenfalls und stimmte ein. Mit mehr Energie und Sicherheit.

"Fuck... Essen ist das letzte was ich gerade will!"

Das Lachen was darauf folgte ließ sein Herz etwas hüpfen. Brachte ihm Mut, um die Decke von seinem Kopf zu entfernen und langsam wieder aufzurichten. Nach und nach pellte er sich aus dem Bett. Ein Fuß nach dem anderen. Folgte dem Braunhaarigen nur wenige Minuten später, auch wenn sein Gang noch nicht wirklich sicher war. Scheinbar steckte immer noch einiges an Alkohol in seinem Körper, auch wenn er eigentlich alles herausgebracht hatte, was hineingewandert war.

Der Geruch von Teebaumöl kroch in seine Nase und als er den fremden Mann in der Küche sitzen sah, der mit einer Beauty Maske im Gesicht gerade Tee schlurfte, wusste er woher es kam. Jungkook stand daneben. Die Ellenbogen auf dem Tresen mitten im Raum abgestützt und die Augen auf ihn gerichtet. Freundlich und amüsiert.

Mit einer tiefen Verbeugung bedankte er sich bei dem Mann, der ihnen wohl für diese Nacht Unterschlupf gewehrt hatte, auch wenn er nicht verstand, warum das überhaupt nötig war. Warum sie nicht bei Jungkook hätten schlafen können...

"Schätzchen, du siehst aus, als ob du einmal die Unterwelt besucht hättest und nun gerade so den Weg hinaus gefunden hast - da hab ich genau das richtige für dich!"

Die Stimme von dem Rahmenladenbesitzer war in seinen Ohren etwas zu schrill und laut, weshalb er nur mit verzogenen Gesicht nickte und sich direkt zu dem Jüngeren gesellte, der ihn grinsend immer noch beobachtete.

"Was ist so amüsant?"

Schulter zuckend wurde das Grinsen seines Gegenübers noch breiter. "Mir war nicht bewusst, dass du auch scheiße aussehen kannst."

Wow... Wie nett, aber das sah wohl auch ihr Gastgeber so, der mit einem lauten Knall dessen nackten Arm schlug.

"Benehm dich, Junge! Das hier ist mein Haus und da werden Menschen respektiert. Auch wenn sie... Mist bauen."

Er konnte sehen, wie der Schalk in Jungkooks Augen lag und eine Erwiderung bereits auf dessen Zunge darum kämpfte ausgesprochen zu werden, doch es blieb still. Ruhe kehrte in die Küche ein und bis auf das klappern von Löffeln war nichts zu hören.

Es war ein eigenartiger Start in den Tag, wo er doch meistens allein in seiner Wohnung aufwachte. Sich um sich selbst kümmern musste, so wie schon sehr sehr lange. Heute schien es jedoch anders zu sein. Wärmer. In seinem Bauch. In seinem Herzen.

"Tata!" Mit Schwung wurde ihm in diese träumerische Stille einen großes Glas mit grüner Flüssigkeit vor die Nase gehalten. Die Worte "Wundergetränk" schwangen dabei mit und aus dem Augenwinkel konnte er das verkniffene Gesicht von Jungkook sehen, der das Zeug wohl bereits kannte, was ihm fast entgegen schrie, dass es unglaublich eklig war, aber vor lauter Scham was alles seit letzter Nacht passiert war, nahm er es einfach dankbar an.

"Mit einem Mal. Nicht absetzen!"

Es waren Worte, die nicht gerade dazu beitrugen, das er sich wohler fühlte, aber mit etwas Überwindung schaffte er es und konnte im Nachhinein sagen:

Nochmal betrunken sein lohnte sich nicht, wenn er danach sowas trinken musste... Es war widerliche und als ob Jungkook seine Gedanken hören konnte, sagte dieser flüsternd:

"Das mach ich dir jetzt jedes Mal, wenn du wieder zu tief ins Glas guckst."

Das Lachen was darauf durch die Küche hallte war warm, freundlich und offen. Löste eine Stimmung aus, die in ihm Sehnsucht entfachte, dass er dies hier öfter haben wollte.

Dieses Nicht allein sein.

Taste of Love - Taekook Kde žijí příběhy. Začni objevovat