22.Kapitel | Praevalensia |

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...Das Gefühl der Freiheit begrüßte mich mit offenen Armen.

Meine Umgebung war dabei auf mich einzudrücken und mich beim lebendigen Leibe zu zerquetschen.
Ich verlor meinen Sinn für Raum und Zeit.
Mein Verstand schaltete sich aus und ließ sich nun von meinem inneren Tier leiten.
Ich bekam nichtmal mit, was ich gerade tat.
Meine Beine trugen mich so schnell, als wäre ein Tsunami hinter mir her und drohte mich einzuholen.
Also stoppte ich nicht.
Ich lief einfach weiter.

Sämtliche Tiere die mir über den Weg liefen, trank ich bis zum letzten Bluttropfen aus und zeraß sie erbarmungslos in Stücke.
Ich fühlte mich so mächtig, als wäre es ein Traum.
Ich war nicht mehr aufzuhalten.
,,Yui!", rief eine mir bekannte Stimme.
Eine mir so bekannte Stimme, das ich sie in Binnen von Sekunden erkannte und sie mich augenblicklich wieder zurück in die Realität schleuderte.

Sofort halte ich in meiner Bewegung inne und starrte dem quieckendem Tier vor mir in die Augen.
Es war blutverschmiert und sämtliches Leben losch Stück für Stück aus seinen Augen.
Wie traumatisiert und voller Schuld starrte ich das Reh an.
,,Es tut mir leid...", flüsterte ich verzweifelt.
,,Yui...", sprach wieder die Stimme.

Mein Kopf hebte sich und schaute in das mitfühlende und schockierte Gesicht von Jungkook.
,,Was habe ich getan?", flüsterte ich.
Tränen prügelten sich in meine Augen.
Tränen der Reue und der Angst.
Aber nicht Angst vor Jungkook, dem Reh oder sonst irgendjemanden, sondern Angst vor mir selbst.
Angst davor, was ich getan hatte und zu was ich noch imstande sein konnte.

Ich hinterließ eine Blutspur.
Jungkook lief langsam auf mich zu.
,,Was habe ich getan?", wiederholte ich verzweifelt und meine Tränen rannten mir erbarmungslos über meine Wangen.
So wollte ich nicht sein.
Ich habe unschuldige Tiere getötet und sie buchstäblich so entstellt, dass niemand mehr herausfinden könnte, was für eine Tierart sie überhaupt waren.
Ohne etwas zusagen, sank Jungkook zu mir herunter und legte schützend seine Arme um mich.

Er verstand wie ich mich fühlte.
Und nun war auch ich in der Lage ihn zu verstehen wie er sich fühlte.
Wie schaffte er es diese ganzen Gefühle zurück zuhalten?
Dieses Verlangen jemanden in Stücke zu zerreißen zu unterdrücken?
Weinend drückte ich mich in seine Brust.
Dadurch legte er fester seine Arme um mich.
Jedoch nicht um mir weh zutun, sondern um mir zu zeigen, dass er für mich da war und er nicht vor hatte irgendwohin zugehen.

,,Hier, das sollte für ein paar Stunden deine Vampirinstinkte sänftigen.", Amore hielt mir eine Brühe hin, die sie vorher extra für mich angeschmischt hatte.
Alle saßen bedrückt schweigend im Wohnzimmer verteilt.
Mittlerweile war ich auch wieder sauber und hatte etwas Frisches an, da ich völlig blutverschmiert war.
Vorsichtig versuchte ich das Glas anzunehmen, doch ich war zu verkrampft und die Angst das Glas in meiner Hand zu zerspringen zu lassen, war zu groß.
Jungkook, der direkt neben mir auf der Couch saß, verstand ohne darüber nachzudenken und nahm vor mir das Glas an.

Dankend schaute ich ihn an.
Es ist nicht so, dass ich mich sonst nicht beherrschen konnte, sondern das ich nicht in der Lage war meine plötzliche Stärke regulieren zukönnen.
Er hielt mir das Glas an die Lippen und ich trank es bis auf den letzten Zug aus.
Es schmeckte zwar furchtbar verschimmelt, doch wenn es bedeuten würde mich wieder in den Griff zukriegen, würde ich jetzt sogar ein ganzes Fass leer trinken.
Angewidert verzog ich mein Gesicht als ich fertig war, jedoch spürte ich sofort die Wirkung und meine Vampirinstinkte schwächten ab.

Meine Kraft regulierte sich wieder, mein Geruch- und Gehörsinn schwächte ebenfalls ab und das Verlangen alles niederzuzerschmettern verschwand langsam.
,,Danke.", sprach ich, weshalb ich ein sanftes Lächeln von Amore bekam.
Jungkook stellte das Glas auf den kleinen Tisch vor uns ab.
Für einen Moment atmete ich entspannt aus.
,,Wollt ihr jetzt weiterhin schweigen? Oder wollt ihr dem Mädchen nicht endlich erklären was los ist?", Jimin klang ohne Zweifel sauer und angespannt.

Seit dem SIE da sind | FF BTS |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt