Kapitel 38

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Als man mir mitteilte, dass ich der Sonderabteilung übergeben werden würde, hatte ich mir eine kahle Zelle vorgestellt mit einem billigen Feltbett und ohne Privatsphäre. Es war gar nicht so schlimm wie ich und die anderen es sich vorgestellt haben. Ich war keine Gefangene. Nicht in diesem Sinne zumindest. Ich durfte zwar das Zimmer nicht verlassen, aber ich hatte eine normale Einrichtung. Ein normales Bett, eine dicke Decke, einen Fernseher, einen Esstisch und ein Badezimmer, das ich mir nicht mit jemandem teilen musste.
Das Essen war auch in Ordnung und sicher nicht das, was ich eigentlich erwartet hatte.

"Sind Sie bereit, mir zu erklären was es mit Ihrer Fähigkeit auf sich hat?", fragte Sakaguchi, der mir gegenüber saß.
Wir waren in seinem Büro.
"Nun, genau genommen weiß ich das ja selbst gar nicht so genau", setzte ich an und dachte nach. "Ich erzeuge Illusionen, die ich halbwegs manifestieren kann. Das mit der Manipulation ist auch mehr Illusion als Kontrolle."
Grübelnd tippte ich mir an mein Kinn und überlegte, wie ich es besser erklären könnte. "Sie kennen doch Tanizaki?"
Als mein Gegenüber nickte fuhr ich fort.
"Er kann eine Art Raum erschaffen und alles im Hintergrund verbergen. Das kann ich nicht. Ich lege lediglich einen Schleier über die Wahrnehmung."
Sakaguchi sah mich geduldig an. Seine Miene war unergründlich und ich war mir sicher, dass dieser Mann noch weniger als mein Chef lächelte.
"Ich kann bestimmen, wer was sieht. Das bedeutet, ich könnte Sie zum Beispiel glauben lassen, sie befänden sich am Meer, während ich jemand anderem wahrmachen kann, dass er gerade stirbt." Plötzlich bedachte er mich mit Argusaugen.Vielleicht war meine Wortwahl nicht sehr klug gewählt, aber ich dachte mir, dass Lügen noch schwerwiegendere Folgen haben würden.
"Ich kann niemanden direkt kontrollieren. Nur die Wahrnehmung. Aber verletzen kann ich dadurch niemanden. Sehen Sie."
Ich ließ ein scharfes Messer in meiner Hand entstehen und schlug es mit voller Kraft auf den Tisch, doch zurück blieb nichts. Kein Kratzer oder andere Schäden.
"Sie sollen Manifestation beherrschen", sagte er ernst. Ich seufzte entnervt und nickte. "Ja, aber das bezieht sich auch nur auf gewisse Dinge."
Er kniff die Augenbrauen zusammen.
"Eine Person kann ich als billiges Double erschaffen. Weder tauglich für den Kampf, noch um sich zu unterhalten", versuchte ich etwas Witz mit in die Unterhaltung zu bringen, doch bei meinem Gesprächspartner rührte sich kein Muskel.
"Tiere hingegen, die keine lange Lebensspanne haben kann ich wirklich erschaffen. Aber die leben auch nicht lange", beendete ich meine ausführliche Erklärung.
"Also ist es doch nicht, wie wir vermutet haben. Sie können keine Personen kontrollieren?", hakte er nach. Ich hob die Schultern. "Das ist interpretations Sache. Ich kann die Illusion, die ich wirken lasse so ausführen, dass jemand Handlungen ausführt die zu meinen  Gunsten sind."
Ungeduldig trat er mit seiner Fußspitze auf den Boden.
"Diese Handlungen sind aus freiem Willen!", gab ich beschwichtigend von mir und merkte wie ich zu schwitzen begann. Sakaguchis reglose Miene machte mich ehrlich nervös.
"Die Person tut allein das, was sie selbst für sinnvoll erachtet. Darum muss ich die Person kennen, auf die solch eine Illusion wirken soll..."

Nun wirkte er wieder etwas entspannter und lehnte sich nachdenklich in seinem Stuhl zurück, während er die Hände faltete und sein Kinn darauf abstützte.
"Sie sind keine Gefahr", sagte er, mit fester Stimme und sah nach rechts, zu einem Stapel Papieren. Erleichtert atmete ich aus. Vielleicht musste ich doch nicht lange hier bleiben.
"Aber..."
Mein Puls begann erneut zu rasen.
Hektisch hob ich den Blick.
"Jemand scheint sich Ihrer Fähigkeit bemächtigen zu wollen. Können Sie mir sagen warum?"
"Vielleicht denkt jemand, dass ich zu etwas bestimmtem in der Lage bin. Aber ich habe Ihnen gerade so ziemlich alles erzählt." Ich schloss meine Augen.
>>Was könnte denn jemand von mir wollen? Falschgeld? Das würde sich auflösen... Betrug... <<
Ich schluckte schwer und sah mein Gegenüber ängstlich an.
"Betrug vielleicht? Wenn ich mich mehr auf meine Geisteskraft konzentriere, könnte ich einem ganzen Bezirk etwas vormachen, aber wär hätte etwas davon?", fragte ich mein Gegenüber.
"Die Ratten aus dem Haus der Toten vielleicht."
"Ich dachte mit Fyodor sind sie ausgelöscht worden?"
Er schüttelte den Kopf.
"Sie haben selbst die Beweise gefunden. Es gibt noch mehr, als Fyodor und seine kleinen Fische. Und wenn es nicht sie sind, dann welche die mit ihnen zusammen arbeiten, während andere die Drecksarbeit machen."
"Was passiert jetzt mit mir?"
Ich traute mich gar nicht diese Frage auszusprechen. Zu groß war die Angst, dass ich vielleicht doch woanders hingebracht wurde wo man mich nicht finden würde. An einen Ort, der vielleicht nicht so gut wie dieser war.
"Bis wir genaueres über die Situation haben, werden Sie hier bleiben. Zu Ihrer Sicherheit und für die der Stadt."

All I see is you (Bungou stray dogs FF Ranpo)Where stories live. Discover now