Zuhause

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Ich atmete tief ein. Die frische Winterluft, fuhr durch meine Lungen und hellte meinen Verstand. Kleine Schneeflöckchen verfingen sich in meinen Haaren. Es ist nun nicht einmal vier Monate her, als ich das letzte Mal zuhause war und doch ist so viel passiert.
Ich stand in der kleinen Bucht im Wald, in meiner Hand hielt ich meine Tasche, deren Gewicht meine Schulter leicht nach unten zog und um meinen Hals trug ich meinen rot und Gold gestreiften Schal, dessen Fransen sich im Wind umeinander zwirbelten.
Ich hatte keine Vorstellung gehabt, dass sich so ein Kloß in meinem Hals bilden würde, wenn ich alleine nach Hause fuhr, aber die Tatsache von James getrennt zu sein, wenn auch nicht für lange Zeit, setzte sich in meinen Knochen fest.

Versteht mich nicht falsch! Natürlich bin ich keine Freundin, die jederzeit, allzeit bereit bei ihrem Freund sein muss, weil ich sonst sterben würden.
Es war viel mehr so, dass ich mich in den letzten Monaten so daran gewöhnt hatte, dass James immer da war und dass immer jemand bei mir lag, der mich verstand, wenn ich des Nachts geplagt von Albträumen schweißgebadet aufwachte, dass ich mir nicht vorstellen konnte, wie es noch anders sein konnte und wie es mir gehen würde, wenn ich plötzlich alleine bin mit meinen Problemen und das machte mir auf eine erschreckende Art Angst, weil es mir verdeutlichte, wie abhängig ich geworden war von James.
Andersherum war ich mir sicher, dass es James nicht anders ging als mir.

Eben noch war ich am Bahnhof gewesen und hatte James lange umarmt und schon war ich zuhause.
Noch ein letztes mal atmete ich tief ein und ging die Straße entlang zu meinem Elternhaus, wobei ich nicht nur einmal ausrutschte. Der Gehweg war spiegelglatt.

Als ich das Leuten der Klingel hörte, war meine Sorge darüber, wie die Zeit ohne James sein würde, schon wieder so gut wie weg geblasen. Ich roch von drinnen den Duft von Kuchen und Zimtsternen und hörte meine Mutter durch das offene Küchenfenster Summen.
Mein Dad machte die Tür auf. Er schob sich gerade einen Zimtstern in den Mund. Statt ihn in die Arme zu fallen, wie ich es sonst immer tat, wenn ich meine Eltern nach der langen Zeit endlich mal wieder sah, kreuzte ich nur meine Arme übereinander und schaute ihn skeptisch an. "Wo ist meiner?" Fragte ich ihn mit strenger Stimme.
Kauend hob er einen Zeigefinger, in seinem drei Tage Bart hatten sich einige Krümel gesammelt, sodass ich davon ausging, dass das gerade eben nicht der erste Keks war, den er gegessen hatte.
"Ich hoffe für dich, dass du mir welche übrig gelassen hast, sonst hexe ich dich aufs Dach." Drohte ich ihn.
Er schluckte nur gespielt übertrieben und schlug mir die Tür vor der Nase zu. Etwas angepisst, stolzierte ich zur Klingel, bis ich sie fast mit meiner Nasenspitze berührte und schielte zum Knopf, auf den ich nun verbissen drauf einprügelte.

Wieder wurde die Tür geöffnet und wieder stand mein Dad darin. In seiner Hand hielt er eine Schüssel voller Zimtsterne. Ich steckte mir gleich zwei in den Mund und war jetzt endlich bereit ihn überschwänglich zu umarmen.
"Bist du gewachsen?" Fragte mich mein Dad wie immer, wenn ich von der Schule kam und strich mir über meine Haare. Und ich verdrehte wie immer nur die Augen.
Ich war seit zwei Jahren nicht mehr gewachsen. "Doch!" Rief mein Dad aus. "Definitiv!"
Sanft schlug ich ihn auf den Oberarm und rannte in die Küche, um meiner Mum in die Arme zu springen und ihr so fast eine riesige Schüssel voller Kuchenteig aus den Händen zu reißen, der beinahe auf dem Boden gelandet wäre.

"Mum!" Schrie ich und lachte glücklich. Ich drehte mich um, steckte meinen Finger in den Teig und ließ ihn schnellst möglich in meinen Mund wandern, bevor sie etwas sehen konnte.
"Du bist unmöglich." Meckerte meine Mum, die es wohl trotzdem gesehen hatte.

Bevor sie noch etwas sagen konnte war ich auch schon mit den Worten: "Meine Bücher warten." Hoch in mein Zimmer gestürmt.
Ich zog meinen Zauberstab und entstaubte meine Bücherregale mit einem "Ratzeputz." Wo ich gleich mal dabei war,befreite ich direkt mein ganzes Zimmer von Dreck und staub.
Morgen würde James her kommen. Ich war mir zwar zu hundert Prozent sicher, dass meine Eltern ihn unten auf dem Sofa schlafen lassen würden, aber das hieß ja nicht, dass mein Zimmer für ihn verboten wäre.

Mein braunäugiger Idiot ||Jily FF|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt