108. "Hey, Princess"

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Die monegassische Morgensonne durchflutete das Schlafzimmer. Charles spürte wie Jemand sanft seine Wange streichelte. Es legte sich ein sanftes Lächeln auf seine Lippen. "Was machst du da?" fragte er immer noch grinsend. "Ich beobachte dich." sagte Julie hemmungslos. Charles entwich ein Lachen. Er drehte sich um und sah das wunderschöne Lächeln der Französin. "Du weißt aber schon, dass das ein wenig seltsam ist oder?" Julie zuckte nur mit den Schultern. "Und wie lange beobachtest du mich schon?" Julie zuckte wieder mit den Schultern. "Eine Weile." gab sie zu. "Und wieso beobachtest du mich?" fragte er weiter nach. Julie grinste breit und krabbelte näher an ihn heran um ihn zu küssen. "Weil ich dich liebe. Gaaanz doll." hauchte sie gegen seine Lippen. Charles schlang seine Arme um die Französin und küsste sie liebevoll. 

Seit Daniels Party in Österreich war etwas Zeit vergangen und man könnte sagen es war wieder mehr Normalität eingekehrt. Julie ging es mit jedem Tag ein kleines Stück besser. Sie fühlte sich immer weniger wie ein Problem, Sie konnte wieder freier und unbeschwerter einfach in den Tag hineinleben. Auch wenn sie das Gefühl hatte dieses Jahr, hatte sie nach ihrem Geburtstag länger gebraucht um wieder voll auf die Beine zu kommen, hatte sie es schlussendlich doch geschafft und so blieb doch alles beim Alten. Sie wusste auch, dass sie sich irgendwann ihren Problemen tatsächlich stellen musste, aber sie war sich sicher, dass sie dafür noch nicht bereit war. Auf der anderen Seite war sie sich gar nicht sicher ob man für sowas überhaupt jemals bereit sein konnte. 

Charles erhaschte einen Blick auf die Uhrzeit und schreckte kurz auf. "Ich sollte mal aufstehen und Frühstück besorgen." Er wollte sich schon aus dem Staub machen, doch Julie ließ ihn nicht. "Nein, du kannst jetzt nicht gehen." sagte sie schmollend. Über Charles Lippen huschte ein Lächeln. "Aber wir haben gleich schon halb elf und ich hab Hunger und du mit Sicherheit auch." Julie dachte kurz nach. Ja klar sie hatte immer Hunger, aber sie wollte Charles auch nicht gehen lassen. "Aber ich will noch nicht aufstehen." murmelte sie. "Musst du ja nicht, deswegen gehe ich ja das Frühstück holen." Julie zog Charles zu ihr runter und küsste ihn innig. "Aber ich will ja auch nicht das du gehst. Außerdem haben wir bestimmt noch irgendwas hier was man essen kann." Sie sah ihn weiterhin mit ihrem Hundeblick an. Charles zog die Augenbrauen kritisch nach oben. "Wir sind gestern aus Deutschland zurück gekommen und weil du so müde warst, sind wir nicht mehr einkaufen gegangen. Also nein, wir haben nichts  essbares hier." erklärter er. "Also bin ich schuld?" fragte sie skeptisch. Charles zuckte nur mit den Schultern. "Naja, irgendwie schon." Für diese Aussage kassierte er natürlich einen Schlag gegen die Schulter. "Wenn ich jetzt losgehe, gibt's im Café noch die guten Brötchen und vielleicht sogar Croissants." Julie seufzte. "Na gut." brummte sie widerwillig. Charles drückte ihr noch einen kurzen Kuss auf die Stirn ehe er davon flitzte. Julie wollte eigentlich noch vorschlagen mitzukommen, doch da war er schon weg. Wenn Charles gewusst hätte, welche Wendung der Tag noch nehmen würde, wäre er vielleicht doch liegen geblieben. 

Julie lag noch eine Weile im Bett und wälzte sich in Charles Duft, den er in ihrem Bett hinterlassen hatte. Doch irgendwann beschloss sie doch sich aufzurappeln und ihre Wohnung aufzuräumen, die mal wieder im Chaos unterging. Mit der Wäsche fing sie an, dann räumte sie ihr Arbeitszimmer auf und zum Schluss staubsaugte sie die Wohnung. Julie hatte grade noch Zeit sich etwas frisches Anzuziehen, da hörte sie schon die sich öffnende Wohnungstüre. Sie lief guter Dinge zurück ins Wohnzimmer und freute sich aufs Frühstück. 

"Charles du wirst nicht glauben..." eigentlich wollte sie Charles grade stolz davon berichten, wie viel sie schon geschafft hatte, doch als sie das Wohnzimmer betrat stockte ihr der Atem. "Hey Prinzessin." Bei dieser Stimme lief Julie ein Schauer über den Rücken. "Unfassbar wie erwachsen du geworden bist. Du siehst..." "Was machst du hier?" unterbrach Julie ihn. Ihre Stimme klang wie immer, doch Julie spürte, wie ihr Herz anfing zu rasen und ihre Hände zitterten. "Darf ein Vater seine Tochter nicht mal besuchen?" sagte er als wäre es das normalste der Welt. In Julies Augen bahnten sich die Tränen an, doch sie gab sich große Mühe, sie zu unterdrücken. "Hey, du brauchst doch nicht weinen." Joseph machte einen Schritt auf sie zu, doch Julie wich sofort zurück. "Fass mich nicht an." zischte sie. Joseph blieb stehen und atmete kurz durch. "Ok, ich kann verstehen, dass du sauer bist. Ich will nur..." "Mir ist egal was du willst. Ich will das du gehst." sagte sie mit fester Stimme. Bevor Joseph noch was sagen konnte, öffnete sie die Wohnungstüre ein zweites Mal. 

"Hey, Julie! Du wirst nicht glauben wen ich mitgebracht habe." Charles kam mit einem breiten Grinsen in die Wohnung, doch es sollte schnell wieder verschwinden. "Ach ihr habt euch schon getroffen." sagte Charles als er die beiden sah. Joseph drehte sich verhalten zu Charles. "Charles, ich finde es nett was du versucht hast zu tun, aber ich sollte wieder gehen." sagte er vorsichtig. "Aber wieso..." "Das war deine Idee?" rief Julie schockiert und unterbrach Charles. "Ja, ich dachte..." "Was dachtest du? Wer gibt dir das Recht einfach Entscheidungen über mein Leben zu treffen? Glaubst du ich bin nur so ein sozial Projekt? Ach die arme kleine verkorkste Julie, ich biege ihr Leben wieder für sie ihn, weil sie es ja selber nicht gebacken bekommt?" Joseph hatte sich in der Zwischenzeit unbemerkt aus der Wohnung geschlichen, was vermutlich auch besser so war. "Nein Julie, ich halte dich nicht für mein Sozialprojekt. Aber nach deinem Geburtstag hast du gesagt, du würdest dir wünschen, dass sich alles mit deinem Vater klärt. Also habe ich ihn für dich ausfindig gemacht und ihn gebeten herzukommen." Mittlerweile hatten die Tränen sich durchgekämpft und flossen Julie nur so über die glühenden Wangen. "Glaubst du nicht, ich hätte gerne selber entschieden wann ich dazu bereit bin?" fragte sie ihn mit kratziger Stimme. "Ich dachte, vielleicht weißt du nicht wo er ist. Oder du traust dich nicht ihn zu suchen. Ich dachte, vielleicht brauchst du nur einen kleinen Schubs." Julie schnaubte verächtlich.

"Charles, ich weiß seit Jahren wo mein Vater ist. Jedes Jahr an meinem Geburtstag fahre ich dorthin. Ich habe dabei zugesehen, wie er ein neues Leben begonnen hat, wie er eine neue Frau kennengelernt hat, wie die beiden zwei Töchter bekommen haben. Sie heißen Emma und Alice. Ich hab ihm dabei zugesehen, wie er einfach weitergemacht hat, als hätte ich nie existiert. Ich habe keinen Schubs gebraucht. Hätte ich mit meinem Vater reden wollen, hätte ich das getan." Über Julies Wangen liefen immer noch die Tränen wie kleine Bäche. "Aber das hab ich doch nicht gewusst. Ich wollte dir doch nur helfen." "Charles, dass ist genau der Punkt. Ich will nicht das du mir hilfst! Ich bin doch nichts, was man einfach so reparieren kann. Ich brauche nicht deine Hilfe, ich kam bis jetzt auch ganz Prima ohne dich aus. Alles was ich von dir wollte, war deine Liebe." "Ach, und du glaubst es ist einfach dich zu lieben? Wenn du dich ständig vor mir verschließt? Nicht mit mir redest? Mich einfach ausschließt? Max erzählst du natürlich alles, verdammt nochmal sogar Lando weiß mehr über deine Gefühlswelt bescheid als ich? Julie so funktioniert eine Beziehung nicht! Ich weiß nie was tun oder wie ich mich verhalten soll. In einem Moment bist du überglücklich und im nächsten todunglücklich, aber reden tust auch nicht mit mir. Ich kann dich nicht lieben, wenn du ein hundert Meter hohe Mauer um dich herum baust." Es wurde still. Beide hatten gesagt, was ihnen auf dem Herzen lag. 

"Ich möchte, dass du jetzt gehst Charles." sagte Julie ruhig und ein wenig gefasster. "Nein, ich gehe jetzt nicht. Merkst du denn nicht, dass du mich schon wieder ausschließt? Wir klären das gemeinsam." Julie schloss die Augen und atmete tief durch. "Charles, ich möchte, dass du jetzt gehst." wiederholte sie nochmal ruhig. "Julie, ich werde nicht gehen." antwortete er stur. Julie presste vor Wut die Lippen auf einander. "Dann geh ich eben." Sie schnappte sich ihre Tasche und schlüpfte in ihre Schuhe um aus der Wohnung zu stürmen. Sie hörte noch, dass Charles ihr was durchs Treppenhaus hinterher rief, doch sie hörte ihm nicht mehr zu. Sie war zu sehr von der Wut geblendet. 


I didn't see that coming...Where stories live. Discover now