Kapitel 20

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Jungkook

Schwer beladen kam er bei Taehyung zu Hause an. Seine Fracht niemand geringeres, als der Besitzer dieser zwei Zimmer Wohnung und gerade Mal wieder etwas wacher, aber definitiv nicht nüchtern.

"Warum mussten wir schon gehen, Kookie?"

"Ich heiße Jungkook und wir mussten gehen, weil du einen über den Durst getrunken hast."

"... Kookie ist ein viel süßerer Name. Viel passender für diese großen Augen. Wie ein kleiner trauriger Welpe..." Taehyungs Hände fanden sich abermals in seinem Gesicht wieder. Die eigentliche Frage und seine Antwort waren dabei wohl schon vergessen.

"Das freut mich ja, dass du Sympathien entwickelt hast in Bezug auf mich. Noch mehr würde es mich allerdings freuen, wenn das auch ohne Alkohol ginge..." Die letzten Worte waren dabei etwas verzogen, weil sein Gesicht gerade massiert wurde - auf sehr eigenartige Weise.

"Du hast ja auch einen Fleck auf der Nase... Ich auch!"

Es war ein etwas zu lauter Ausruf, weshalb er ihm nur alarmiert die Hand auf den Mund hielt und Pssst sagte.

"Hör auf mitten in der Nacht herum zu brüllen und gib mir lieber deinen Schlüssel."

Leider war es genau das, was fehlte und somit blieb die Tür zu.

"Hast du ihn etwa auf der Hochzeit verloren? Ist das jetzt dein ernst?!"

Der Schwarzhaarige zeigte keine Spur Reue und schien sich stattdessen sogar zu freuen.

"Dann schlafen wir heute wohl beide bei dir... Yeah, Pijamaparty!!!"

Völlig entnervt schloss er die Augen. Versuchte tief die Luft einzuatmen und brachte sie stoßweise wieder heraus.

Das konnte doch wirklich jetzt nicht sein!

Einmal in seinem Leben sollte er Verantwortung für eine andere Person haben und dann sowas... Das Chaos in seiner Wohnung war dabei nur die Spitze des Eisbergs. Seine Blutergüsse und Platzwunden kamen ja nicht ohne Grund in sein Gesicht. Ein gute Erklärung, warum er Taehyung nicht mitnehmen sollte...

Aber wo stattdessen hin?

"Hast du irgendjemanden bei dem du pennen kannst und der heute nicht auf der Hochzeit war? Irgendjemand, der dich gerne für eine Nacht aufnimmt?"

Der Schwarzhaarige Lockenkopf bewegte sich, schien fast, als ob dieser nickte und die Hoffnung wollte zurück in seine Eingeweide kriechen - allerdings nur bis zu dem Moment, als seine Begleitung anfing zu sprechen.

"Ja! Duuuuuuu!", und schon fiel der Typ ihm um den Hals und presste sich mit dem ganzen Körper fest an ihn.

So viel Liebe war er tatsächlich nicht gewöhnt, aber er hatte Taehyung ja auch meistens am Ende des Abends einfach in ein Taxi gesetzt. Das ging jetzt heute nicht.

"OK... Dann...", es fiel ihm unglaublich schwer das nächste auszusprechen, aber außer im Auto zu schlafen gab es keine weiteren Optionen... Oder?



"Ach du meine Güte! Schätzchen ihr seht schlimm aus! Kommt rein, kommt rein!"

Der Ramenladeninhaber winkte sie mit ausfallender Bewegung in die Stube, die sie direkt mit dem Duft von Teebaumöl und Wärme empfing. Drinnen waren die Lichter gedimmt und wirkten daher noch etwas willkommener auf ihn.

"Was macht ihr zwei denn für Blödsinn! Du", Bigum stockte, wedelte mit den Händen vor ihm auf und ab und entschloss wohl nichts zu seinem Aussehen zu sagen. Drehte sich stattdessen zu Taehyung, der mittlerweile etwas weiß im Gesicht war und mehr in seinen Armen hing, als tatsächlich auf eigenen Füßen zu stehen. "... Und du... Ich hab ihn als hübschen adretten jungen Mann im Kopf, aber das hier..."

"Kein Problem! Ich komm mit betrunkenen Menschen klar. Bin ja schließlich Barkeeper."

Unbeeindruckt schüttelte ihr Gastgeber den Kopf, hob mit den Fingerspitzen den Kopf des Schwarzhaarigen an, der direkt wieder nach unten kippte, als dieser ihn los ließ. "Nur weil ich Koch bin heißt das ja auch nicht, dass ich mich automatisch mit Fettleibigkeit oder Magersucht auskenne, auch wenn sie beide mit Essen zu tun haben", und wie, als ob es nicht allen Anwesenden bereits klar war schob dieser noch eine Diagnose hinterher: "Der Typ ist hinüber!" Als ob er das nicht selber wüsste...

Schon dackelte der kleine Mann davon, was nur bedeuten konnte, dass dieser wohl wollte, dass sie ihm folgten.

"Und was hat der weise Mann für MICH für eine Erklärung?"

Schwerfällig versuchte er mit Taehyung durch die schmalen Gänge zu kommen und wurde prompt von einem Kopf überrascht, der aus der nächsten Tür heraus schaute.

"Du bist einfach nur ein Blödmann!"

Ah... Das war also die Erklärung für sein ganzes Leben. Wie nett.

Ohne eine Antwort darauf zu geben trug er den schlaffen Körper des Schwarzhaarigen ins Bad, wohl genau im richtigen Moment, denn das Würgen trat direkt ein. Er konnte gerade noch dessen Schultern packen, als es schon fast den Anschein hatte das Umkippen das nächst mögliche Problem sein könnte.

"Verdammt, wie hast du das die ganzen Monate vorher ohne mich geschafft?!"

Wenig begeistert musste er nun dabei zu schauen, wie sich das Vier Gänge Menü in der Toilette verabschiedete und kam nicht um hin zu grinsen, als Bigum angewidert den Kopf ins Bad steckte.

"Der schläft heute in der Badewanne, oder?"

"Ich kümmere mich um ihn, das hab ich doch gesagt, mach dir also keine Sorgen, OK?", und bevor ihr Retter in der Not verschwinden konnte rief er noch schnell hinter her: "Und danke übrigens, dass wir so spät noch herkommen durften. Du hast uns wirklich den Arsch gerettet."

Die Wangen des Kochs wurden röter nach diesem von ihm extra gewählten Worten und damit war schon fast Taehyung vergessen, der sich mit viel Engagement ins Klo übergab. Aber eben auch nur fast...

"Pass mir ja auf, dass er auch wirklich nur in die Toilette kotzt, sonst sind wir Feinde auf Lebenszeit, klar?" Der Seidenkimono wurde darauf noch etwas enger um dessen fülligen Körper geschlungen, bevor dieser sie wieder verließ und einige Momente später eine Tür zu fiel.

Sofort ging seine Aufmerksamkeit wieder zu seiner Begleitung zurück, die zitternd und schwitzend immer noch würgte.

"Oh man, du machst mir echt nur Probleme, Taehyung...", statt jedoch sauer zu sein oder ihm die Szene hier nachzutragen, entschied er sich für die dritte Variante:

Sachte die vor Schweiß nassen Haare aus dessen Gesicht zu streichen und zu warten. Zu warten bis der Magen leer war und er ihn ins Gästezimmer verfrachten konnte.

Nach einer weiteren halben Stunde schienen sie tatsächlich an diesem Punkt angekommen zu sein. Der Atem von dem Älteren ging nur noch langsam, aber definitiv ruhiger. Lag in seinen Armen und schlief, als ob es keinen besseren Ort dafür gab.

"Hier können wir nicht schlafen, Taehyung..." Ein nörgeliges Brummen war zu hören, aber Gegenwehr kam keine, als er sich erhob und damit ihre kleine Zusammenkunft unterbrach.

"Komm, ab ins Bett."

Mit seinen letzten Kräften für diese Nacht schaffte er sie beide ins Gästezimmer ein Zimmer weiter. Wie ein nasser Sack viel Taehyung in die Laken, zog sich direkt in die Fötusstellung zurück, während er noch versuchte die Kleidung von dessen Körper zu entfernen. Beim Hemd scheiterte er jedoch kläglich, weshalb er nur Eimer und Decke noch holte und damit selbst ins Bett fiel.

"Kotz mir ja nicht ins Bett, klar? So nahe sind wir uns noch nicht, dass ich sowas tolerieren würde."

Müde drehte er sich auf die Seite, blickte auf den Rücken von Taehyung, der gerade viel schmaler aussah, als er eigentlich war und streichelte durch dessen Haare. Ließ die strähnen durch seine Finger gleiten, bis auch er eingeschlafen war.

Taste of Love - Taekook Where stories live. Discover now