Prolog

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Seit Wochen hatte Ranpo keine Aufträge mehr bekommen. Jemand hatte ihm seine geliebten, schwierigen Fälle weggenommen. Wenn er einen neuen Auftrag bekam, war der Fall schon gelöst, sobald er am Tatort eintraf. Er konnte es sich nicht erklären, war er doch von unterbelichteten Menschen umgeben. Die Detektei wurde nur eröffnet, damit er seine Fähigkeiten unter Beweis stellen konnte. So jedenfalls sah er die Dinge. Dass ihm nun jemand den Sinn seines Lebens streitig machte, wollte ihm gar nicht passen.
Ohne seine Fälle war er nichts mehr, was blieb ihm dann noch?
Aber es wäre eine gute Herausforderung für ihn.
Leider konnte ihm niemand etwas über diese Person sagen, nicht einmal, ob es eine Frau oder ein Mann war.
Warum wusste das niemand?
>>Ein androgyner Mann vielleicht?<<, überlegte der Detektiv.
Das hätte er sicher sofort erkannt, er hätte sogar sagen können, was diese Person hauptberuflich macht und sogar ihr Hobby hätte er mit einem Blick herausfinden können.

Grimmig schaute er aus dem Fenster und öffnete eine Flasche Ramune mit Melonengeschmack. Die Kugel klirrte, als sie im Flaschenhals landete.
,,Was ist los, Ranpo? Du siehst so schlecht gelaunt aus", fragte Haruno besorgt mit einem dicken Stapel Papieren im Arm.
,,Ach, weißt du, ich habe seit Wochen nichts zu tun, weil mir so ein Typ die Fälle vor der Nase wegschnappt."
,,Du hast doch sicher vor, diesen Kerl herauszufordern, oder?"
Sie nahm die leere Flasche, die er ihr wortlos hinhielt und die er in weniger als vier Schlucken geleert hatte.
,,Du hast es erfasst. Also dann. Ich werde diese Person finden!"
Er ging ein paar Schritte. Dann fiel ihm seine Orientierungslosigkeit wieder ein.
"Kenji, hast du Zeit?", fragte er, denn sonst würde er sich sicher wieder verlaufen. Ganz aufgeregt kam der Junge mit leuchtenden Augen angerannt.
,,Du fragst mich?"
Seit seinem ersten Tag in der Detektei schaute Kenji zu Ranpo auf. Er war sein Vorbild. Er konnte es kaum glauben, dass ausgerechnet er gebeten wurde, seinen Mentor zu begleiten.
,,Na klar! Oder siehst du hier einen anderen Jungen, der Kenji heißt?", grinste er und zog seine Mütze tiefer ins Gesicht. Seine grünen Augen leuchteten aufgeregt, als er loslief.
Sie fuhren mit dem Zug zum Hafen.

Nach einer ereignislosen Zugfahrt erreichten sie den Hafen.
Nachdenklich blieb der dunkelhaarige Mann an der Hauptkreuzung stehen.
Alles schien normal.
Menschen gingen an ihm vorbei.
Frauen, Männer und auch Kinder.
Hier huschte eine Katze vorbei, dort flatterten ein paar Tauben. Geradeaus sah er das Meer und die Möwen, die nach Fischen suchten und kreischten. Auch die Luft war normal für einen Hafen, sie war voller Ruß und roch nach Fisch.
Ein Schiff lag vor Anker, wie er sehen konnte. Hinter ihm lag die belebte Einkaufszone. Aus den Augenwinkeln nahm er einen Schatten wahr und drehte sich um. Kenji sah ihn neugierig an.
,,Hast du etwas entdeckt?"
Statt zu antworten, deutete der Detektiv auf das Dach eines niedrigen Hauses mit rotem Vordach, unter dem Verkaufsstände standen. Eine Person winkte ihnen zu. Doch die Sonne, die hinter dem Haus stand, blendete sie so stark, dass sie das Gesicht der Person nicht erkennen konnten.
Ranpo konnte nicht sagen, ob es eine Frau, ein Mann oder vielleicht nur ein fröhliches Kind war.
Kenji, so fröhlich er war, winkte freundlich zurück. Ein wenig zu eifrig. Die Person hielt sich die Hand ans Kinn und kicherte.
,,Der Geste nach könnte es eine Frau sein", sagte Ranpo nachdenklich zu sich selbst und packte einen Loli aus, den er sich in den Mund steckte. Er drückte Kenji die Verpackung in die Hand, der damit schnell zu einem Mülleimer lief.
Als er zurückkam, war der Detektiv schon verschwunden, und er konnte sich nur noch daran erinnern, wo Ranpo zuletzt gestanden hatte.

Die Person rannte davon, aber Ranpo ließ sie natürlich nicht entkommen, nur weil Kenji nicht da war, um ihm zu helfen, später den Weg zurück zum Büro zu finden.
Darum würde er sich später kümmern.
,,Bleib stehen!", rief Ranpo, als die Person ihm zu entkommen drohte.
Es war mehr ein verärgerter Ausruf, denn er wusste, dass niemand stehen blieb, wenn man ihn darum bat, während man ihn verfolgte.
Wider Erwarten blieb die Person abrupt stehen. Ranpo stolperte und hätte sie fast umgerannt.
Überraschung machte sich auf dem Gesicht des Schwarzhaarigen breit, damit hatte er nicht gerechnet.
Sein Atem ging schnell, als er die Gestalt vor sich musterte. Die Person war kleiner als er und dünner. Sie hatte langes grünes Haar, das in den Spitzen einen blauen Schimmer hatte.
,,Du hast auf mich gehört", stellte Ranpo erstaunt fest und stemmte die Hände unter seinem Umhang in die Hüften.
,,Weil du darum gebeten hast."
Eine sanfte Stimme sprach zu ihm.
,,Du hast mich gesucht und gefunden. Das war nicht schwer", sagte sie gut gelaunt. Ein Zittern schwang in ihrer Stimme mit, das ihm nicht entging.
Jetzt drehte sie sich ganz zu ihm um. Ein Paar violetter Augen blickte ihn voller Freude an, und doch wirkten sie so einsam.
,,Bist du nicht zu jung für Detektivspiele?", fragte er und schätzte die Person deutlich jünger ein, was sie wütend machte.
,,Ich habe mich wohl verhört! Ich bin 25! Hier, sehen Sie!", empörte sie sich und hielt ihm ihren Führerschein entgegen.
Es war ein Nachteil, so klein und zierlich zu sein. Dass sie anfangs von vielen für ein kleines Kind gehalten wurde, wunderte sie nicht mehr. Auch an der Universität hatte sie anfangs alle überrascht. Sie musste zu ihm aufschauen, denn Ranpo war etwas größer als sie.

,,Doyle Yanagi? Bist du kein Mann?", fragte er überrascht, denn Doyle war ein männlicher Name und die Person vor ihm sah nicht besonders männlich aus.
Sie wurde rot vor Wut, vielleicht auch vor Scham.
,,Sehe ich etwa männlich aus?", fuhr sie ihn wütend an.
Ranpo ließ seinen Blick neugierig über ihren Körper wandern, nicht ohne einen etwas zu langen Moment auf ihrer Brust zu verweilen, die sich deutlich unter der Jacke abzeichnete. Schnell wandte er den Blick ab, als er es bemerkte. Sie war alles andere als ein Mann.
,,Du nimmst mir meine Arbeit weg, ist dir das klar?", fragte Ranpo nach einem kurzen Räuspern.
,,Sonst hättest du mich gar nicht bemerkt." Die Frau hatte sich beruhigt und ließ ihren Blick umherschweifen, als suche sie etwas oder jemanden, bemerkte er.
,,Es muss etwas Dringendes sein." Doyle nickte nur abwesend und trat ein paar Schritte zurück. Ranpo blickte hinter sich, konnte aber nichts Verdächtiges entdecken.
Die Frau stand neben sich.
,,Du bist nicht allein?"
Er schüttelte den Kopf und tippte sich an den Hut.
"Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du bist paranoid."
Ertappt lächelte sie und ging weiter in den Schatten des Hauses.
,,Ranpo!", hörte der Detektiv Kenji hinter sich rufen. Aufgeregt winkend lief er auf ihn zu. Die Frau wich immer weiter in den Schatten zurück.
,,Du hast sie also gefunden."
Der Junge strahlte über das ganze Gesicht.
,,Hallo!", rief er lachend und streckte ihr die Hand entgegen. Doch sie wich vor ihm zurück.
Der Blonde blinzelte verwirrt.
,,Du brauchst Hilfe, nicht wahr?"
Ranpos wachsamen Augen entging nichts. Sie zitterte, obwohl sie gerade noch so selbstbewusst gewesen war.

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Ich würde mich wirklich sehr freuen zu sehen, dass euch meine Geschichte gefällt, da ich mir viel Mühe gebe und es gern hätte, wenn ihr Spaß am lesen habt. :)

All I see is you (Bungou stray dogs FF Ranpo)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora