27. Eifersucht

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Wir harrten bis spät in die Nacht zwischen den Bäumen aus. Nach und nach gingen die Hunters schlafen und verschwanden in ihren Zelten. Das Feuer wurde gelöscht und auf der schmalen Lichtung wurde es still. Irgendwann blieben nur noch Conec und die Anführerin zurück, die sich flüsternd miteinander unterhielten. Vermutlich teilten sie sich die erste Wache.

Ich bemerkte, dass Conec immer wieder den Blick über die Bäume schweifen ließ. Er hielt unauffällig nach mir Ausschau, konnte mich aber nicht entdecken. Ich hatte schon die ganze Zeit mit dem Gedanken gespielt, mich ihm zu zeigen, doch mit den vielen Hunters am Feuer wäre es zu gefährlich gewesen. Jetzt saß nur noch eine Person bei ihm, die mich nicht sehen durfte. Sollte ich das Risiko eingehen?

In der zunehmenden Dunkelheit beobachtete ich, wie die beiden sich unterhielten. Die junge Frau kicherte leise. Worüber sie sprachen, verstand ich nicht, doch es schien ungemein unterhaltsam zu sein. Zum wiederholten Male an diesem Abend spürte ich einen leisen Stich in der Magengegend. Eifersucht. Kein besonders schönes Gefühl, das sich aber auch nicht abstellen ließ.

Doch worauf war ich eifersüchtig? Darauf, wie nahe die beiden nebeneinander saßen? Wie unbeschwert sie miteinander plauderten? Dass sie doch nun tatsächlich ihren Kopf gegen seine Schulter sinken ließ!

Ich traute meinen Augen kaum. Was war denn da los! Conec würde doch nicht mit der Tochter des Präsidenten…

Mit einem Mal hatte ich nicht übel Lust, mich ihm doch zu zeigen. Lautlos huschte ich zum nächsten Baumstamm hinüber, dann zu einem weiteren. Was machst du? Ich überhörte den warnenden Unterton in Thunders Gedanken und schlich zu einer Stelle, die Conec zwar noch recht gut im Blick hatte, die blonde Frau jedoch nicht mehr. Es dauerte eine Weile, bis er mich entdeckte, doch er erkannte mich sofort. Ich machte eine drängelnde, zu mir winkende Handbewegung. Seine Antwort bestand aus einem entschuldigenden Gesichtsausdruck und angedeutetem Kopfschütteln.

Er konnte nicht kommen. Oder wollte er nicht? Ärgerlich hob ich eine Augenbraue und begann, lautlos mit den Lippen das Wort „Morgen“ zu formen. Der Mann nickte knapp.

Mit einem Mal hob die Frau den Kopf. Ich konnte gerade noch hinter einem Stamm verschwinden, ehe sie mich entdeckte. „Ist da etwas?“, hörte ich ihre leise Frage. Ihre Stimme war klar, doch ein wenig Misstrauen mischte in den hellen Klang hinein. Die Frau war es gewohnt, vor allem auf der Hut zu sein und im richtigen Moment die richtigen Entscheidungen parat haben zu müssen. Ein wahrer Hunter…

„Nein, ist schon gut.“, wiegelte Conec ab, „Ich dachte, ich hätte etwas gesehen, aber da war nichts.“ Als ich hinter dem Baum hervorlugte, legte er doch tatsächlich einen Arm um ihre Schulter. Das war ja geradezu lächerlich! Sie war die Anführerin eines ganzen Hunter-Trupps. Wenn sie ihrer Aufgabe gewachsen wäre, bräuchte sie keine beruhigenden Worte von meinem Conec. Überhaupt würde sie nicht mit einem ihrer Untergestellten kuscheln.

Offensichtlich tat sie es aber doch.

Ich wandte mich ab und trat zurück zu Thunder. Der Tigerbär wartete nicht weit von mir entfernt und schien ziemlich nervös zu sein. Auf meine Frage hin antwortete er nur: Die Tiere kommen näher.

Ich nickte unsicher. „Wie lange noch?“

Vielleicht zehn Stunden? Oder elf? Dann wären die Hunters auf jeden Fall verschwunden, sobald die Tiere ankamen. Vielleicht würden sie es sogar schaffen, ihren Vorsprung weiter auszubauen.

Ich schwang mich auf Thunders Rücken. Er ließ sich dieses Mal ein wenig mehr Zeit mit dem Beschleunigen, sodass ich mich gut festhalten konnte. Tausende Gedanken irrten in meinem Kopf umher und fanden nicht die richtige Richtung. Was wollte Conec von der Tochter des Präsidenten? Wie würde die Schlacht um Nurvia ausgehen? Welche Rolle würde ich dabei spielen?

Hunters 2 - der Pfad des JägersWhere stories live. Discover now