Kapitel 45

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"Wieso musst du so weit gehen? Willst du wirklich so viele Leben auslöschen?"
Er zwang mich, mich bei ihm einzuhaken und führte mich in einen Raum, mit einer großen Maschine.
"Du bist wirklich niedlich, aber auch unsagbar nervig!", raunte er mir ins Ohr und drückte mich auf einen seltsamen Stuhl. Ich war zu schwach, um mich wehren zu können.
"Was machst du da? Hey!", schrie ich, als er mich an dem Stuhl fixierte und mir etwas auf den Kopf setzte.
"Du würdest das, was ich von dir will, nicht tun. Deshalb werde ich dich dazu zwingen. Eigentlich hätte ich ja meine Fähigkeit benutzt, aber sie wirkt bei dir leider nicht. Aus diesem Grund, wirst du noch mehr leiden müssen."
Mit diesen Worten beendete er seine Erklärung und startete die Maschine. Ich zappelte und schrie, doch es war auswegslos. Es raubte mir bloß das letzte bisschen Kraft und so versuchte ich, mich wieder zu beruhigen.

Gerade als ich dachte, es würde nichts passieren, durchzog mich ein stechender Schmerz. Er breitete sich über meine Adern aus, bis er in meinem Kopf ankam.
Ein lauter Schrei, verließ meine Lippen.
Er schmerzte in meiner trockenen Kehle, aber ich konnte nicht aufhören zu schreien, bis mir schwarz vor Augen wurde.
Als ich wieder etwas sah, befand ich mich in einem schwarzen Raum.
Ich hatte keine Kleidung mehr an.
Es fühlte sich an, als würde ich schweben. Dieser Ort war mir bekannt, erkannte ich schnell. Er war mir so bekannt, dass es schwer war, ihn vergessen zu können.
Dieser Ort war mein Inneres, dem ich viel zu oft gegenüber gestanden habe.
Meine Gedanken, meine Erinnerungen.
Dieser Ort war mein Bewusstsein und versammelte mein ganzes Dasein.
Aber etwas war anders.
Dieser Ort war keine dunkle Leere gewesen, als ich ihn zuletzt betreten hatte, doch nun war er es.
Ein Licht erregte meine Aufmerksamkeit.
Ich drehte mich um meine eigene Achse und folgte der Reflektion, nur um zu sehen, dass es ein Spiegel war.
Er war zerbrochen, aber ich konnte mich trotzdem darin erkennen.
Das Leuchten, das ich verfolgt hatte, ging von mir aus. Es war die ganze Zeit meines gewesen.
Ich streckte eine Hand nach meiner Spiegelung aus und erschrak, als mein Spiegelbild diese Geste nicht erwiderte.
Es starrte mich, mit seinen leeren, tiefroten Augen, an.

Ich wich zurück.
Die Gestalt grinste, bevor sie ihre Hände aus dem Spiegel streckte und den Rahmen umgriff, an diesem sie sich heraus zog.
Sie sah aus wie ich, wenn man von den gruseligen Augen absah und dem Furcht einflößendem Lächeln.
Ihr Inneres war schwarz und bestand aus purer Finsternis.
Diese Gestalt war unmöglich ich!
"Wie schön, dich endlich kennen zu lernen!"
Sie kicherte.
Es hallte in schrillem Ton nach und es hörte nicht auf.
"Du kannst nicht Ich sein!", schrie ich und trat zurück. Auch meine Worte hallten in der Leere zurück.
Ich spürte wieder Boden unter meinen Füßen.
Der dunkle Schleier begann sich zu lichten und ich erkannte die Umrisse eines altmodischen Zimmers, mit einem weinroten Teppich und einer aufwändigen Bordüre, aus schwarzem Holz, mit Verzierungen, die Hirsche darstellten.
Ich sah ein kleines Mädchen, mit kurzem grünen Haar. Ihr weißes Kleid war rot bespränkelt. Als sie sich umdrehte, sah ich in ihrer Hand eine Schere.
Hinter ihr lag jemand auf dem Boden.
Mir wurde schlecht, als ich erkannte, wer dieses Mädchen, mit dem Blut beflekten Kleid war.
Dieses Mädchen, war ich.
Sollte dies eine Erinnerung von mir sein?

Es grinste teuflisch, als es auf mich zugerannt kam und mir selbst, mit der Schere, in die Brust stach.
Obwohl ich keinen Schmerz spürte, spürte ich doch etwas anderes. Als würde etwas in mir zerreißen, meine Gefühle sich spalten.
"Ich bin du, Doyle!", kam es aus meinem Mund. Ich riss die Augen auf.
Das konnte nicht wahr sein.
Im nächsten Moment fand ich mich auf dem elektrischen Stuhl, neben Fyodor, wieder. Ich stand auf, aber die Bewegungen waren nicht meine.
Sanft legte sich die Hand Fyodors an meine Wange. Sie war eiskalt und hinterließ ein unangenehmees Gefühl auf meiner fröstelnden Haut.
"Nun bist du perfekt für meinen Plan. Komm mit!"
Mein anderes Ich folgte ihm und hakte sich bei ihm ein.
Diese intime Geste gefiel mir, im Umgang mit ihm, überhaupt nicht.
Was hatte er bloß mit mir gemacht?

Gehörte dieses andere Ich wirklich zu mir, oder war es doch nur eine Manipulation meines Bewusstseins?
So nahe wollte ich ihm nicht sein!

All I see is you (Bungou stray dogs FF Ranpo)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt