Kann ich bei dir bleiben?

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Ich streckte meine müden Glieder und anders als sonst, stieß ich dabei gegen irgendetwas.
Ich streckte meinen Arm nach rechts aus und versuchte zu fühlen, was da war. Meine Hand ertastete etwas, das im stetigen Takt schlug. Ich kniff die Augen zusammen. Was genau war gestern noch mal passiert? Mein Kopf dröhnte.
Ich drehte mich um, um zu erkennen, was da lag und ich schrie leise auf. Da lag James. In meinem Bett!

Moment... Ich sah mich um. Nein, er lag nicht in meinem Bett. Ich war ganz offensichtlich in seinem Zimmer, erkennbar an den vielen Fotos, die an den Wänden hingen und des Besens, der in der einen Ecke des Raumes stand, über den ein Quidditschumhang hing.
Durch den hellen Mondschein, der herein schien, konnte ich mich ganz gut in seinem Zimmer umsehen. Es war ordentlich. Anders als bei mir lagen nicht überall Klamotten rum, Bücher und Dreck. Ganz im Gegenteil. James hatte seine Klamotten sauber gefaltet auf einen Stuhl gelegt und seine Schulbücher ordentlich gestapelt auf den Tisch daneben.
Einzig und allein die Bilder an den Wänden hingen schief, aber so dass man denken mag, dass es so gewollt ist. Was es vermutlich auch war.
Ansonsten konnte man auch keine einzige Spinnenwebe erkennen.
Erstaunlich... Ich hatte immer gedacht, dass sein Zimmer viel unordentlicher wäre als meins.

Der Mond stand noch weit oben am Himmel, wirklich lange konnte ich also nicht geschlafen haben. Ich setzte mich auf, woraufhin mein ganzer Mageninhalt Interesse daran bekam, sich jetzt und hier auf den Fußboden zu verbreiten. So schnell ich konnte stürmte ich ins Bad und erbrach mich.
Nicht nur mein Mageninhalt kam hoch, sondern auch meine Erinnerungen an den gestrigen Tag.
Will, das totale Reinfalldate und diese komische Situation zum Schluss, gepaart mit der Angst die ich hatte. Alles kam mit hoch, gemischt mit starken Kopfschmerzen.
Neben der Kloschüssel ließ ich mich nieder und bettete meinen Kopf auf meinen Knien.
Minutenlang tat ich nichts anderes, als mich auf meine Atmung zu konzentrieren, tief ein und wieder aus, nur um mich dann wieder zu übergeben.
Ich hasste dieses Gefühl. Betrunken sein ist ja eine Sache, die vielleicht sogar ganz lustig sein konnte, aber wenn der Körper den Alkohol wieder abbaut, geht es einem einfach nur beschissen.

Jemand strich mir die Haare aus dem Gesicht und hielt mir ein kleines Fläschchen und ein Glas Wasser hin.
"Hier! Das wird helfen." Ich hätte gerne nach oben geguckt, um mich zu bedanken, aber zum einen hatte ich Angst, dass ich dann direkt vor seine Füße brechen würde und zum anderen hielt er eine Kerze in der Hand und alleine der düstere Schein in meinen Augenwinkel war zu hell für mich, wenn ich der Quelle des Übels begegnen würde, würde ich vermutlich sterben.
Er schraubte das Fläschchen auf und drückte es mir in die Hände. "Das Zeug schmeckt ganz okay. Also keine Angst! Eigentlich solltest du es drin behalten können."
Wieder strich er mir die Haare aus dem Gesicht und tupfte mit einem kalten Lappen den Schweiß von meiner Stirn.

Mit zusammen gekniffenen Augen, aus Furcht gegen das Licht zu schielen, setzte ich das Gefäß an meine Lippen und leerte es mit einem Zug. James hatte Recht gehabt.
Dieser Trank hatte eine leichte Note von Vanille und Lavendel, schmeckte ansonsten aber nach gar nichts außer Wasser.
Augenblicklich verschwand die Übelkeit und auch die Kopfschmerzen zogen sich zurück in den Hintergrund, allerdings fühlten sich meine Arme und Beine jetzt schlapp und schwer an, allgemein ging es mir aber auf jeden Fall besser.

Er drückte mir das Glas Wasser in die Hand, setzte sich neben mich, legte seine Hand auf meine und fuhr mir mit seinen Daumen immer wieder über meinen Handrücken.
"Geht's dir besser?" Seine Stimme war so ruhig und erdend, wie hätte es mir nicht besser gehen sollen?
Ich nickte und seufzte. "Bis auf das dringende Bedürfnis Zähne zu putzen schon." Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter.
"Ich hoffe ich bin noch rechtzeitig gekommen. Mein Vater hatte mir beigebracht diesen Trank zu brauen, als ich sechzehn geworden bin. Er hatte gesagt, dass er mich ja sowieso nicht davon abhalten könnte auch mal Alkohol zu trinken, er wisse ja, wie das auf Hogwarts wäre, aber er könne ja wenigstens dafür sorgen, dass es mir nicht ganz so elend geht, wie ihm damals. Seit dem habe ich immer was von dem Zeug auf Lager."
Ich musste lächeln, so wie fast jedes Mal wenn er sprach.

Er redete extra rücksichtsvoll und leise, sodass es mich überhaupt nicht störte. Es lenkte mich ab. Ich wollte, dass er weiter sprach, also fragte ich: "Hast du noch mehr solcher nützlichen Tränke?"
"Du würdest dich wundern, was ich im Notfall alles aus meiner Tasche ziehen kann. Meine Eltern sind schließlich Auroren. Sie haben mich gelehrt: Sei lieber vorbereitet und handle clever, sonst steht dein Leben auf dem Spiel. Vielleicht etwas übertrieben in Verbindung mit einem Kater, aber dem Vorbereitetem trifft keine Überraschung. Obwohl es durchaus eine Überraschung war, als du plötzlich vor meiner Zimmertür warst und mir in die Arme gesprungen bist." Er schnaufte amüsiert und fuhr damit fort seinen Daumen über meine Hand kreisen zu lassen.

"Es tut mir Leid, falls ich dich geweckt habe. Das war nicht meine Absicht gewesen. Ich hab auch gar nicht darüber nachgedacht." Es fühlte sich komisch an mich dafür zu entschuldigen, denn eigentlich tat es mir gar nicht Leid. Ich hatte einfach nicht gewusst wohin ich sonst hätte gehen sollen.
"Ach quatsch." Er machte eine wegwerfende Handbewegung. "Ich konnte eh nicht schlafen und so spät war es ja auch noch gar nicht."

Wir saßen schweigend da. Mein Atmen passte sich seinem ruhigen Herzschlag an. Drei Schläge einatmen, drei Schläge ausatmen. Meine Augenlieder wurden schwerer und fielen langsam zu.

"Außerdem" Fügte er nach einer Weile hinzu. "Ich bin dir dankbar, dass du zu mir gekommen bist, dass du das Vertrauen hattest, obwohl ich naja... Du weißt schon das mit der Karte abgezogen habe." Er atmete tief ein. "Ich hoffe das klingt jetzt nicht aufdringlich, aber so ruhig und entspannt hab ich schon lange nicht mehr geschlafen."
Ich merkte, wie er seinen Arm hob und sich jetzt vermutlich vor Nervosität durch seine Haare fuhr.
Ich hatte auch ruhiger als sonst geschlafen. Vielleicht nicht wirklich lange, aber gut.
"Auch wenn ich glaube, dass das jetzt am Restalkohol und diesem komischen Trank liegt, muss ich gestehen, dass es mir nicht anders ging." Stimmte ich ihm zu. Und naja, wenn ich eh schon einmal dabei war, konnte ich auch gleich weiter meine Ehrlichkeit ausleben. Zu Not, konnte ich es später auch noch auf den Alkohol schieben, wie vorher angekündigt.
"Allgemein fühl ich mich besser und sicher in deiner Nähe." Ich machte eine kurze Atempause. "Das ist vermutlich auch der Grund, warum ich zu dir gekommen bin. Ich weiß nicht, warum ich dich immer abweisen muss. Darüber hat Mary mir erst einen Vortrag gehalten, beziehungsweise auch immer mal wieder mehrere."
Er küsste mich auf meinen Scheitel. "Warum erzählst du mir das?" Fragte er.

Mein braunäugiger Idiot ||Jily FF|Where stories live. Discover now