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Ace

Das schrille Geräusch der Klingel lässt mich hochschrecken. Dabei habe ich mich gerade erst hingesetzt. Innerlich verfluche ich Caleb dafür, dass er ständig seine verdammten Schlüssel vergessen muss. Wieder klingelt es.

»Entspann dich mal! Sei froh, dass ich überhaupt für dich aufstehe, du fauler Arsch! Ich könnte dich genauso gut vor der Tür stehen lassen!«, brülle ich ihm zu.

Wütend stehe ich auf und reiße die Tür schwungvoll auf. Ein wenig zu schwungvoll. Mit einem dumpfen Geräusch knallt die Tür an einen Kopf. Aber es erfüllt mich mit einer paradoxen Zufriedenheit, dass Caleb jetzt Bekanntschaft mit der geballten Macht des Karmas schließt. Schmerzerfüllt stöhnt er auf. Moment. Das ist gar nicht Caleb.

»Ach du Scheiße! Ist alles gut bei dir? Ich dachte, du wärst Caleb.« Paige steht vor mir, vollkommen und wunderschön, wie sie ist. Wie die aus Schaumkronen geborene Aphrodite steht sie da, ihr eigener Fels in der Brandung. Wunderschön und stark. So schön, dass es wehtut.

»Danke für die herzliche Begrüßung«, murmelt sie und reibt sich die Schläfe.

»Tut mir echt leid, brauchst du ein Kühlakku? Was machst du überhaupt hier?« Gott, habe ich ein Treffen verpasst? Sie muss mich für einen totalen Versager halten, wenn es wirklich so ist.

»Also wenn ich gewusst hätte, was mich hier erwartet, wäre ich bestimmt nicht gekommen«, brummt sie und reibt sich noch immer mit Pein im Gesicht die Schläfe. Mist, jetzt denkt sie, ich hätte keinen Bock auf sie.

»Nein, nein, ich freue mich schon aber trotzdem. Haben wir uns verabredet?«
Paige schüttelt den Kopf und verzieht das Gesicht. »Ein Kühlakku nehme ich sehr gerne, besten Dank auch.«

»Komm rein«, sage ich sofort und lasse sie durch die Tür gehen, indem ich ihr Platz mache.

Sie folgt mir durch den Flur in die Küche. Mein Blick fällt auf die schmutzigen Teller, die ich schön längst in die Spülmaschine hätte stellen sollen. Toll, sieht sehr sauber aus. Dabei bin ich eigentlich ein wirklich ordentlicher Mensch. Nur war ich heute nicht übermäßig motiviert, überhaupt irgendwas zu tun. Ich öffne die Tiefkühltruhe und reiche ihr ein Kühlakku.

»Danke«, sagt sie seufzend, mit einem wohligen Lächeln auf den Lippen. »Und nein, wir waren nicht verabredet. Ich wollte dich nur sehen«, gesteht sie. Mein Herz klopft freudig gegen meine Brust, droht zu zerspringen an der Freude, die mich übermannt. »Also wenn das so ist...«, meine ich und werfe ihr ein verschmitztes Grinsen zu.

»Und alles, was ich bekomme, ist das« Theatralisch zeigt sie auf ihren Kopf, die Stelle schwillt langsam immer mehr an, zu einer Beule, die sich gewaschen hat. Aber hallo. Entsetzt reiße ich die Augen auf, erschrocken über die Beule.

»Was? Habe ich was im Gesicht?« Paige zieht eine Augenbraue hoch.
»Nein, nein, alles gut«, winkte ich sofort ab und sehe an ihr vorbei aus dem Fenster, um mir nichts anmerken zu lassen. Natürlich kann ich ihr nichts vormachen. »Aha. Tut mir leid, dass ich hier einfach so reinschneie. Habe ich dich bei irgendwas wichtigem unterbrochen?«, fragt sie mich und sieht sich jetzt in der Küche um.

»Ne, ich habe nur Musik gehört und meine jämmerliche Existenz sinnentfernt verschwendet. Willst du irgendwas unternehmen? Wir müssen nicht hier in der Wohnung bleiben, Caleb kommt vermutlich sowieso gleich.«

Paige nickt aufgeregt. »Klingt gut. Irgendwie komme ich mir total dämlich vor, weil ich hier einfach aufkreuze und dich völlig überrumple.«

Ich lache leise. »Überrumpelt hast du mich tatsächlich. Aber ich habe dir die Tür an den Kopf geknallt. Und außerdem freue ich mich auch, dich zu sehen. Lass uns einfach losgehen.«

I LIE TO YOUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt